Der erste Teil des Berichts handel­te von der großen Oberko­che­ner Töpfe­rei­aus­stel­lung des Jahres 1879. Er schloß mit der Bemer­kung, daß unter den einhei­mi­schen Töpfern sich auch »Opposi­ti­on« gegen die von Stutt­gar­ter Exper­ten vorge­schla­ge­nen Verbes­se­run­gen und Neuerun­gen regte.

1879: Gewer­be­ver­ein und Zeichen­schu­le
Nicht nur einige Töpfer­meis­ter hatten sich damals querge­stellt, auch der Oberko­che­ner Gemein­de­rat blockier­te eine zur Förde­rung des Hafner­ge­wer­bes gedach­te flankie­ren­de Maßnah­me: »Die bürger­li­chen Colle­gi­en konnten sich nicht dazu entschlie­ßen, die für weite­re Förde­rung der Töpfer­ar­bei­ten von der Zentral­stel­le als Vorbe­din­gung geplan­te Zeichen­schu­le einzu­rich­ten«. Doch die »durch den ableh­nen­den Beschluß gefähr­de­ten Hafner« machten aus der Not eine Tugend, gründe­ten in Selbst­hil­fe am 23. Oktober 1879 »in sehr zahlreich besuch­ter Versamm­lung einen Gewer­be­ver­ein«, der dann die sogenann­te »Zeichen­schu­le« einrich­ten sollte.

Schon in der ersten Hälfte des Jahrhun­derts waren in einzel­nen Orten des Landes sogenann­te »Industrie‑, Arbeits- oder Fortbil­dungs­schu­len« als Winter­schu­len einge­rich­tet worden. In Oberko­chen wurde 1862 ein erster Versuch in dieser Richtung unter­nom­men. Aber erst ab 1877 konnte Arbeits­schul­un­ter­richt für Mädchen statt­fin­den. Die nun durch Stein­beis 1879 angereg­te Fortbil­dungs­schu­le für junge Männer, in deren Lehrplan geome­tri­sches Zeich­nen und Entwer­fen einen breiten Raum einnahm (deshalb kurz »Zeichen­schu­le« genannt), sollte mit dazu beitra­gen, daß »Gefahr von der hiesi­gen Töpfe­rei abgewen­det werde«. Darüber hinaus hoffte man, »auch andere Stände und Berufs­ar­ten können daraus fühlba­ren Nutzen zum Gedei­hen der hiesi­gen Gewerbs­tä­tig­kei­ten« ziehen.

Schon im ersten Jahr seiner Existenz zählte der Gewer­be­ver­ein unter Vorstand Schult­heiß Wingert 60 Mitglie­der (»Jahres­bei­trag ist 1 Mark«). Nach einer kurzen Vorbe­rei­tungs­pha­se konnte die Zeichen­schu­le im Dezem­ber 1879 eröff­net werden. Schul­meis­ter Gutmann — über ihn wurde im BuG 135/1991 ausführ­lich geschrie­ben — stell­te sich als Zeichen­leh­rer zur Verfü­gung. Obwohl die Teilnah­me freiwil­lig war, kamen doch so viele Inter­es­sen­ten, »daß in zwei Abtei­lun­gen unter­rich­tet werden mußte: Schüler und Konfir­mier­te und junge Leute über 18 Jahre«.

Aktivi­tä­ten des Gewer­be­ver­eins
Die Statu­ten des Gewer­be­ver­eins sahen nicht nur die Förde­rung des Zeichen­un­ter­richts vor, auch allge­mein inter­es­sie­ren­de Themen sollten behan­delt werden. Was lag nun näher, als die Aufmerk­sam­keit dem Wald als für Oberko­chen wichti­gem Wirtschafts­zweig zuzuwen­den? Am 9. Dezem­ber 1879 fand die erste Infor­ma­ti­ons­ver­samm­lung des neuen Vereins statt. Während draußen eisige Tempe­ra­tu­ren herrsch­ten und »bei 22 Grad Kälte Finken, Spatzen und Raben erfro­ren auf den Straßen lagen«, kam dennoch »eine ansehn­li­che Versamm­lung in der »Schell« zusam­men. Revier­förs­ter Fröhner (späte­rer erster Ehren­bür­ger Oberko­chens) infor­mier­te »in einem zweistün­di­gen Vortrag über die wichtigs­ten Bestim­mun­gen der neuen Forst­straf- und Forst­po­li­zei­ord­nung«, worauf Schult­heiß Wingert als Vereins­vor­stand den Wunsch der Versam­mel­ten artiku­lier­te, Revier­förs­ter Fröhner möge »der stets mit Beispie­len aus dem Leben beleuch­te­ten Beleh­rung über Waldan­ge­le­gen­hei­ten eine solche auch zu den übrigen neuen gesetz­li­chen Ordnun­gen folgen lassen«.

Späte Einsicht
Nach einigen Jahren ließ sich die bürger­li­che Gemein­de zur Mitfi­nan­zie­rung der Zeichen­schu­le herbei, denn »im Jahre 1895 erhielt Schul­leh­rer Schnei­der für Ertei­lung des Zeichen­un­ter­richts bei Knaben beider­lei Konfes­si­on 10 Mark aus der Gemein­de­kas­se«. Aber erst 25 Jahre nach Gründung der Zeichen­schu­le beschloß der Oberko­che­ner Gemein­de­rat, deren Kosten ganz auf die Gemein­de­kas­se zu überneh­men. (Fortset­zung folgt)

Volkmar Schrenk

Oberkochen

Glätte­müh­le (Glasur­müh­le)
Diese Glasur­müh­le, die bei den Oberko­che­ner Häfnern »Glätte­müh­le« genannt wurde, stammt aus dem letzten Jahrhun­dert und steht heute im Häfner­raum des in Aufbau befind­li­chen Heimat­mu­se­ums im Schil­ler­haus. Mit ihr wurden die Minera­li­en­pul­ver gemah­len, die als Rohma­te­ri­al für die Herstel­lung von Engoben und Glasu­ren dienten. Der auf einer Gewin­de­stan­ge laufen­de obere Mahlstein wurde mit der oben im Ausle­ger beweg­lich einge­häng­ten Antriebs­stan­ge in einer Kreis­be­we­gung gedreht, wobei der Abstand zum unteren runden trog-ähnli­chen Gegen­mahl­stein über die Achsen­auf­hän­gung beim Mahlen verklei­nert wurde bis zur vollstän­di­gen Pulve­ri­sie­rung der Minera­li­en. Diese wurden zuvor in kleine Stücke zerschla­gen und unter Zugabe von Wasser in der Mitte des oberen Mahlsteins einge­bracht und schaff­ten sich durch die Drehbe­we­gung zwischen die Mahlsteine.

Unsere Glätte­müh­le wurde aus Einzel­stü­cken aus dem Besitz des 1968 verstor­be­nen Oberko­che­ner Häfners Karl Fischer (Napole­on) und des Kurt Elmer zusam­men­ge­baut. Kurt Elmer hat die Mühle, zusam­men mit unserem Mitglied Anton Weber, in der ursprüng­li­chen Funkti­ons­wei­se in eine Ecke des Museums montiert. Anläß­lich des Besuchs einer Schul­klas­se im Museum bemerk­te eine indische Gastschü­le­rin, daß exakt diese Glasur­müh­len in Indien bis auf den heuti­gen Tag benützt werden.

Dietrich Bantel

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