»Unter den Töpfer­wa­ren Württem­bergs nimmt das sogenann­te »Heiden­hei­mer Geschirr« unstrei­tig die erste Stelle ein. Dassel­be wird fabri­ziert in Stein­heim, Schnait­heim, Mergel­stet­ten und haupt­sach­lich in Oberko­chen«, so schreibt am 18. August 1879 die Aalener »Kocher-Zeitung«, wobei der zeitungs­ori­gi­na­le Sperr­druck Oberko­chen als Hochburg ostwürt­tem­berg­gi­schen Töpfer­hand­werks ausweist. Dennoch standen dunkle Wolken am Horizont. Wenn auch die Oberko­che­ner Hafner nach getaner Arbeit in der »Schell« aus vollem Halse sangen »Was frag ich nach der Welt, aus Dreck mach’ ich mein Geld«, war »leider in der Fabri­ka­ti­on des Geschirrs seit Jahren kein Fortschritt zu bemer­ken und daher zu befürch­ten, daß dassel­be nament­lich in besse­ren Sorten durch die Töpfer­wa­ren anderer Länder verdrängt werden möchte«.

1879: Erste »Leistungs­schau«
Nun gab es unter den Oberko­che­ner Töpfern einige, die »aus Anhäng­lich­keit für das Herge­brach­te die Nase rümpf­ten über die »Zumutung«, entschei­den­de Verbes­se­run­gen bei der Herstel­lung ihrer Töpfer­wa­ren« auch nur in Betracht zu ziehen. Dagegen sah die Gruppe der fortschritt­lich Gesinn­ten sehr wohl, daß zur Rettung ihres Handwerks­zwei­ges etwas gesche­hen mußte. Letzte­re taten sich zusam­men und bilde­ten gemein­sam mit Schult­heiß Wingert und dem evange­li­schen Pfarrer Lechler ein Komitee, das sich um Rat und Hilfe an die »König­li­che Central­stel­le für Gewer­be und Handel in Stutt­gart« wandte. Dort fanden die Oberko­che­ner offene Ohren und der Vorschlag, in Oberko­chen eine Ausstel­lung zur Töpfe­rei zu organi­sie­ren, wurde rasch in die Tat umgesetzt: Am 17. August 1879 kam Präsi­dent Dr. von Stein­beis mit einer hochran­gi­gen Delega­ti­on aus Stutt­gart nach Oberko­chen zur Eröff­nung einer Töpfe­r­ei­wa­ren-Ausstel­lung (heute würde man »Leistungs­schau« sagen). Dabei »wußte Herr v. Stein­beis in populä­rer, gleich­nis- und bilder­rei­cher Sprache die Notwen­dig­keit einer Verbes­se­rung der Fabri­ka­ti­on des Hafner­ge­schirrs klar zu legen«.

Doch wurde nicht nur Theorie vom grünen Tisch aus serviert. »Am Schluß seiner Anspra­che forder­te der Herr Präsi­dent die Töpfer auf, Exempla­re von ihrem selbst­fa­bri­zier­ten Geschirr herbei­zu­brin­gen, um unter Verglei­chung mit dem ausge­stell­ten die einzel­nen Punkte zur Verbes­se­rung näher erläu­tern zu können«. Die Stutt­gar­ter Exper­ten begut­ach­te­ten die Form der Oberko­che­ner Erzeug­nis­se (»schöne­re und zweck­ent­spre­chen­de­re Formen würden den Wert der Ware bedeu­tend erhöhen«), gaben Anlei­tung zur Mischung der Tone vor der Verar­bei­tung (»die Tone der Umgegend sind als Rohma­te­ri­al vorzüg­lich«), unter­rich­te­ten über verschie­de­ne Techni­ken (»sie vergli­chen die Schei­ben­ar­beit mit der Formar­beit und dem Drehen der Tonge­fä­ße«), legten Wert auf richti­ge Glasu­ren (»bleifrei wäre zwar zu beschaf­fen, ist aber zu kostspie­lig, statt dessen soll die Glasur durch Vorschmel­zen zuberei­tet werden«), und ermun­ter­ten die Oberko­che­ner Töpfer zum Vertrau­en auf ihre unbestrit­te­nen handwerk­li­chen Fertig­kei­ten (»unsere Töpfe­rei kann leisten, was andere auch können«).

Auch Opposi­ti­on
»Am Schluß der Eröff­nungs­fei­er brach­te der evange­li­sche Pfarrer Lechler ein dreifa­ches Hoch auf den Herrn Präsi­den­ten aus, in welches die Anwesen­den begeis­tert einstimm­ten«. Die Mehrzahl der Versam­mel­ten war von der Richtig­keit der vorge­tra­ge­nen Argumen­te überzeugt und Hafner, Meister und Hilfs­ar­bei­ter versäum­ten nicht, den Herren Redner noch um diese oder jene Auskunft anzuge­hen«. Einige Unver­bes­ser­li­che aber murrten über die neumo­di­schen Ansich­ten, was den Bericht­erstat­ter zur lapida­ren Schluß­be­mer­kung animier­te »auch Opposi­ti­on kam vor«.

Oberkochen

*) Korrek­tur: Johan­nes Paul Elmer hat bei Hug nicht gelernt, sondern geschafft. Gelernt hat er einiges früher.

Dietrich Bantel

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