Anfang des Jahres erhielt ich von meinem ehema­li­gen Schüler Carsten Schmidt den nachste­hen­den Bericht zur Entde­ckung des »Marsweg­schachts« auf der Heide. Carsten Schmidt schreibt:

Die Entde­ckung des Marsweg­schachts war, wie in vielen anderen Fällen ein Produkt des Zufalls.

In dieser Zeit — es muß so im Jahr 1979 gewesen sein — herrsch­te in Oberko­chen — oder zumin­dest am Gymna­si­um — das absolu­te Höhlen­fie­ber. Am Griebi­gen Stein wurde »gebud­delt«, Tropf­stei­ne und ein kleiner See, wurden in der Brunnen­höh­le gefun­den und auch Semina­re und Vorträ­ge wurden in Oberko­chen über Höhlen veranstaltet.

Auf der »Heide« wurde zu dieser Zeit kräftig gebaut. Um für die Bebau­ung die nötigen Voraus­set­zun­gen zu schaf­fen, wurden zum Teil tiefe Gräben für die Kanali­sa­ti­on gegra­ben. Für uns Kinder war das natür­lich der gefun­de­ne Spiel­platz. In diesen Gräben wurde Räuber und Gendarm oder ähnli­che Spiele gespielt. Ein solcher Graben befand sich auch unter dem heuti­gen Marsweg. Beim Spielen fiel meinem Freund D. Pechtl und mir eine Verschal­ta­fel an der Seite des Grabens auf, die mit Hilfe einer Bohle an die Graben­wand gehal­ten wurde. Natür­lich machte uns diese Begeben­heit neugie­rig. So entfern­ten wir Bohle und die Schal­ta­fel und zutage kam ein tiefes, schwar­zes Loch.

Schnell berich­te­ten wir unseren Eltern und Nachbarn unsere Entde­ckung. Ein langes Seil wurde besorgt, ein Stein daran befes­tigt, um die Tiefe des Loches zu messen. Dabei kam ein überra­schen­des Meßergeb­nis zustan­de. Die Tiefe des Loches betrug nahezu 100 (!) Meter. Dies war natür­lich eine Sensa­ti­on, doch stell­te sich schnell heraus, daß es sich hierbei um einen Meßfeh­ler handel­te. Der Stein, der das Seil nach unten ziehen sollte, erwies sich als zu leicht, und so verhed­der­te sich das Seil irgend­wo an der Seiten­wand. Nach nochma­li­ger Messung kamen dann ca. 10 Meter heraus.

Am selben Abend haben wir dann meinen damali­gen Klassen­leh­rer Herrn Bantel angeru­fen, um ihm von unserer Entde­ckung zu erzäh­len. Dieser unter­nahm dann mit Herrn Bayer eine Erkun­dung der Höhle.

Danach bestä­tig­te sich die Vermu­tung von uns Laien, daß es sich hierbei um einen Schacht handelt, der in einer kleinen lehmi­gen Halle endet.

In dieser Halle wurden dann von Herrn Bayer auch selte­ne Pflan­zen oder Pilze entdeckt. Nach der Erkun­dung wurde dann beschlos­sen, daß der Schacht wieder verschlos­sen wird. Heute liegt der Schacht unsicht­bar unter dem Marsweg und niemand erahnt etwas von seiner Existenz.

Oberkochen

Carsten Schmidt

Soweit der Bericht von Carsten Schmidt.

Hierzu einige ergän­zen­de Angaben: Am 24. Juni 1979 erfuhr ich von Schülern, daß im Marsweg auf der »Heide« bei Kanali­sa­ti­ons­ar­bei­ten eine senkrech­te Höhle angeschnit­ten worden sei. Tags darauf stell­te ich deren Tiefe mittels Senklot mit ca. 14 Meter fest. Ich verstän­dig­te meinen ehema­li­gen Schüler Hans Joachim Bayer, Dipl. Geolo­ge, und Bürger­meis­ter Gentsch. Da der Kanal in der Woche darauf bereits fertig­ge­stellt werden sollte, war schnel­les Handeln gefragt. Herr Bayer machte sich noch am gleichen Tag ans Werk.

Aus seinen uns vorlie­gen­den Notizen geht hervor, daß die Höhle im Massen­kalk des Malm epsilon bzw. Dolomit liegt und als Schacht­höh­le (verti­kal) mit starker Wandungs­be­leh­mung zu bezeich­nen ist. Die erste Befah­rung fand noch am 25.6.1979 abends durch Hans-Joachim Bayer statt, der frei am Seil hängend in den Schacht hinab­ge­las­sen wurde. Die Seilsi­che­rung hatte laut dieser Aufzeich­nung Gerhard Sengtel­ler (DRK/ Bergwacht) übernommen.

Herr Bayer beschrieb die Höhle weiter so: Schlauch­ähn­li­cher Abstieg. Unten sackähn­li­che hallen­ar­ti­ge Aufwei­tung 7 m auf 6 m, ca. 5 m hoch. Inter­es­san­ter Pilzbe­wuchs auf halber Höhe des Schachts. Am unters­ten Ende ein Verstutz »Wie ein Korken«, hinter dem es »mit großer Sicher­heit« weiter in die Tiefe geht. Bei der Befah­rung vom 25.6. waren auch FD Karl Schurr vom Staatl. Forst­amt u. Herr Weisser vom Stadt­bau­amt zugegen. Letzte­rer meinte, daß man den Zugang zur Höhle »aufmach­bar« halten könne. Von Herrn Weisser erfuh­ren wir, daß »das Loch« schon 3 Wochen lang bekannt sei.

Die ursprüng­lich in der Diskus­si­on stehen­de Bezeich­nung »Heide­schacht« für die neuent­deck­te Höhle konnte, da bereits verge­ben, nicht verwen­det werden. So wurde die Höhle auf den Namen »Marsweg­schacht« getauft. Als Höhlen­ka­tas­ter­num­mer wurde von Herrn Bayer 7226/32 vorgegeben.

Archi­tekt Gerhard Kennt­ner hatte seiner­zeit die stati­sche Sicher­heit des Gebäu­des über der Höhle bereits prüfen lassen — sie ist 100 % garan­tiert. Ich entsin­ne mich noch gut, wie wir uns damals ausmal­ten, daß der zukünf­ti­ge Besit­zer dieses Gebäu­de sich in der Höhle einen grandio­sen schall­dich­ten Party­kel­ler einrich­ten könne, wenn er über entspre­chen­des Inter­es­se und vor allem über das nötige Klein­geld verfüge.

Dietrich Bantel

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