7) Meine Schier müssen einrü­cken
verfaßt von Albin Schaupp am 10.1.1942, übertra­gen von Rösle Mannes

Der Führer gab einen Erlaß heraus an alle Schie­läu­fer und Schie­läu­fe­rin­nen, ihre Schie, Schnee­schu­he und Schie­aus­rüs­tun­gen an die Solda­ten an der Ostfront abzuge­ben. Jedem von uns ist dies Opfer schwer­ge­fal­len. Aber im Vergleich der Opfer, die die Solda­ten täglich in Eis und Schnee bringen müssen, ist das Opfer von uns sehr gering. Darum kann jeder Schie­läu­fer und Schie­läu­fe­rin ihre Schnee­schuh an die Solda­ten abgeben. Nicht abzuge­ben brauch­ten dieje­ni­gen, die im Jahrgang 1924 und 25 geboren sind. Am Freitag­abend mußte das ganze Jungvolk antre­ten um 3/4 7 Uhr mit den Schnee­schu­hen. Ich war traurig und nahm meine Schier noch nicht mit in den Dienst. Dann ließ Kölle uns antre­ten. Ich dachte dann, er würde zu jedem hinge­hen und fragen: Hast Du keine Schnee­schuh? Dann rannte ich aus dem Glied und sprang nach Hause, und holte meine Schnee­schuh. Wie ich wieder zurück kam, war niemand mehr auf dem Platz. Dann trug ich sie mit Freuden zum Schul­haus. Ich wußte ja, daß die Schier den Solda­ten zugute kommen. Ich bekam einen Schein zum Unter­schrei­ben und einen zweiten Schein durfte ich behal­ten. Dann ging ich traurig nach Hause. Den andern Tag kamen ein paar Herren zu uns und wollten Schnee­schuh holen. Ich holte geschwind meinen Zettel und zeigte ihn den Herren vor. Sie gingen in das nächs­te Haus und brach­ten aus mehre­ren Häusern Schier heraus, so daß sie noch 7 Paar Schier zusam­men brach­ten. In Oberko­chen brach­te man 170 Paar Schnee­schu­he zusam­men. Im ganzen deutschen Reich wurden 1.174.748 Paar Schnee­schu­he zusam­men­ge­bracht. Ich dachte gleich, daß bei den 1.174.748 Paar Schnee­schu­hen auch mein Paar Schier dabei ist. So opfer­te jeder deutsche Schie­läu­fer und jede deutsche Schie­läu­fe­rin die Schnee­schu­he für die Solda­ten an der Ostfront.

8) Die Spinn­stoff­samm­lung
verfaßt von Elsbeth Bäuerle am 8.6.1943 (verh. Hackbarth, 1986 in Kbrn. verst.)
Als wir gestern Abend Spinn­stoff sammel­ten, ging es bei uns sehr lustig zu. Wir gingen mit unserem Wägel­chen von Haus zu Haus. Die Leute sagten: Holt nur das alte Lumpen­zeug. Wir mußten in der Kirch­stra­ße sammlen; da bekamen wir sehr viel. Bei Herrn Wirth mußten wir es abgeben. Wir hatten 4 Wägel­chen voll abgelie­fert. Als wir den Straßen­berg hinun­ter­fuh­ren, standen die Buben uns in den Weg; ich schrie: Wenn ihr nicht heraus­geht, fahren wir Euch zusam­men. Sie gingen nicht aus dem Weg und wir hatten eine große Geschwin­dig­keit; da hielten sie uns an, und ich fiel vom Leiter­wä­gel­chen herun­ter und hatte am Fuße drei blaue Fleck. Ich schimpf­te sie recht her und sagte: Ihr böse Lausbu­ben. Lore Lindner war bei uns; die machte immer Faxen und wir mußten immer lachen. Von Frau Schubö bekamen wir drei weiße Unter­rö­cke und wir wollten den Mädel eine Freude machen. Da zog Lore Lindner einen von diesen an und den weißen Hut, den wir bekamen, setzte sie auf und tanzte auf der Straße, als sie kamen. Wir lachten alle, daß wir Bauch­weh hatten. Da hatten wir schon wieder ein Leiter­wä­gel­chen voll. Inge Grüna­gel und ich mußten es wieder zur Sammel­stel­le führen. Das war das letzte Leiter­wä­gel­chen. Da sagte die Führe­rin: Jetzt könnt ihr heimge­hen, wir sind jetzt fertig. Es war 9 Uhr und meine Mutter warte­te schon auf mich, denn ich mußte noch baden.

9) Bei den Solda­ten
verfaßt von Engel­bert Grupp am 23.5.1941
Letzte Woche hatten die Solda­ten eine Übung auf dem Härts­feld. Als sie um 2 Uhr an der Kirche ankamen, und dann wegge­tre­ten wurde, gab mir Unter­of­fi­zier Schill­ha­bel sein Pferd, die »Monika«, zum Heimfüh­ren in den Stall bei Seitz. Die Monika ist ein schlan­kes, hochbei­ni­ges, erstklas­si­ges Reitpferd. Wenn man ihr einen Zucker gibt, zuerst zeigt, und sagte vorher zu ihr: »Monika bitte«, so hebt sie den Fuß auf, und hebt den Huf in die hinrei­chen­de Hand. Dann nahm ich sie am Zügel, und führte sie bis zu Hoffmann, dann hieß es aufsit­zen, und in den Kocher hinab,- und dann hinein­rei­ten, was sie nur zu gerne tat. Im Kocher trabte sie auf und ab, und glatsch­te vor Freude mit den Hufen im Wasser, daß ich ganz naß an den Füßen wurde. Dann ritt ich wieder heraus, gab ihr leicht die Sporen, daß sie in einen gestreck­ten Galopp fiel, und es mich beina­he herun­ter­schlug. Auf der Straße ritt ich weiter bis an unser Haus, wo ich ans Fenster hinritt. Da saßen gerade meine Mutter und Lina am Fenster und strick­ten. Als sie den Kopf des Pferdes, und meinen Kopf am Fenster sahen, erschra­ken sie und fuhren kreide­weiß aus ihren Stühlen hoch, und wußten nicht, was sie sagen sollten. Dann kam meine Mutter her und fragte: »Lausbua, was tuast denn du auf dem Gaul doba?« Ich sagte »Was werd ich tun; reiten tua ich,- gib ein paar Brocken Zucker her meiner Monika, das ist geschei­ter!« Sie brach­te viel Brocken und gab ihr davon, diese aß sie mit Hochge­nuß. Als aber die Monika anfing, den Fuß zu heben, erschra­ken sie aufs neue, denn ich sagte immer leise: »Monika, mach bitte«. Als sie alles aufge­ges­sen hatte, sagte ich zu ihr: »Monika, mach danke«. Da machte sie eine Vernei­gung, und ich ritt davon in den Stall und sattel­te sie ab, wobei ich ihr viel Futter vorwarf.

Die zwischen 1941 und 1943 geschrie­be­nen Aufsät­ze sind alle bis auf einen in »Sütter­lin­schrift« geschrie­ben (nicht Alt-Deutsch). Stutt­gar­ter ABC-Schutz­en, die 1941 einge­schult wurden, lernten ab diesem Jahr nur noch »Latei­nisch«. Wann in Oberko­chen umgestellt wurde, ist nicht ganz klar. Mir wurde erklärt, daß wohl auch 1941 von Sütter­lin auf Latei­nisch umgestellt wurde, jedoch Texte, die „schön-geschrie­ben« werden mußten, auch weiter­hin noch eine Zeitlang in Sütter­lin geschrie­ben wurden.
Hier ein hervor­ra­gen­des Beispiel von Elsbeth Bauerle:

Oberkochen
Oberkochen

Gruppen­fo­to ca. Klasse 5 (?) der Jahrgän­ge 1928/29 aus dem Jahr 1940/41 (?) — für eventu­el­le Korrek­tu­ren sind wir dankbar.

Frau Emma Limpert, geb. Rühle, Schüle­rin des Jahrgangs 1929, war so freund­lich, uns die Namen aller Schüler, die hier zusam­men mit ihrem Klassen­leh­rer, Herrn Umbrecht, abgebil­det sind, zu benen­nen. Einige Schüle­rin­nen dieser beiden Jahrgän­ge sind Verfas­ser von Aufsät­zen, andere wurden von Lehrer Braun damit beauf­tragt, diese in das dicke Buch abzuschreiben.

1. Reihe von links (kauernd und hockend)
Enor Seckler, Rudolf Fischer (Pflug­wirt, verst.), Paul Müller (verst.), Albert Elmer, Josef Schaupp, Eugen Bauer, Erich Hahn, Heiner Sanwald

2. Reihe von links (hockend)
Helmut Hassler, Emil Elmer, Josef Vogel, Vinzenz Schaupp, Hermann Sauer­brei, Josef Fischer (Bebel, verst.), Josef Müller, Karl Kopp (Lense), Erwin Geis, Alfons Gold, Edmund Seitz

3. Reihe von links (auf der Bank sitzend)
Ida Weber (Grube) (Brand­stet­ter), Rösle Mannes, Marti­na Dicken­herr (Glögg­ler), Maria Gold (Feil), Martha Müller, Marti­na Hug (Betzler), Ruth Mauthe (?), Kordu­la Gentner (?), Lydia Neuhäu­ser (Fischer), Klara Meschen­mo­ser (Frisch), Anna Brunn­hu­ber (? — verst.)

4. Reihe von links (hinter Bank stehend)
Agnes Bihlmai­er (?), Luzia Tritt­ler (Hug), Else Ludescher (Pudel, verst.), Inge Saupe (?), Betty Fratte (KLV), Regina Röttin­ger, Sofie Wingert (Wanner), Emma Rühle (Limpert), Anna Uhl (Mildner), Anita Fischer (Schaupp), Lore Hahn, Lehrer Ignaz Umbrecht

5. Reihe von links (vorletz­te Reihe)
Lore Lindner (? verst.), Frida Nagel (?) (Bialek), Eda Elmer (Edel), There­sia Schnell (?), Augus­ti­ne Fischer (?), Anna Fischer (verst.) Emmi Schmid (Schnit­ter), Anna Mangold (?), Loni Schell­mann (Wingert), Amalie Schnell (verst.), Gisela Fritz (Ludescher), Agnes Hug (Schoch), Thekla Brand­stet­ter (Balle)

6. Reihe von links (hinters­te Reihe)
Albert Tritt­ler, Harry Wanner, Hans Gold (Schmid­jörg­le, verst.), Josef Reinhard, Manfred Bairle, Adolf Wunder­le, Ludwig Geis, Edmund Schus­ter, Franz Sanwald, August Fischer, Alfons Hug, Engel­bert Balle
Origi­nal­fo­to aus dem Besitz von Josef Müller. Repro Foto Stelzenmüller

Dietrich Bantel

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