Am Donners­tag, 13.6.1995, hielt Dr. Ingo Stork vom Landes­denk­mal­amt Stutt­gart, in Oberko­chen durch die Grabungs­lei­tung der Alaman­nen­gra­bung 1980 in der Frühlings­stra­ße wohlbe­kannt, einen vielbe­ach­te­ten Vortrag zu den neues­ten Erkennt­nis­sen der beiden o. g. Gräberfelder.

Erst im Vergleich der beiden Fried­hö­fe, die beide aus dem 6./7. nachchrist­li­chen Jahrhun­dert stammen, wird die relativ gerin­ge Bedeu­tung des Oberko­che­ner Gräber­fel­des bewußt. In Oberko­chen ist es, im Gegen­satz zu Mittel­ho­fen, bislang nicht gelun­gen, Nachwei­se zum alaman­ni­schen Dorf zu erbrin­gen. Auch gibt es hier keinen dazuge­hö­ri­gen mutmaß­li­chen Fürsten­sitz. Der Fried­hof selbst ist durch Überbau­ung in weiten Teilen zerstört, zu vermu­ten­de Gräber des Ortsadels ebenfalls im Zuge der Bebau­ung achtlos abgetragen.

Selbst wenn davon ausge­gan­gen werden kann, daß bei zukünf­ti­gen Baumaß­nah­men weite­re Teile des Oberko­che­ner Gräber­fel­des angeschnit­ten und dann im Zuge von Notgra­bun­gen freige­legt werden müssen, wird der Oberko­che­ner merowin­gi­sche Fried­hof aus archäo­lo­gi­scher Sicht nie eine beson­de­re Rolle spielen. Trotz seiner überre­gio­na­len Bedeu­tung — immer­hin wurde er auf annähernd 1000 Grabstel­len hochge­rech­net — wird er vorwie­gend von örtli­chem Inter­es­se sein. Sensa­tio­nel­le Funde wurden in Oberko­chen — im Vergleich zu Lauch­heim — bislang nicht getätigt.

Die Funde von Lauch­heim-Mittel­ho­fen werden derzeit in einer Ausstel­lung auf der Kapfen­burg anläß­lich »10 Jahre Grabung in Lauchheim/Mittelhofen« vorge­stellt. Die 17. Kleine Fahrt des Heimat­ver­eins Oberko­chen führt am morgi­gen Samstag zu dieser Ausstel­lung, wo wir von fachkun­di­ger Seite geführt werden.

Der nachste­hen­de Text ist dem zu dieser Ausstel­lung erschie­ne­nen kl. Faltblatt des LDA entnom­men. Außer­dem erschien mit Heft 29 ein ausführ­li­ches Heft mit dem Titel »Fürst und Bauer, Heide und Christ« (Archäo­lo­gi­sche Infor­ma­tio­nen aus Baden-Württemberg).

Dietrich Bantel

Das große Gräber­feld
Im Mai 1986 wurde bei Erschlie­ßungs­ar­bei­ten des geplan­ten Indus­trie­bau­ge­bie­tes »Wasser­fur­che« 1,2 km westlich des Ortskerns von Lauch­heim ein alaman­ni­sches Gräber­feld entdeckt. Gleich die ersten Funde, darun­ter ein Goldblatt­kreuz, zeigten die heraus­ra­gen­de Bedeu­tung des Platzes. Sofort leite­te das Landes­denk­mal­amt, Archäo­lo­gi­sche Denkmal­pfle­ge, Rettungs­gra­bun­gen ein und führt bis heute die archäo­lo­gi­sche Unter­su­chung des Gelän­des vor der indus­tri­el­len Überbau­ung durch. Mit derzeit 1016 Gräbern ist der Fried­hof nun der größte erforsch­te Bestat­tungs­platz des 5. — 7. Jh. n. Chr. in Baden-Württemberg.

Gemäß dem Brauch­tum der Zeit wurden die Toten in ihrer Tracht, verse­hen mit diver­sen Beiga­ben für das Jenseits, beigesetzt. Die Ausstat­tung eines jeden spricht von seiner Stellung im Leben und kennzeich­net seine Herkunft, Glauben und Aberglau­ben. Handels­ver­bin­dun­gen erschlie­ßen sich, und der Archäo­lo­ge erhält siche­re Angeben zur zeitli­chen Einord­nung. 200 Jahre Geschich­te werden lebendig.

Meister­stü­cke der Goldschmie­de­kunst entstam­men den Gräbern Adeli­ger, die ihrer Vorrang­stel­lung auf diese Weise Ausdruck verlie­hen. Den Anspruch zu herrschen und zu reprä­sen­tie­ren, versinn­bild­licht der schwe­re golde­ne Siegel­ring aus Grab 36. Auch wenn sie noch in kindli­chem Alter verstar­ben, erhiel­ten die Söhne hoher Famili­en standes­ge­mä­ße Bestat­tung. So hatte ein achtjäh­ri­ger Knabe die vollstän­di­ge Waffen­aus­stat­tung eines Erwach­se­nen bei sich.

Seit dem Ende des 6. Jahrhun­derts verbrei­tet sich bei den Vorneh­men und bald auch beim Volk das Chris­ten­tum. Christ­li­ches Toten­brauch­tum wie die aus dem lango­bar­di­schen Itali­en stammen­de Sitte der Beiga­be von Goldblatt­kreu­zen erscheint in den Gräbern.

Die Siedlung »Mittel­ho­fen«
Selten gelingt es, die Siedlung zu einem frühmit­tel­al­ter­li­chen Gräber­feld zu finden, deren Holzbau­ten sich nur als Verfär­bun­gen im Boden erhal­ten, noch selte­ner kann sie ausge­gra­ben werden. Der Neubau der B 29, nahe Lauch­heim, sowie das neue Gewer­be­ge­biet »Mittel­ho­fen« führten dann 1989 zu der Entde­ckung der Siedlung zum Gräber­feld. Sie erstreckt sich auf der Nieder­ter­ras­se der Jagst über ein Gelän­de von ca. 7 Hektar, davon waren 5 Hektar von Bebau­ung bedroht und mußten sofort archäo­lo­gisch unter­sucht werden.

Derzeit sind rund 80 Grund­ris­se ebenerdi­ger Holzhäu­ser nebst Wirtschafts­bau­ten und Hofzäu­nen dokumen­tiert. In der Zeit um 700 n. Chr., nach Aufga­be des großen Gräber­felds, bestat­te­ten die Bewoh­ner dreier Höfe ihre Toten eine Zeitlang auf eigenem Grund in der Siedlung.

Adels­hof und Fürsten­grab­le­ge
Die größte Hofstel­le lag etwas abgesetzt am Ostrand der Siedlung. Ein Zaun umschloß 3000 qm Grund, darauf standen Holzge­bäu­de und auffäl­lig zahlrei­che Kornspei­cher. Auf dem Gelän­de dieses Herren­ho­fes wurden im Zeitraum von weniger als 20 Jahren sechs fürst­li­che Perso­nen beigesetzt. Trotz antiker Berau­bung gehören sie zu den reichs­ten Bestat­tun­gen, die der Boden von Baden-Württem­berg bislang aus der Zeit um 700 gelie­fert hat, denn die Grabräu­ber hatten Prezio­sen christ­li­chen Charak­ters in den Gräbern belas­sen. Aufse­hen­er­re­gend war der Fund einer golde­nen Kreuz­fi­bel mit Stein­ein­la­gen. Eine archäo­lo­gi­sche Sensa­ti­on stellen die Gräber mit Feucht­bo­den­er­hal­tung dar, die auf beson­de­re Boden­ge­ge­ben­hei­ten zurück­zu­füh­ren ist. Aus einem davon stammt auch ein reich beschnitz­tes Bett, das einzi­ge erhal­te­ne der Merowingerzeit.

Die Ausstel­lung zeigt aus Anlaß des zehnjäh­ri­gen Grabungs­ju­bi­lä­ums eine Gesamt­schau der bisher erziel­ten Ergeb­nis­se mit heraus­ra­gen­den, z. T. noch nie gezeig­ten Exponaten.

Volkmar Schrenk

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