Im Septem­ber des Jahres 1895 wurde Oberko­chen durch eine Serie von drei Großfeu­ern heimge­sucht. Die beiden ersten Brände wurden bereits beschrie­ben. Nun folgt der Bericht über den dritten, folgen­reichs­ten Brand.

23. Septem­ber 1895
»Viele Oberko­che­ner waren nach Aalen zum Jahrmarkt gefah­ren, andere arbei­te­ten im Wald oder auf dem Feld, da ertön­te mittags gegen 2 Uhr zum dritten Mal inner­halb kurzer Zeit Feuer­lärm«. Vom Perso­nen­zug aus, der in Oberko­chen 4 Minuten nach 2 Uhr in Richtung Heiden­heim abfah­ren sollte, bemerk­te Werkmeis­ter Friz aus Aalen eine ungewöhn­li­che Rauch­ent­wick­lung in Oberko­chen. Er stieg aus, ließ seinen Zug allein abfah­ren, eilte zur Ortsmit­te und fand einige völlig hilf- und ratlo­se Perso­nen vor der Scheu­er von Ochsen­wirt Trick, die schon lichter­loh brann­te. Friz versuch­te nun die Brand­be­kämp­fung zu organi­sie­ren, aber die Flammen spran­gen rasch auf das Gasthaus »Ochsen« über und griffen auch das Anwesen der Witwe von Schmied Maier an.

Bald hatte sich die Oberko­che­ner Feuer­wehr formiert, und Verstär­kung brach­ten die Lösch­zü­ge aus Königs­bronn, Unter­ko­chen, Zang und Ochsen­berg. Die Aalener Wehr kam mit einem Extra­zug per Eisen­bahn, der so schnell fuhr, daß zwischen Unter­ko­chen und Oberko­chen eine Kuh, die auf den Schie­nen stand, sich nicht mehr recht­zei­tig in Sicher­heit bringen konnte und überfah­ren wurde.

Obwohl also viele Feuer­wehr­leu­te den Brand bekämpf­ten — die Aalener hatten z.B. »1 Sprit­ze, 1 Schlauch­wa­gen mit Zubehör und 40 Mann, davon 12 Steiger entsandt« -, griff das Feuer weiter um sich. Das Haus von Gärtner Mahler begann zu brennen und auch die Braue­rei des Ochsen­wirt. Und es griff ebenfalls auf die andere Straßen­sei­te über. Der »Hirsch« fing Feuer, die Neben­ge­bäu­de brann­ten ebenfalls. »Nur unter großen Anstren­gun­gen gelang es, das katho­li­sche Schul­haus (jetzt Altes Schwes­tern­haus) und die beiden Kirchen vor dem Feuer zu bewahren«.

Neues Unglück
24. Septem­ber 1895
Als endlich die Kraft des Feuers erlahm­te und die Flammen gelöscht waren, machte man sich an die Aufräu­mungs­ar­bei­ten. Beim »Ochsen« war nicht mehr viel zu retten, da blieb nur, die noch stehen­den Wände auch einzu­rei­ßen. Dabei passier­te es: »Beim Nieder­le­gen einer massi­ven Giebel­wand gerie­ten drei Feuer­wehr­leu­te unter die einstür­zen­den Trümmer. Zwei von ihnen, Hafner Gold und Taglöh­ner Tritt­ler, Väter von 7 bzw. 5 Kindern, konnten nur noch tot gebor­gen werden. Der dritte Mann überleb­te schwer verletzt«.

Dank
Nach dem Brand erschie­nen in der Kocher-Zeitung verschie­de­ne Danksa­gun­gen. Georg Nagel zum »Hirsch« sagt: »Bei dem schwe­ren Brand­un­glück war mein Anwesen in höchs­ter Gefahr. Nur der anstren­gen­den Tätig­keit meiner Mitbür­ger, sowie der rasch herbei­ge­eil­ten Nachbar­feu­er­weh­ren habe ich zu verdan­ken, daß mein Heimat heute nicht ein Trümmer­hau­fen ist …« Katha­ri­na Tritt­ler, die Frau des einen Verun­glück­ten, dankt ihrer Versi­che­rungs­ge­sell­schaft »für die promp­te Ausbe­zah­lung der vollen Versi­che­rungs­sum­me meines Mannes, der beim Brand­un­glück auf bedau­er­li­che Weise sein Leben verlor« (und nennt Hafner Josef Minder als Agenten der Versicherung).

»Für die wohltu­en­den Bewei­se tatkräf­ti­ger Hilfe« sprechen Ochsen­wirt Trick und Frau »allen Betei­lig­ten, beson­ders den Feuer­weh­ren von hier, von Aalen, Königs­bronn, Zang, Ochsen­berg schul­di­gen Dank öffent­lich aus«, und versi­chern, »den verun­glück­ten Feuer­wehr­män­nern werden wir ein treues Andenken bewahren«.

Geschäfts­tüch­tig
Warum sollte man einem Unglück nicht auch positi­ve Seiten abgewin­nen? So dachte der eingangs schon genann­te Werkmeis­ter Friz aus Aalen. Er hatte nämlich dem Ochsen­wirt vor dem Brand zum Umbau seines Anwesens das Materi­al für eine neue Stall­de­cke gelie­fert — »Hohlge­wöl­be­stei­ne aus einem Stück Ton« waren es -, und diese hatten sich beim Brand bestens bewährt: »Beim raschen Umsich­grei­fen des Feuers wäre es unmög­lich gewesen, das Vieh aus dem Stall zu retten, wenn nicht die vorzüg­lich konstru­ier­te Decke dem Feuer Wider­stand geleis­tet hätte …«

Obwohl von Brand­stif­tung gemun­kelt wurde, konnte kein Beweis dafür erbracht werden. Der Gebäu­de­scha­den belief sich auf 50.000 Mark, Schwei­ne und Feder­vieh waren in den Flammen umgekom­men; aber am schwers­ten wog der Verlust von zwei Menschenleben.

Zum Foto: Im Text ist u.a. die Rede davon, das Feuer habe auch auf das neben dem Gasthaus »Ochsen« befind­li­che Anwesen von Schmied Maier, genannt »Kirchen-Schmied«, überge­grif­fen. Das Bild aus der Sammlung von Kuno Gold zeigt Kirchen­schmied Karl Maier vor seinem wieder­auf­ge­bau­ten Haus bei der Arbeit.

Volkmar Schrenk

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