In Bericht 223 vom 12.8.94 haben wir über damals noch nicht näher bestimm­ba­re Minera­li­en berich­tet, die im Bereich des Hunger­brun­nens im Kirschen­tä­le (Quell­aus­tritt und Acker) gefun­den wurden. Zwar lag es nahe, daß die Minera­li­en aufgrund ihres großen Gewichts eisen­hal­tig waren, aber viel mehr konnte damals noch nicht gesagt werden.

Nun ist es ein treff­li­ches Weihnachts­ge­schenk, daß wir, nachdem uns bereits Prof. Keller vom Insti­tut für Minera­lo­gie und Kristall­che­mie der Univer­si­tät Stutt­gart freund­li­cher­wei­se eine kosten­lo­se röntge­no­gra­phi­sche Unter­su­chung von einigen Proben gefer­tigt und bestimmt hatte, nun auch die Ausfüh­run­gen des Staat­li­chen Museums für Natur­kun­de in Stutt­gart vorlie­gen haben. Die Bestim­mung seitens des Museums hat Dipl.- Min. Franz X. Schmidt vorge­nom­men, ebenfalls ohne uns seine Arbeit in Rechnung zu stellen.

Beiden Stellen sei an dieser Stelle ein herzli­ches Danke­schön gesagt.

Beide Stellen schlie­ßen die »Schla­cken­theo­rie« aus, d. h., es handelt sich bei den Funden mit großer Wahrschein­lich­keit um lokale Vorkommen.

Mit Schrei­ben vom 7.11.94 teilt uns Profes­sor Keller mit:
Die röntge­no­gra­phi­sche Unter­su­chung Ihrer Proben ist abgeschlos­sen. Die röntge­no­gra­phisch nachweis­ba­ren kristal­li­nen Phasen sind:

Oberkochen

Alle nachge­wie­se­nen Eisen­oxi­de können sowohl natür­li­cher Entste­hung sein als auch, unter wechseln­den Bedin­gun­gen, bei der Oxida­ti­on von Eisen und Stahl entste­hen. Aufgrund des erkenn­ba­ren Gefüges der Probe 1 ist zumin­dest diese Probe und höchst wahrschein­lich auch die anderen ein Eisen­erz (natür­li­cher Herkunft). Anschlif­fe können wir z. Z. nicht anfer­ti­gen. Sie sind meines Erach­tens auch nicht notwen­dig.
Eine Berech­nung der Unkos­ten erfolgt nicht.
Mit freund­li­chen Grüßen
Paul Keller

Oberkochen

Mit Schrei­ben vom 12.12.94 teilt uns Dipl.-Min. F. X. Schmidt mit:
Nachdem nun Röntgen­auf­nah­men der besag­ten Proben vorlie­gen, möchte ich Ihre Fragen wie folgt beantworten:

Ich gehe davon aus, daß keine Schla­cke, sondern eine natür­li­che Mineral­bil­dung vorliegt: rundli­che, auch nieren­för­mi­ge Mineral­bil­dun­gen sind im Mineral­reich nicht selten und deuten meist auf Kristal­li­sa­tio­nen aus Gelen hin (die bekann­tes­ten Beispie­le sind schwar­zer und brauner Glaskopf).

Ihre Proben spreche ich als Braun­ei­sen (Bohnerz i. w. S.) an, gebil­det aus Verwit­te­rungs­lö­sun­gen in Karst­hohl­for­men von Karbo­nat­ge­stei­nen. Bobner­ze können dort als Knollen, Krusten oder Nester auftreten.

Gefüge und Ausbil­dung der Proben sprechen meiner Ansicht für ein natür­li­ches Vorkom­men. Einen Zusam­men­hang mit größe­ren Eisen­erz­la­ger­stät­ten nehme ich nicht an, eine Anrei­che­rung im Oberflä­chen­be­reich durch Verwit­te­rung der Kalke bzw. Tone ist wahrscheinlich.

Zur Frage, ob eine »Dünge­mit­tel-Schla­cke« vorliegt, folgen­des. Prof. Keller stellt keine kristal­li­nen Phosphat­pha­sen bei der Unter­su­chung fest. Es besteht die Möglich­keit, daß amorphe (nicht kristal­li­ne, also röntge­no­gra­phisch nicht nachweis­ba­re) Phospha­te vorlie­gen. In diesem Zusam­men­hang liegt Ihnen die chemi­sche Analy­se von Prof. Weichbrot/Aalen vor, der sicher­lich nicht nur den Eisen­ge­halt bestimmt hat.

Bemer­kung zum Eisen­ge­halt der Proben: Bei der Bestim­mung spielt es eine große Rolle, wieviel Proben­ma­te­ri­al verwen­det wird, um einen guten Durch­schnitts­ge­halt der Probe zu gewäh­ren. Werden zu gerin­ge Mengen verwen­det, Erze sind ja nicht homogen, so kann es schon vorkom­men, daß die Messung haupt­säch­lich in den reichen Braun­ei­sen­par­tien oder gar im Hämatit erfolgt — somit wird ein hoher Eisen­ge­halt vorge­täuscht, der in Wirklich­keit gar nicht vorhan­den ist.

Zum Namen Goethit:
Die Namens­ge­bung der Eisen­hy­dr­o­xi­de ist im Schrift­tum einer Wandlung unter­wor­fen. Ursprüng­lich wurde die rote y‑FeOOH Modifi­ka­ti­on (= Rubin­glim­mer oder Lepido­kro­kit) als Goethit bezeich­net. Durch genaue­re Unter­su­chun­gen konnten noch andere Modifi­ka­tio­nen des FeOOH entdeckt werden.

Heute wird der Name Goethit (= Nadel­ei­sen­erz) für die braune a‑FeOOH Modifi­ka­ti­on verwen­det (vgl.: Randohr, P. und Strunz, H.: Klock­manns Lehrbuch der Minera­lo­gie. — 16. Aufla­ge, Stutt­gart 1978/80).
Der Namens­vor­schlag geht auf den natur­kun­di­gen Pfarrer Heinrich Adolph Achen­bach (1765 — 1819), Lehrer an der Siege­ner Bergschu­le, zurück.

Der Name Goethit wurde 1806 von Johann Georg Lenz in den »Tabel­len über das gesam­te Mineral­reich« aufge­nom­men (vgl. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. ‑Thun 1968).

Anmer­kung:
Lenz, Johann Georg (1748 — 1832): Profes­sor der Minera­lo­gie und Bergrat in Jena, Gründer und Direk­tor der Sozie­tät für die gesam­te Minera­lo­gie.
Mit freund­li­chen Grüßen
Franz Xaver Schmidt

Ergän­zend sei vermerkt, daß unser Mitglied, Dipl-Geolo­ge H. J. Bayer aus Ettlin­gen auch in Betracht zieht, daß das Erz, da Braun­ju­ra bei uns so gut wie ausge­schlos­sen werden kann, im Zuge eines Erz-Trans­port­we­ges durch Verlust an diesen Ort gelangt sein könne.

Dietrich Bantel

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