Das Landes­denk­mal­amt hat Wort gehal­ten: 2 Stunden vor dem Besuch des Oberko­che­ner und des Königs­bron­ner Gemein­de­rats im Heimat­mu­se­um am Freitag, 18.11.94, ist nun auch »Alamo« im Museum einge­trof­fen und hat seinen Platz neben »Alama« in der großen Grabvi­tri­ne im Raum 3 eingenommen.

Den Hertrans­port von der LDA-Restau­rie­rungs-Werkstät­te in Schwä­bisch Gmünd hat in dankens­wer­ter Weise wieder unser Mitglied Manfred Kaufmann übernommen.

In der Werkstät­te hatten wir zuvor noch miter­lebt, wie die hervor­ra­gend präpa­rier­ten Grabbei­ga­ben auf die Plexi­glas­plat­te über der Planums­zeich­nung aufge­bracht und fixiert wurden.

Unsere Begeis­te­rung und unsere Bewun­de­rung — aber auch die der 3 Mitar­bei­ter des LDA — über die herrlich geschmück­ten Gürtel­be­schlä­ge und Waffen und die Quali­tät anderer Grabbei­ga­ben war grenzen­los. Der Gedan­ke, daß Künst­ler-Handwer­ker vor über 1300 Jahren im sogenann­ten »finste­ren Mittel­al­ter« in der Lage waren, Gebrauchs­ge­gen­stän­de in so faszi­nie­ren­der Weise zu schmü­cken, nötig­te uns große Ehrfurcht ab. Unser Respekt galt gleicher­ma­ßen dem Restau­rie­rungs­team des LDA unter der Leitung von Herrn Blumer, die diese Klein­odi­en der Handwerks­kunst nach einer so langen Zeit so herrlich restau­riert haben, daß man nicht glauben wollte, daß sie so lange Zeit im Boden gelegen hatten. Die Haupt­ar­beit hat wieder­um Frau Gastei­ger geleistet.

»Aller Wahrschein­lich­keit nach gehör­te der Tote der oberen Schicht des damali­gen Oberko­chen, dem sogenann­ten Ortsadel, an«, — so Herr Blumer vom LDA Schwä­bisch Gmünd. Ob er noch Heide war oder bereits Christ, läßt sich schwer beurtei­len — es dürfte jedoch das erste­re zutref­fen. Die Chris­tia­ni­sie­rung des alaman­ni­schen Oberko­chen fand zwischen 600 und 700 n. Chr. statt, — der aleman­ni­sche Fried­hof mit an die 1000 Gräbern entstand in der Zeit zwischen 500 und 700 n. Chr. Herr Blumer teilte uns auf unsere Frage mit, daß die Schwä­bisch Gmünder Restau­rie­rung­werk­stät­te des LDA mit 3 Fachkräf­ten, darun­ter Herrn Blumer persön­lich, Frau Gastei­ger und einer weite­ren Kraft, zusam­men über 1000 Arbeits­stun­den allein mit der Aufbe­rei­tung der beiden Oberko­che­ner Gräber 79 und 44 geleis­tet haben, auch in Form von Überstun­den, damit der Termin einge­hal­ten werden konnte.

Frau Gastei­ger fuhr wieder­um als fachli­che Assis­tenz mit nach Oberko­chen. Sie wird uns in abseh­ba­rer Zeit einen fachli­chen Bericht über die beiden Gräber übersen­den, den wir an dieser Stelle veröf­fent­li­chen werden.

Oberkochen

Zum Grab 44:
Laut der vorläu­fi­gen röntge­no­lo­gi­schen Beschrei­bung wurden für Oberko­chen restau­riert:
1 kleine Eisen­schnal­le
in Gips: 1 Spatha mit Schei­den­res­ten (Langschwert, ca. 90 cm lang)
1 Sax (Kurzschwert)
1 dreitei­li­ge tauschier­te Gürtel­gar­ni­tur Nr. 294
1 Eisen­teil (Messer?)
Schwert­ge­hän­ge mit Bronze­be­schlä­gen
2 kl. Schnal­len
2 größe­re Schnal­len mit 2 Viereck­be­schlä­gen
1 Riemen­zun­ge
1 Beschlag ohne Schnal­le mit 1 Viereckbeschlag

Wir möchten heute die Gürtel­schnal­le beschrei­ben. Sie ist aus Eisen, welches völlig korro­diert ist, durch das neue Plasma­ver­fah­ren jedoch hervor­ra­gend präpa­riert werden konnte. Die hellen für die germa­ni­sche Kunst typischen abstrak­ten Ornamen­te sind Silber­dräh­te, die in zuvor in die Eisen­schnal­le einge­brach­te Gravu­ren einge­häm­mert wurden. Diese Technik nennt man »Tauschie­ren«.

Oberkochen

Das »Lexikon der Kunst« erklärt diese Technik wie folgt:

Tauschie­ren, (ital. tausia von arab. tausi­ja = Verzie­rung, Färbung), Einle­gen von Metal­len in Metal­le, eine Technik zur ornamen­ta­len Verzie­rung von Metall­ge­gen­stän­den, die schon bei den Ägyptern angewen­det wurde. Beim Tauschie­ren wird das kontrast­rei­che Neben­ein­an­der von Metal­len verschie­de­ner Farben als schmü­cken­des Element genutzt. Neben dem natür­li­chen farbli­chen Kontrast einzel­ner Metal­le, wie z.B. Gold und Silber, Kupfer und Eisen, Kupfer und Zinn (in unserem Fall Silber und Eisen) kann der farbli­che Gegen­satz durch chemi­sche Behand­lung erhöht werden. Neben dem Farbkon­trast muß beim Tauschie­ren der unter­schied­li­che Härte­grad der Metal­le berück­sich­tigt werden. In den härten Metall­grund wird das weiche­re Metall einge­schla­gen. Beim Flach­tau­schie­ren wird der Metall­grund mit Meißel, Stichel oder Feile aufge­rauht. Dünne Drähte und Bleche, oft aus Gold oder Silber, werden — entspre­chend der Vorzeich­nung auf Metall aufge­häm­mert und haften auf dem rauhen Grund. Solider im Verfah­ren ist die Aufbe­rei­tung des Metall­grun­des (wie in unserem Fall) durch eine schwal­ben­schwanz­för­mi­ge, sich nach unten verbrei­tern­de Nut, in die das weiche­re, kontras­tie­ren­de Metall einge­schla­gen wird. Nach dem Einhäm­mern kann das tauschier­te Motiv mit dem Grund eben gefeilt oder geschlif­fen werden. Gelegent­lich bleibt das einge­häm­mer­te Weich­me­tall auch relief­haft stehen.«

Der heute bekann­tes­te Schmuck, der in Tauschier­tech­nik herge­stellt wird, ist der berühm­te Toledo-Schmuck. Unser herzli­cher Dank, den wir nicht nur namens des Heimat­ver­eins, sondern auch namens aller Bürger unserer Stadt ausspre­chen, gilt den Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­tern der Restau­rier­werk­stät­te des LDA in Schwä­bisch Gmünd, sowie Herrn Dr. Ingo Stork und Herrn Präsi­dent Prof. Dr. Planck vom LDA Stutt­gart. Wir freuen uns, wenn sie sich gelegent­lich davon überzeu­gen, daß die schönen archäo­lo­gi­schen Stücke würdig unter­ge­bracht wurden.

Dietrich Bantel

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