Exakt nach 14 Jahren ist der bemer­kens­wer­te Schmuck einer alaman­ni­schen Frau, die 700 Jahre vor der ersten urkund­li­chen Erwäh­nung des Orts im Jahr 1337 im Vor-Oberko­chen lebte, nach hierher zurück­ge­kehrt. Ihr Grab, eines von 97, die im Herbst 1980 auf dem Grund­stück Frühling­s­tra­ße 3 (Stelzen­mül­ler) vom Landes­denk­mal­amt Stutt­gart unter der Leitung von Dr. Ingo Stork freige­legt worden sind, wurde am 3.11.1980 als Grab 79 regis­triert. Schon damals hatte sich rötge­no­lo­gisch abgezeich­net, daß der Frau außer­ge­wöhn­li­cher Schmuck mit ins Grab gegeben worden war.

Der zu erwar­ten­de Grabbei­ga­ben­be­schrieb lautete:

  1. Gürtel­ge­hän­ge
    Bronze­spi­ra­len mit Eisen­dräh­ten?
    2 Bronze­ver­tei­ler
    Keramik­per­len?
  2. Eisen­gür­tel­schnal­le
  3. 2 Fußgar­ni­tu­ren
    bestehend aus 2 Bronze­rie­men­zun­gen
    8 Viereck­be­schlä­gen
    4 kleinen Riemenzungen

Die nicht­kor­ro­dier­ten Grabbei­ga­ben wurden seiner­zeit einzeln gebor­gen, wogegen das Gürtel­ge­hän­ge samt der Gürtel­schnal­le in einem aufwen­di­gen Verfah­ren in der Erde liegend samt den Knochen in einem zusam­men­hän­gen­den Stück freige­sto­chen und einge­gipst wurde. In dieser Form lager­te dieser und eine Vielzahl anderer nicht­prä­pa­rier­ter Funde zum Schutz vor Korro­si­on in den Tiefkühl­räu­men des württem­ber­gi­schen Landes­mu­se­ums, wo sie ihrer Bearbei­tung harren.

Mit wechseln­dem Erfolg bemüh­te ich mich seither, die Grabbei­ga­ben von wenigs­tens zwei Gräbern präpa­riert zurück nach Oberko­chen zu bekommen.

Dem stand in den frühen Achtzi­ger­jah­ren der Jahrhun­dert­fund des kelti­schen Fürsten­grabs von Hochdorf im Weg, der damals die Gemüter beweg­te, weil er für Baden-Württem­berg der Bedeu­tung der Entde­ckung des Grabs des Tutanch Amun gleich­kam. Jahre­lang ging fast alle restau­re­to­ri­sche Kraft des Landes­denk­mal­amts in die Aufar­bei­tung dieses Hügel­grabs. An Oberko­chen war nicht zu denken.

In der 2. Hälfte der Achtzi­ger­jah­re wurde ich mit meinem Anlie­gen damit abgewie­sen, daß mir entge­gen­ge­hal­ten wurde, das LDA plane auf der Kapfen­burg ein zentra­les Alaman­nen­mu­se­um und es würden keiner­lei Funde an priva­te Museen verge­ben, da man sich dort konzen­trie­ren und nicht allge­mein zersplit­tern wolle. Dennoch erhielt ich bereits im Jahr 1987 eine vage Zusage für eine Rückfüh­rung der Gräber 44 (Männer­grab) und 79 (Frauen­grab) nach Oberkochen.

Dann wurde das Geld knapper. Der Gedan­ke an ein zentra­les Alaman­nen­mu­se­um auf der Kapfen­burg verschwand heimlich leise in den Schub­la­den des Landes. Ich aber sah »die Aktien« für Oberko­chen steigen. Im Mai 1992 wurde ich erneut bei Herrn Dr. Planck, dem Leiter des Landes­denk­mal­am­tes Stutt­gart, vorstel­lig, der es zum ersten Mal für realis­tisch hielt, daß Oberko­chen 2 Gräber bekommt. Im Herbst 1993 erhielt ich die schrift­li­che Zusage des Landes­denk­mal­amts für eine Restau­rie­rung der Grabbei­ga­ben der Gräber 44 und 79 für April 1994. (Wir berichteten).

Dieser Termin wurde von vorran­gi­gen Restau­rie­rungs­ar­bei­ten für das neue Museum in Konstanz für eine Ausstel­lung aktuel­ler Funde gekippt. Da uns vom LDA zugesagt worden war, daß, für den Fall, daß es in Oberko­chen »nicht eile«, die Kosten für die Restau­rie­rungs­ar­bei­ten der Oberko­che­ner Funde vom LDA getra­gen würden, war weiter­hin Geduld angesagt. Wir brach­ten uns dennoch deutlich in Erinnerung.

Im Herbst 1994 endlich wurde in der Restau­rie­rungs­werk­stät­te des LDA, die sich in Schwä­bisch Gmünd befin­det, in einem neuen Verfah­ren (Plasma-Verfah­ren) die Oberko­che­ner Grabbei­ga­ben des Frauen­grabs 79 von einer jungen Restau­ra­to­rin, Frau Gastei­ger, in ca. 200 Arbeits­stun­den restauriert.

Heute steht fest, daß vor allem das Gürtel­ge­hän­ge ein großes und sehr apartes Schmuck­ob­jekt ist. Die Archäo­lo­gen sind faszi­niert, daß auf dem Gehän­ge, was in unseren Breiten äußerst selten der Fall ist, ein Stück Stoff­ge­we­be erhal­ten geblie­ben ist. Das entspre­chen­de Stück ist erst kürzlich aus Freiburg, wo es in einem entspre­chen­den Insti­tut unter­sucht wurde, nach Schwä­bisch Gmünd zurückgekommen.

Am 26.10.1994 war der Tag X für Oberko­chen: Unser Ausschuß­mit­glied Herr Kaufmann und ich fuhren nach Schwä­bisch Gmünd, um den präpa­rier­ten Schmuck, der auf meinen Vorschlag hin entspre­chend der Fundla­ge auf eine Plexi­glas­plat­te montiert worden war, nach Oberko­chen in unser Museum zu holen. Frau Gastei­ger und eine weite­re Mitar­bei­te­rin des LDA bilde­ten den sachver­stän­di­gen Begleitschutz.

Es war ein Gefühl fast wie an Weihnach­ten, als wir die Plexi­glas­plat­te auf das von mir nach der Origi­nal­zeich­nung des LDA in Lebens­grö­ße gemal­te Grabpla­n­um legten. Es paßte alles haarge­nau. Auch die Mitar­bei­te­rin­nen des LDA waren begeis­tert — ein erster Lohn für 14 Jahre Hartnä­ckig­keit. Nun werden wir nicht locker lassen, bis auch die Ausrüs­tung des Oberko­che­ner alama­ni­schen Kriegers aus dem 7. nachchrist­li­chen Jahrhun­dert präpa­riert wird und nach Oberko­chen ins Museum kommt — wir hoffen noch in diesem Jahr.

Eine photo­gra­phi­sche Dokumen­ta­ti­on und eine fachli­che Beschrei­bung der Funde folgt demnächst. Ergän­zend sei bemerkt, daß der Oberko­che­ner Alaman­nen­fried­hof, der sich vom Hasen­gäss­le über Jäger­gäss­le und Kelten­stra­ße quer übers Dreißen­tal und dann entlang der Jahnstra­ße (Kußweg­le) bis zur Frühling­s­tra­ße erstreckt, vom LDA im Jahr 1980 auf ca. 1000 Gräber hochge­rech­net wurde, — ein Fried­hof, dem Dr. Ingo Stork wegen seiner statt­li­chen Größe »überört­li­che Bedeu­tung« zumißt.

Das LDA hat in Aussicht gestellt, daß wir für unser Museum länger­fris­tig noch weite­re Funde bekommen.

Zunächst gilt unser Dank den Herren Prof. Dr. Dieter Planck, dem Präsi­den­ten des Landes­denk­mal­amts, und Herrn Dr. Ingo Stork, der die Grabung 1980 gelei­tet hat. Beide Herren haben sich für die Belan­ge Oberko­chens einge­setzt und die unent­gelt­li­che Restau­rie­rung möglich gemacht.

Wir sind nach wie vor der Ansicht, daß eine derar­ti­ge Unter­stüt­zung kleiner Museen ein wichti­ger Beitrag des Landes­denk­mal­amts zum Verständ­nis der Heimat­ge­schich­te auf breiter Basis ist.

Dietrich Bantel

Oberkochen
Oberkochen

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte