Das Jahr 1894 war für die beiden Oberko­che­ner Kirchen­ge­mein­den ein beson­de­res Jahr: Pfarrer Breiten­bach, der katho­li­sche Pfarrer Oberko­chens, feier­te Golde­nes Pries­ter­ju­bi­lä­um, und bei der evange­li­schen Gemein­de gab es einen Wechsel im Pfarr­amt, weil Pfarrer Brecht zum Stadt­pfar­rer in Gerabronn ernannt worden war und ihm kurz vor Weihnach­ten Pfarrer Wider nachfolg­te. »Wie beim Jubilä­um von Pfarrer Breiten­bach, so betei­lig­te sich auch bei der Feier zur Einset­zung des neuen evange­li­schen Pfarrers die Gemein­de ohne Unter­schied der Konfes­sio­nen«, so ist in der Presse über die ökume­ni­sche Haltung der Oberko­che­ner zu lesen. Lassen wir die einzel­nen Ereig­nis­se an uns vorüberziehen:

Mit Böllern und Feuer­werk
Pfarrer Franz Breiten­bach konnte am 11. Septem­ber 1894 ein Doppel­ju­bi­lä­um feiern: 50 Jahre seit seiner Pries­ter­wei­he waren vergan­gen und er stand seit 25 Jahren der katho­li­schen Gemein­de Oberko­chens als Pfarrer vor, berech­tig­ter Anlaß zu einem großen Fest!
Am Vorabend des Jubel­ta­ges huldig­ten Schul­kin­der, Kirchen­chor und Sänger­bund mit Fackel­zug und Ständ­chen ihrem geist­li­chen Hirten. Der von Schult­heiß Bezler ausge­brach­te Toast wurde durch Böller­schüs­se vom Böller­häus­le aus unter­stri­chen und mit einem benga­li­schen Feuer­werk bekräftigt.

Ehren­bür­ger­wür­de
Am Morgen des Festta­ges kündig­ten wieder­um Böller­schüs­se, aber auch Glocken­ge­läut und Tagwa­che der Musik­ka­pel­le das große Ereig­nis an. Auch das manch­mal so launi­sche Wetter machte mit: Himmel und Erde strahl­ten in schöns­tem Festesglanz.

Zunächst zogen die bürger­li­chen Kolle­gi­en zum Pfarr­haus, um dem Geist­li­chen den künst­le­risch reich gestal­te­ten Ehren­bür­ger­brief der Gemein­de Oberko­chen zu überrei­chen, dessen Text mit Darstel­lung der Oberko­che­ner Indus­trie, Töpfe­rei und Bohrer­ma­cher­hand­werk umrahmt war, aber auch mit Symbo­len des Waldes, der Jagd und der Fische­rei. Flankiert vom Ortswap­pen und einem Bild des Pfarr­hau­ses wurde eine Ansicht des Dorfes gezeigt, überragt von einer allego­ri­schen Figur mit Palmzweig und Lorbeer­kranz, umschlun­gen von einem Band mit der Inschrift »Jubila­te Deo«.

Festgot­tes­dienst im Grünen
Nach Überrei­chen der Ehren­bür­ger­ur­kun­de setzte sich ein imposan­ter Zug in Bewegung: Amtsbrü­der, Gemein­de­ver­tre­ter, Chöre, Schul­klas­sen und viele Oberko­che­ner Bürge­rin­nen und Bürger zogen zum Platz bei der Wiesen­ka­pel­le, wo die feier­li­che Jubel­mes­se unter freiem Himmel statt­fand, denn die Pfarr­kir­che hätte die große Zahl der Mitfei­ern­den nicht fassen können.

Die Festpre­digt hielt der Hohen­stad­ter Pfarrer Schnit­ter, der Kirchen­chor sang eine vierstim­mi­ge Messe von Pavona, »es war ein erheben­der Augen­blick, als bei dem heili­gen Akt Böller­sal­ven dröhn­ten und ihr Echo sich von Berg zu Berg fortpflanz­te« (so der Zeitungsbericht).

Festmahl im Hirsch
»Am Festmahl im Hirsch, das der Küche des Herrn Nagel alle Ehre machte, betei­lig­te sich außer den fremden Gästen auch die hiesi­ge Bürger­schaft in überaus großer Zahle. Gesän­ge der Chöre gaben den Gängen des Festessens musika­li­sche Würze, wettei­fernd mit verschie­de­nen Rednern:

Dekan Kollmann: »Unser Jubel­pries­ter hat segens­reich gewirkt, deshalb verleiht im S. M. der König das Ritter­kreuz I. Klasse des Fried­richs­or­dens«. (Die Ordens­ver­lei­hung wurde durch Böller­schüs­se unter­malt). Schult­heiß Bezler: » … die Friedens­lie­be des hochwür­di­gen Jubilars ermög­lich­te ersprieß­li­ches und einträch­ti­ges Zusam­men­wir­ken der geist­li­chen und weltli­chen Kräfte .…. (Ein pracht­voll gearbei­te­ter gotischer Kelch war das Geschenk der bürger­li­chen Gemeinde).

Pfarrer Brecht von der evange­li­schen Gemein­de: »Das heuti­ge Fest ist eine Feier der gesam­ten Gemein­de, in der auch weiter­hin beide Konfes­sio­nen fried­lich zusam­men­le­ben werden, so wie es der Jubilar in seiner Amtszeit geför­dert hat«.

Weite­re Reden, teilwei­se auch in Gedicht­form, hielten außer­dem Dekan Schaupp (Wäschen­beu­ren), Pfarrer Pfister (Hohen­mem­min­gen) und der aus Göppin­gen angereis­te frühe­re Oberko­che­ner Oberförs­ter Karl Fröhner (ebenfalls Ehrenbürger).

Nachzu­tra­gen bleibt noch: Pfarrer Breiten­bach trat 1897 in den Ruhestand. Er starb am 21. Juli 1900 im 82. Lebens­jahr in Schrez­heim bei Ellwan­gen. (Weite­re Einzel­hei­ten zu Pfarrer Breiten­bach: siehe BuG vom 23. Oktober 1987.)

Die Fortset­zung dieses Berichts in 14 Tagen beschreibt die Verab­schie­dung des evange­li­schen Pfarrers Brecht und die Einset­zung seines Nachfol­gers Pfarrer Wider.

Oberkochen

Zum Foto: Die Postkar­te zeigt eine Fotomon­ta­ge mit dem Portrait von Pfarrer Breiten­bach zwischen einer Innen- und Außen­auf­nah­me der Katho­li­schen Pfarr­kir­che während der Amtszeit von Pfarrer Breitenbach.

Volkmar Schrenk

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