Am 30.6.1979 und am 4.7.1979 hatten Mitglie­der der Höhlen­for­scher­trup­pe des Gymna­si­ums Oberko­chen in den Tiefen der Höhle am Griebi­gen Stein 3 kerami­sche Scher­ben gefun­den, die seiner­zeit von mir auf höchst­wahr­schein­lich »mittel­al­ter­lich« und als »Vorstu­fe der bekann­ten heimi­schen Hafner­wa­re« einge­stuft worden waren.

Dies bestä­tig­te nun, nach 15 Jahren, aus Anlaß der vorbe­rei­ten­den Arbei­ten für die Einrich­tung des Heimat­mu­se­ums, Herr Peter Heinzel­mann, Stadt­ar­chäo­lo­ge der Stadt Heiden­heim, mit Schrei­ben vom 1. Mai 1994. Die in diesem Bericht abgebil­de­ten Scher­ben lagen mehre­re hundert Jahre lang im sandig-lehmi­gen Gemisch des Höhlen­bo­dens unter 30 — 40 cm locke­rem Verwit­te­rungs­ge­stein, das wir auf der Suche nach einer Fortset­zung der Höhle abräum­ten. Herr Dr. Wagner, der beim Landes­denk­mal­amt Stutt­gart zustän­di­ge Archäo­lo­ge für Vorge­schich­te, hatte grünes Licht für die Grabar­bei­ten im Griebi­gen Stein gegeben. (Berich­te in BuG aus den Jahren 1979 und 1980).

Bei den Keramik­fun­den handelt es sich um 3 obere Randstü­cke (eines davon wurde von mir aus 2 zusam­men­pas­sen­den Einzel­tei­len zusam­men­ge­klebt) von bauchi­gen Töpfen, wohl mit flachem Stand­bo­den, die als Haushalts­wa­re zum Trans­port und zur Aufbe­wah­rung von Flüssig­kei­ten und festen Nahrungs­mit­teln dienten und auch vom Heiden­hei­mer Stadt­ar­chäo­lo­gen als lokale Produk­ti­on angese­hen werden.

Oberkochen

Im einzel­nen werden sie wie folgt beschrie­ben (Foto von links nach rechts):
a) Randstück eines Topfes (2 zusam­men­ge­kleb­te Scher­ben)
Materi­al: grob gemager­ter Ton, hart gebrannt, Farbe hellgrau mit horizon­tal umlau­fen­den Drehrie­fen
Randaus­bil­dung: einfa­ches Carnies-Profil, Durch­mes­ser am oberen Rand ca. 18 cm, Topfhö­he ca. 20 — 30 cm
Datie­rung: 13./14. Jahrhun­dert (Genaue Datie­rung sehr aufwendig).

b) Randstück eines Topfes (1 Randscher­ben)
Materi­al: grob gemager­ter Ton, hart gebrannt, Farbe grau-schwarz, Oberflä­che mit gerin­gen Drehrie­fen, sonst fast glatt.

Randaus­bil­dung: umgeschla­ge­ner Rand mit Drehnut an der Unter­sei­te (Andeu­tung eines Carnies-Profils),
Durch­mes­ser ca. 16 cm, Topfhö­he ca. 15 — 25 cm
Datie­rung: 13./14. Jahrhun­dert (genaue Datie­rung sehr aufwendig)

c) Randstück eines Topfes (1 Randscher­ben)
Materi­al: fein gemager­ter Ton, hart gebrannt, Farbe außen grau-schwarz (Schmau­chung), innen überwie­gend grau, Oberflä­che mit gerin­gen Drehrie­fen, sonst fast glatt
Randaus­bil­dung: umgeschla­ge­ner Rand ohne Drehnut an der Unter­sei­te (Andeu­tung eines Carnies-Profils),
Durch­mes­ser ca. 17 cm, Topfhö­he ca. 15 — 25 cm
Datie­rung: 13./14. Jahrhun­dert (genaue­re Datie­rung recht aufwendig)

Was läßt sich aus den Funden für die Geschich­te Oberko­chens ableiten?

1) Auch für die Höhle am Griebi­gen Stein trifft zu, daß sie zumin­dest zeitwei­se als Wohnplatz für Menschen gedient hat.

2) Da ein statt­li­ches Vor-Oberko­chen ab dem 6./7. Jahrhun­dert durch das große alaman­ni­sche Gräber­feld zwischen Frühling­s­tra­ße und Hasen­gäß­le sicher vermu­tet werden kann, kann angenom­men werden, daß die Höhle rechts oberhalb der Kuhstei­ge zum Härts­feld gelegen, in kriege­ri­scher oder sonst­wie unsiche­rer Zeit als Zufluchts­ort aufge­sucht wurde.

3) In den Gefäßen wurden Nahrungs­mit­tel, mit Sicher­heit auch Wasser, aus dem Tal zur Höhle hinauftransportiert.

4) Die Zeitan­ga­be »13./14. Jahrhun­dert« belegt mit großer Sicher­heit, daß die betref­fen­den Menschen die Höhle um die Zeit um oder eher vor der ersten urkund­li­chen Erwäh­nung Oberko­chens (1337) als Wohnplatz benutz­ten — also im Hohen Mittel­al­ter, d. h. zu einer Zeit, da wir bislang außer dem romani­schen Kirch­turm­so­ckel von St. Peter und Paul keiner­lei geschicht­li­che Belege kennen.

5) Es gab hier schon vor der ersten urkund­li­chen Erwäh­nung Oberko­chens Häfner und Töpfer­schei­be. Das Hafner­hand­werk ist hier somit nachge­wie­se­ner­ma­ßen das ältes­te Handwerk — zumin­dest ist es um die 700 Jahre alt.
(Ob die doppel­ko­ni­schen Gefäße aus den alaman­ni­schen Gräbern in der Frühling­s­tra­ße, 1400 Jahre alt, heimi­sche Ware sind, wurde bislang noch nicht unter­sucht.) Insofern kommt den unschein­ba­ren Keramik­scher­ben­fun­den von der Höhle am Griebi­gen Stein große Bedeu­tung zu.

Dietrich Bantel

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