Das Jahr 1980 brachte die Oberkochener Geschichtsforschung ein gutes Stück weiter. Das Landesdenkmalamt (LDA) Stuttgart führte unter der Leitung von Dr. Ingo Stork auf dem Grundstück Stelzenmüller, wo anläßlich der Errichtung eines Neubaus alamannische Reihengräber angeschnitten worden waren, eine umfangreiche über mehrere Monate laufende Notgrabung durch, deren Ergebnis war, daß der schon seit längerer Zeit bekannte alamannische Friedhof im Jägergäßle Teil eines großen merowingischen Friedhofs ist, der sich bis in die Frühlingstraße erstreckt, und dessen Belegung in der Zeit des 6. und 7. nachchristlichen Jahrhunderts auf bis maximal 1000 Bestattungen geschätzt wird (Dr. Stork. LDA, am 13.2.1981 in BuG). — was einem entsprechend großen Ur-Oberkochen entspricht.

Wir haben unser Interesse, die wichtigsten Funde aus dieser Grabung hierher nach Oberkochen zu bekommen, schon zum damaligen Zeitpunkt bekundet. Nun fielen in die 70-er- u. 80-er Jahre die Untersuchungen des 1968 entdeckten keltischen Fürstengrabs von Hochdorf, die für unsere Region in der Bedeutung der Entdeckung des Grabs des Tut-anch-Amon (1922÷23) gleichkamen, und die Schlagzeilen in aller Welt machten. Vor dem Hintergrund der Aufarbeitung dieses bedeutsamen Fundes mußten alle anderen Restaurierungsarbeiten im Lande zurücktreten, und so blieben auch die Oberkochener Funde, die immerhin von »überregionalem Interesse« sind (Dr. Stork, LDA, in »Archäologische Ausgrabungen 1980) unbearbeitet liegen. (Siehe Abbildung 2)


In den 80-er-Jahren verdichtete sich die Absicht von LDA und Württembergischem Landesmuseum (WLM), auf der Kapfenburg ein zentrales Alamannenmuseum einzurichten. Meine Bemühungen um Rückführung der Funde von 1980 nach Oberkochen wurden mit dem Hinweis, daß man keiner Dezentralisierung im Bereich der Museen zustimmen werde, eine Absage erteilt.
Anfangs der 90-er-Jahre zeichneten sich Finanzierungsschwierigkeiten für das Projekt Kapfenburg ab. Der Plan eines zentralen Alamannenmuseums, der durch die bis heute laufende Alamannengrabung bei Lauchheim zunächst noch Aufwind bekommen hatte, starb. Damit stiegen die Aktien für Oberkochen. Ich wurde erneut an höchster LDA-Stelle vorstellig und erhielt am 23.5.1992 die grundsätzliche Zusage, daß 2 bedeutende Gräber der Grabung in der Frühlingstraße von 1980, das Männergrab Nr. 44 und das Frauengrab Nr. 79, nun doch nach Oberkochen kommen könnten. Am 3.9.1992 erhielt ich die Zusage, daß die beiden genannten Gräber auf Kosten des LDA restauriert werden — allerdings noch ohne eine zeitliche Zusicherung.
Nun kam — mit Schreiben des LDA vom 7.9.1993 — von oberster Stelle des LDA (Prof. Dr. D. Planck) die endgültige Zusage, daß die Grabbeigaben der genannten Gräber so restauriert werden, daß sie rechtzeitig bis zur Eröffnung unseres Heimatmuseums im Schillerhaus im nächsten Jahr in Oberkochen sein werden.
Hier der Wortlaut des Schreibens:
Für Ihr freundliches Schreiben vom 1.9.1993 danke ich Ihnen vielmals. Ende September haben wir die nächste Restauratorenbesprechung, wo der weitere Arbeitsplan für das letzte Quartal 1993 besprochen wird. Ich werde auf jeden Fall dafür sorgen, daß die beiden genannten Gräber in dieser Zeit in die Restaurierung hereingenommen werden, so daß sie termingerecht bis April 1994 vorliegen, damit noch gebührend Zeit bleibt, die entsprechende Ausstellung vorzubereiten. Die weiteren Punkte wie Versicherung usw. sind ja inzwischen geklärt. Was noch nicht klar ist, ist die Frage, wem das Gräberfeld von Oberkochen letztlich zugewiesen wird, da inzwischen neben dem Württembergischen Landesmuseum ja auch das Archäologische Landesmuseum (Konstanz) Möglichkeiten der Archivierung hat. Aber darüber entscheidet eine Verteilungskommission, die Ende Oktober unter Leitung von Herrn Ministerialrat R. Jandl vom Ministerium für Familie, Frauen, Weiterbildung und Kunst tagt. Dann werden wir sehen, wer letztendlich mit dem Heimatverein Oberkochen bzw. mit der Stadt Oberkochen den Leihvertrag schließen wird. Aber das sind ja eher formale Dinge. Wichtig ist nun, daß die Restaurierung zügig vorangeht.
Für die freundliche Information über das fertiggestellte Schillerhaus danke ich Ihnen vielmals. Ich bin auch der Überzeugung, daß ein solches Museum in dieser Stadt sinnvoll und notwendig ist und kann Ihnen unsere Unterstützung versichern.
Der Heimatverein freut sich über diesen Erfolg von Herzen und bedankt sich beim LDA für die auch weiterhin zugesicherte Unterstützung seiner Arbeit.
An dieser Stelle danken wir Herrn Rudolf Eber für ein bei Bauarbeiten im Jahr 1964 auf seinem Grundstück in der Keltenstraße gefundenes und uns überlassenes alemannisches Langschwert (spata) samt einer gut erhaltenen Lanzenspitze und weiter für ein ebenfalls gut erhaltenes Kurzschwert (sax), das wir fürs Heimatmuseum erhalten werden.
Dietrich Bantel