Ein Beitrag zum Jubilä­ums­jahr der katho­li­schen Pfarr­ge­mein­de in Oberkochen.

Wie damals und auch noch lange Zeit später üblich, bestand die Besol­dung des Pfarrers neben Geld vor allem aus Natura­li­en, die Johan Stöcker von seinem Dienst­her­ren, dem Ellwan­ger Propst, aus den Erträ­gen des Oberko­che­ner Kirchen­lan­des oder aus dem Kleinen Zehnten bezog.

Als erstes nennt Johan Stöcker in seinen Aufzeich­nun­gen eine Behau­sung mit Gärtlein. Für die Feuerung spendier­te der Propst 18 oder 20 Klafter Holz, eine Menge, die heute etwa 45 Festme­tern entspre­chen würde.

An Getrei­de erhielt er von dem Amtschrei­ber zu Unter­ko­chen 16 Malter beider­lei Korn (wohl Hafer und Dinkel), das sind nach Ellwan­gi­schem Maß etwa 5900 Liter (ca. 2900 kg. Die Ellwan­gi­schen Malter-Maße sind für Dinkel und Hafer etwas unter­schied­lich, wenn von beiden Getrei­de­ar­ten die Rede ist, wurden die Liter­an­ga­ben gemit­telt). Die Unter­ko­che­ner Pfarr­kir­che »Unserer lieben Frauen«, die damals als Wallfahrts­kir­che eine reich dotier­te Pfarrei war, gab weite­re 6 Malter (entspr. 2200 Litern oder etwa 1100 kg) beider­lei Korn, dazu empfing Johan Stöcker noch als beson­de­ren Gnadener­weis des Fürst­props­tes 6 Malter Dinkel (ca. 600 kg). Insge­samt verfüg­te Stöcker damit pro Jahr über 4600 kg Hafer und Dinkel.

4 Tagwerk (6 Morgen) Stroh bekam er aus dem Großen Zehnten.

Die Geldein­künf­te des Oberko­che­ner Pfarrers belie­fen sich insge­samt auf etwa 123 Gulden, 60 Gulden davon gab wieder die Unter­ko­che­ner Pfarr­kir­che, 20 Gulden kamen von der Props­tei, weite­re 40 Gulden legte der Propst als Gnadener­weis dazu. Der Propst übernahm auch eine jährli­che Abgabe von einem Gulden an das Bistum Augsburg, die wohl sonst der Pfarrer aus seinen Einkünf­ten zu leisten gehabt hätte. »Von heilig«, d.h. aus der Oberko­che­ner Kirchen­kas­se, empfing Johan Stöcker 2 Gulden 17 Schil­ling, als Kirch­weih­geld erhielt er einen halben Gulden, dafür war er aber verpflich­tet, am Kirch­weih­tag vor dem Gottes­dienst dem Kirchen­pfle­ger, dem Schult­hei­ßen, dem Mesner und vielleicht auch anderen nicht genann­ten Honora­tio­ren eine Suppe, Fleisch und einen Trunk zu geben.

Mit seinen eigenen Worten hat er das folgen­der­ma­ßen formu­liert und es ist nicht ohne Reiz, sich in die Ausdrucks­wei­se seiner Zeit hineinzuversetzen:

»Einko­men der pfarr Oberko­chen an besol­dung, traid (Getrei­de), Eckern, wisen, Krautt­beth, holtz und kleinen Zehen­den, wie ich Johan Stöcker inhabe.

Erstlich ein behau­sung sampt einem gärtlein bei dersel­bi­gen, mehr beholt­zung von meinem gnädi­gen fürsten und herrn bei 18 oder 20 klaff­tern.
An traid.
Von einem amptschrei­ber zu Under­ko­chen, 16 malter beider­lei empfan­gen.
mehr 6 malter beider­lei giltkorn, von unser lieben fraun wegen zu Under­ko­chen.
mehr hat mir mein gnädi­ger fürst und herr an traid auß gnaden addiert 4 malter dinckel.
Im großen Zehen­den 4 tagwerck stro.
An gelt.
Järlich vom pfarrer zu Under­ko­chen empfan­gen 60 Gulden so unser liebe frau einem pfarrer zu Oberko­chen gibt.
mehr geben Ihre fürstl. Gnaden durch einem Amptschrei­ber 20 Gulden.
mehr haben Ihre fürstl. Gnaden järlich uf ostern gen Augspurg dem Vicario und Cathe­dra­to 1 Gulden.
mehr hat mein gnädi­ger fürst und herr mir auß gnaden addiert järlich 40 Gulden.
Item von heilig zu Oberko­chen 1 Gulden 17 Schil­ling. mehr kirch­wei­hung gelt 1/2 Gulden.
Darfür ein pfarrer schul­dig an der kirch­wei­hung vor dem gottes­dienst dem pflegen schult­hei­ßen, meener und (usw.) ein suppen und Heisch sampt einem trunck zu geben.«

Darüber­hin­aus bezog Johan Stöcker Natural­ein­künf­te aus den der Pfarrei gehören­den Wiesen (ca. 3 Tagwerk, das sind ca. 140 ar) und Äckern (ca. 60 ar), die er wohl selbst bearbei­te­te, und dem Kleinen Zehnten.

Der Zehnt ist die regel­mä­ßi­ge Abgabe des zehnten Teils vom landwirt­schaft­li­chen Ertrag. Der Große Zehnt wurde von allem erhoben, was mit dem Pflug bebaut wurde, so beson­ders von Dinkel, Roggen und Hafer; der Kleine Zehnt wurde von den Erzeug­nis­sen einge­zo­gen, die mit Hacke und Schau­fel bearbei­tet wurden, z.B. Hülsen­früch­te, Kraut, Rüben, aber auch Flachs, Hanf und Obst.

Dreiund­zwan­zig Oberko­che­ner Einwoh­ner waren zur Abgabe des Kleinen Zehnten an die Pfarrei verpflich­tet, wobei die Belas­tun­gen durch­aus diffe­rier­ten. So hatte beispiels­wei­se Hans Mecklin­ger »auß seinem haus allen kleinen Zehen­den in Dorff und feld mit sampt den Rüben« zu geben »ausge­nom­men ein strich­lin oben durch den garten hinab, so Jörgen Abelin gehörig«. Hans Binder gab »aus seinen lehn allen kleinen Zehen­den im Dorff und stall, ausge­nom­men Rieben (Rüben).« Melcher Strei­cher war für sein Feld zehnt­pflich­tig, ausge­nom­men war bei ihm »ein wäslein (Wieslein) beim Hauß, darauf drei äpfel­bäum genannt Ahlfin­ger«. Andere, wie Hans Gold, gaben den Zehnten nur aus den Äckern in der Brache.

Die Brache ist ein umgebro­che­nes, unange­bau­tes Feld. In der Dreifel­der­wirt­schaft erfolg­te der Umbruch des Acker­lan­des alle drei Jahre einmal. Nachdem die Sommer­ern­te einge­holt war, diente das Acker­land vom Herbst bis zum Frühjahr des folgen­den Jahres als Stoppel­wei­de. Im Sommer wurde es wieder­holt umgeackert, im Herbst dann die Winter­frucht einge­sät. Zum Teil besäte man das Brach­feld auch mit Futter­kräu­tern, Gemüse und Hülsenfrüchten.

Mit diesen Einkünf­ten konnte der Oberko­che­ner Pfarrer zu dieser Zeit leben. Es ist außer­or­dent­lich schwie­rig und proble­ma­tisch, die Kaufkraft eines Guldens der damali­gen Zeit auf die heuti­ge Situa­ti­on zu übertra­gen. Dazu haben sich die Werte für Häuser, landwirt­schaft­li­che Erzeug­nis­se, Vieh, Handwerks­pro­duk­te und Arbeits­leis­tun­gen über die Jahrhun­der­te zu unter­schied­lich entwi­ckelt. Mit allem Vorbe­hal­ten einer solchen Schät­zung könnte die Kaufkraft eines Guldens um 1600 heute etwa 100,- DM entspre­chen. Unter dieser Prämis­se belie­fen sich die Geldein­künf­te Johan Stöckers in heuti­gem Geldwert auf ca. 12000,- DM jährlich, dazu kamen — wie erwähnt — freie Wohnung, Brenn­ma­te­ri­al und Natura­li­en, die den Lebens­mit­tel­be­darf sicher weitge­hend deckten.

Die Aufzeich­nun­gen des Pfarrers Johan Stöcker sind nicht datiert. Das Schrift­bild (s. Abbil­dung) ließ vermu­ten, daß sie um 1600 geschrie­ben wurden. Unter­la­gen über die Amtszeit Stöckers lagen beim hiesi­gen katho­li­schen Pfarr­amt nicht vor. Hier sind die Pfarrer erst ab 1658 nament­lich bekannt; ältere schrift­li­che Aufzeich­nun­gen fielen wohl dem 30-jähri­gen Krieg zum Opfer. Weite­re Recher­chen im Staats­ar­chiv ergaben, daß Johan Stöcker 1588 geweiht wurde und von 1589 bis 1592 in Oberko­chen Pfarrer war. Ein freund­li­cher Hinweis eines Staats­ar­chiv­mit­ar­bei­ters verhalf mir schließ­lich zu einer wohl vollstän­di­gen Liste aller Pfarrer der katho­li­schen Pfarrei Oberko­chen von 1472 bis in die heuti­ge Zeit. Die bisher in Oberko­chen unbekannt geblie­be­nen Pfarrer sind nachste­hend genannt:

Oberkochen

Abkür­zun­gen:
comm. = commen­da­tus (ordent­li­che Pfarrei­über­tra­gung)
inv. = inves­tus (einge­setzt)
inv.abs. = inves­tus absens (einge­setzt, aber nicht am Ort, keine Präsenz­pflicht)
Mgr. = Monsignore

Quellen:
Staats­ar­chiv Ludwigs­burg
Signa­tur B389 Bü 909;
»Reihen­fol­ge der Pfarrer«, herausg. von Pfarrer Stefan Kreiss­mann,
Verlag Riedlin­gen Württ. o. J. (ca. 1949)
Stadt­ar­chiv Heiden­heim:
Fried­rich Lutz, »Altwürt­tem­ber­gi­sche Hohlma­ße«
Kohlham­mer, Stutt­gart 1938,
Fritz Verden­hal­ven, »Alte Münzen und Gewich­te aus dem deutschen Sprach­ge­biet«
Verlag Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1968,
Walter Keinath, »Orts- und Flurna­men in Württem­berg«
Verlag Schwäb. Albver­ein, Stutt­gart 1951
Herrn Stadt­ober­ar­chiv­rat Bauer, Aalen, danke ich für nützli­che Hinweise.

Dr. Joachim Kämmerer

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