Chris­ti­an Hornber­ger, (1831 — 1881)
Alter evange­li­scher Fried­hof (1583 — 1850)
Am Sonntag, 8. Novem­ber 1992, wurden im Rahmen des Festes zum 25. Geburts­tag der Versöh­nungs­kir­che an der alten evange­li­schen Kirche, heute Stadt­bi­blio­thek, 2 Gedenk­ta­feln enthüllt. Bürger­meis­ter Gentsch wies in seiner einlei­ten­den Würdi­gung darauf hin, daß die Initia­ti­ve zur Ferti­gung und Anbrin­gung der Tafeln vom Heimat­ver­ein ausging und Franz Holden­ried von der Stadt damit beauf­tragt wurde, die Tafeln zu schaf­fen, was ihm in hervor­ra­gen­der Weise gelun­gen ist.

Wir möchten heute, nachdem uns Herr Rolf Stelzen­mül­ler die brillan­ten Fotos gelie­fert hat, die Ausfüh­run­gen abdru­cken, die unsere beiden Mitglie­der in Vorstand und Ausschuß des Heimat­ver­eins während der besinn­li­chen halben Stunde anläß­lich der Enthül­lung der Tafeln gemacht haben.

Dietrich Bantel

Die Versöh­nungs­kir­che, deren fünfund­zwan­zig­jäh­ri­ges Jubilä­um wir feier­ten, ist die dritte und damit jüngs­te evange­li­sche Kirche Oberko­chens. Die zweite evange­li­sche Oberko­che­ner Kirche hat, nachdem sie für den Gottes­dienst zu klein gewor­den war, als Stadt­bi­blio­thek eine gute Verwen­dung gefunden.

Knapp 300 Jahre, von 1580 bis 1870, befand sich an dersel­ben Stelle die erste evange­li­sche Kirche, um deren Bau einst ein jahrzehn­te­lang sich hinzie­hen­der Prozeß geführt wurde. Selbst das in der Sache angeru­fe­ne Reichs­kam­mer­ge­richt kam zu keinem Urteil. Als der Prozeß ohne Ergeb­nis einge­schla­fen war, amtier­te in Oberko­chen schon der 11. evange­li­sche Pfarrer und die Kirche, um deren Bau gestrit­ten wurde, war bereits wieder repara­tur­be­dürf­tig geworden.

Als 36. Pfarrer wirkte in den Jahren 1827 — 1834 Johann Chris­ti­an Hornber­ger in Oberko­chen. Er wohnte auch im Kirchen­ge­bäu­de, denn die Kirche war ein »Mehrzweck­bau«. Sie enthielt im Erdge­schoß, das tief im Boden saß und deshalb stets feucht war, den Kirchen­raum, darüber lag die Pfarr­woh­nung, in der teilwei­se auch Schule gehal­ten wurde.

Auf dem Kirchen­are­al befan­den sich nicht nur Pfarr­scheu­er, Pfarr­gar­ten und Wasch­haus, das aber keine Wasser­lei­tung besaß, weil man das Wasser aus dem nahen Kocher schöp­fen konnte, sondern auch bis zum Jahre 1850 der Fried­hof der evange­li­schen Gemein­de hinter der Kirche.

Pfarrer Hornber­ger heira­te­te 1828 die Witwe des Königs­bron­ner Pfarrers Stein­ho­fer. Der erste Sohn dieser Pfarrers­leu­te, der in der Pfarr­woh­nung hier am 27. Oktober 1831 zur Welt kam und dort auch getauft wurde, war Chris­ti­an Hornber­ger, der in der Beschrei­bung des König­rei­ches Württem­berg von 1906 als berühm­ter Oberko­che­ner genannt ist. Dort heißt es: »Hier in Oberko­chen ist geboren als Pfarrers­sohn Chris­ti­an Hornber­ger, Missio­nar in Westafri­ka und Forschungs­rei­sen­der«, und wie wir heute hinzu­fü­gen können, der erste, der im Bereich der Missi­on zur Dokumen­ta­ti­on seiner Tätig­kei­ten und Forschun­gen die damals noch junge Fotogra­phie benutzt hat.

Chris­ti­an Hornber­ger war mit Leib und Seele Missio­nar, aber er war nicht nur Missio­nar, er besaß ein großes Herz für die Menschen und einen guten Blick für das Land. Er unter­nahm drei große Forschungs­rei­sen in Westafri­ka im Gebiet der heuti­gen Staaten Ghana, Togo und Obervol­ta. Er berich­te­te in wissen­schaft­li­cher Weise über Land und Leute, Sitten und Gebräu­che, erforsch­te die Sprache der Eweer und übersetz­te in sie. Hornber­ger dokumen­tier­te seine Erkennt­nis­se fotogra­fisch, ja er betätig­te sich sogar als politi­scher Friedens­stif­ter zwischen engli­schen Koloni­al­her­ren und Einge­bo­re­nen. Er leite­te ab 1876 die gesam­te Missi­ons­ar­beit der Norddeut­schen Missi­on vor Ort als General-Präses, heute würde man wohl Bischof sagen. Er starb als Fünfzig­jäh­ri­ger 1881 in Afrika und wurde unter großer Anteil­nah­me von Schwar­zen und Weißen in Keta begraben.

Lange Zeit war Chris­ti­an Hornber­ger in Verges­sen­heit geraten. Erst mit der seit einigen Jahren einset­zen­den Besin­nung auf heimat­kund­li­che Werte und Themen, an der unser Heimat­ver­ein einen nicht unbedeu­ten­den Anteil hat, wurde er wieder entdeckt.

Dem Geden­ken an diesen Sohn Oberko­chens, Missio­nar und Bischof, Forscher und Fotograf, gilt die am 8. Novem­ber 1992 enthüll­te Tafel an seinem Geburts­haus, die auch die wichtigs­ten Daten der evange­li­schen Kirchen Oberko­chens nennt.

Oberkochen

Schon über 400 Jahre, seit 1583 besteht die evange­li­sche Kirchen­ge­mein­de in Oberko­chen. Hier an diesem Platz wurde damals die erste evange­li­sche Kirche erbaut. Hinter der Kirche wurde der Kirch­hof angelegt, der bis zum Kocher reich­te und im Norden an den katho­li­schen Kirch­hof angrenz­te. Es sind heute noch einige Oberko­che­ner Famili­en ansäs­sig, die in gerader Linie mit den Verstor­be­nen, die auf diesem Kirch­hof beigesetzt wurden, verwandt sind.

Sie werden jetzt fragen, was sollen diese Ausfüh­run­gen heute bei der Feier der 25-jähri­gen Grund­stein­le­gung für die Versöhnungskirche.

Wie Sie wissen, hat die evange­li­sche Kirchen­ge­mein­de im Jahre 1973, die alte Kirche, die nun nicht mehr ihrem Bauzweck dienen konnte, an die Stadt Oberko­chen verkauft.

Im Frühjahr dieses Jahres wurde der Platz hinter der frühe­ren Kirche im Rahmen des Kocher­sa­nie­rungs­pro­gram­mes durch die Stadt Oberko­chen für die Erstel­lung eines Regen­rück­hal­te­be­ckens bebaut.

Bei den Grabar­bei­ten wurden auch noch Überres­te aus dem frühe­ren Kirch­hof gefun­den. Diese wurden auf Veran­las­sung des Heimat­ver­eins gebor­gen und in der vergan­ge­nen Woche wieder in würde­vol­ler Weise der Erde überge­ben. Um uns allen und den nach uns Kommen­den, diesen histo­ri­schen Platz in Erinne­rung zu halten, werden wir heute eine Gedenk­ta­fel enthül­len mit folgen­dem Wortlaut:

Oberkochen

Ich möchte hier an dieser Stelle im Auftrag der evange­li­schen Kirchen­ge­mein­de, der Stadt Oberko­chen, dem Gemein­de­rat und Herrn Bürger­meis­ter Gentsch, herzli­chen Dank sagen für die Bereit­schaft, die Gedenk­ta­fel ferti­gen zu lassen und für die Anbrin­gung an der frühe­ren evange­li­schen Kirche — der heuti­gen Stadtbibliothek.

Bevor wir im Anschluß an diese Gedenk­fei­er zum evange­li­schen Fried­hof an der Katzen­bach­stra­ße gehen, möchte ich Ihnen aus der Ortchro­nik, die von Herrn Pfarrer Römer aufge­zeich­net wurde, und die damali­ge Situa­ti­on aus dem Jahre 1850 schil­dert, in Ausschnit­ten zitieren.

»Am 29. Juli 1850, Anfang des Kirch­hof­bau­es.
Der evang. Kirch­hof befand sich bisher hart neben dem Pfarr­ho­fe und nur durch einen alten verwit­ter­ten Zaun von diesem getrennt und hinter dem Brauhau­se des Hisch­wirths. Inner­halb des Pfarr­ho­fes führte ein neben dem an der Ecke des Hirsch­wirt­hau­ses angebau­ten Schwei­ne­stal­le ein hölzer­nes braun angestri­che­nes Stake­ten­thor in den Kirch­hof, der ziemlich beschränkt war und trotz der mehre­ren teilwei­se sehr hübschen eiser­nen Kreuz­denk­ma­le, die ihn neben den vielen hölzer­nen zierten, ein sehr ärmli­ches verfal­le­nes Ausse­hen hatte. Dieses und das Unheim­li­che, welches ein Kirch­hof in der Nähe von Wohnge­bäu­den immer hat, so wie beson­ders auch Gesund­heits­rück­sich­ten hatten die Verle­gung des Kirch­hofs an einen Platz in einiger Entfer­nung vom Dorfe, wie es gesund­heits­po­li­zei­li­che Vorschrif­ten fordern, schon längst wünschens­wert gemacht.

Die Baupflicht für den evang. Kirch­hof (wie auch das evang. Pfarr­haus) liegt der Königl. Staats­fi­nanz-Verwal­tung ob und es wurden nun im Laufe des Jahres 1850 ernst­li­che Anstal­ten gemacht, den bishe­ri­gen Übelstand der Nähe des Kirch­hofs zu heben und einen Neuen außer­halb des Dorfes zu erbau­en. Die deshalb einge­lei­te­ten Verhand­lun­gen finden sich theils in der Pfarr-Regis­tra­tur, theils in dem Stiftungsrathsprotokollbuche.

Hirsch­wirth Fuchs, der den bishe­ri­gen Kirch­hof als Platz an seinem Hause sehr nothwen­dig brauchen konnte, wurde veran­laßt, gegen Überlas­sung wenigs­tens des größe­ren Theils dessel­ben zu seiner Hofrai­the einen geeig­ne­ten Acker in der Nähe des Dorfes zu einem Kirch­ho­fe herzu­ge­ben. Er kaufte nun einen solchen von dem Nachbar Johan­nes Grupp in nordwest­li­cher Richtung vom Dorf gelegen, welcher sofort auf Kosten der Herrschaft mit einer Einfas­sungs­mau­er verse­hen wurde.

Der neue evange­li­sche Kirch­hof wurde im Monat Septem­ber (oder Anfangs Oktober) 1850 vollendet. Er ist 150 ’ lang und 60 ’ breit und enthält 1/8 Morgen, 30 Ruthen.

Er kann, da der dazu angekauf­te Acker nicht nach seinem ganzen Umfan­ge zum Kirch­hof verwen­det wurde, sondern der noch freie Platz hinter der nördli­chen Seite der Mauer noch dazu gehört, jeder Zeit durch Verrü­cken dieser Mauer­sei­te noch bedeu­tend erwei­tert werden«.

Soweit das Zitat aus der Ortschro­nik aus dem Jahre 1850.

Karl Unfried

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