Vor 20 Jahren, genau am 2.10.1972 (BuG v. 6.10.72), beschloß der Gemein­de­rat, den »Römer­kel­ler«, der ein Jahr zuvor von Schülern des Gymna­si­ums unter meiner Leitung und der Betreu­ung durch Kreis­ar­chi­var Bernhard Hilde­brand sen. vom Landrats­amt Aalen ausge­gra­ben worden war, zu konservieren.

Aus diesem Anlaß soll in einigen kurzen Berich­ten auf Beson­der­hei­ten hinge­wie­sen werden, die im Zusam­men­hang mit Funden inter­es­sant und bisher weitge­hend unbekannt geblie­ben sind.

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Unter vielen Keramik‑, Metall- und Glasbruch­stü­cken wurde auch ein Stück römischen Betons gebor­gen. (Abbil­dung 1).

Die Fachbe­zeich­nung hierfür ist OPUS CAEMENTITIUM. »Opus« bedeu­tet soviel wie Werk, Bauwerk, Bauteil, Bauver­fah­ren, »caemen­ti­ti­um« soviel wie behaue­ner Stein, Bruch­stein, Mauer­stein, Zuschlag­stoff. Unser heuti­ges Wort »Zement« leitet sich von »caemen­ti­ti­um« ab, »caemen­ti­ti­um« wurde mit »materia« oder »mortar« (Mörtel) gemischt und ergab nach Erhär­tung des Binde­mit­tels ein druck­fes­tes Konglo­me­rat­ge­stein, dessen Ausse­hen dem heuti­gen Beton durch­aus entspricht.

Die Form des aus diesem Materi­al gegos­se­nen Bauteils, sei es Funda­ment, Wand, Decke oder Gewöl­be, wurde schon zur Römer­zeit durch Verscha­lun­gen und Lehrge­rüs­te bestimmt, die nach dem Abbin­den des »Betons« entfernt und erneut verwen­det werden konnten.

Es ist zu vermu­ten, daß die römischen Baumeis­ter bei ihren Überle­gun­gen durch den Natur­stein »Nagel­fl­uh« angeregt wurden, da sie dieses Gestein auch als Baustein verwen­de­ten. Dieses häufig als »Natur­be­ton« bezeich­ne­te Natur-Konglo­me­rat besteht meist aus Kieseln, Sand und kalki­gen Binde­mit­teln. Den Bergstei­gern ist »Nagel­fl­uh« ein guter Bekann­ter. Zwischen Sontho­fen und dem Bregen­zer Wald erstreckt sich im Allgäu eine ganze Vorge­birgs­ket­te aus diesem Gestein, die sogenann­te Nagel­fl­uh­ket­te mit Stein­eberg, Stuiben, Rindalp­horn, Hochgrat, weiter dann in Öster­reich mit dem Falken und dem Hohen Hädrich. Dieses Gestein kommt auch auf der italie­ni­schen Voral­pen­sei­te als angeschwemm­tes Sekun­där­ge­stein vor, ein Sediment, das im Terti­är dann aufge­fal­tet wurde.

Nagel­fl­uh ist nichts anderes als ein von der Natur hervor­ge­brach­ter natür­li­cher »Beton«, der dem heuti­gen Beton verblüf­fend ähnelt.

Eines der berühm­tes­ten Beispie­le, wo die Römer »Beton« verwen­de­ten, ist das Panthe­on in Rom. Hier gingen die Archi­tek­ten so weit, daß, je höher sie beim Bau kamen, sie umso leich­te­res Materi­al bei der Herstel­lung des Betons verwen­de­ten, um vor allem auch das Gewicht der Kuppel zu reduzieren.

Im Funda­ment wurde verwen­det: Beton aus Traver­tin­bro­cken, im aufge­hen­den Mauer­werk: Traver­tin und Tuff, ungefähr in der Mitte: Ziegel- und Tuffbro­cken, im unteren Bereich der Kuppel: Ziegel­split und Tuffbro­cken, und oben in der Kuppel: Tuff- und Bimsbrocken.

Im Zusam­men­hang mit »künst­li­chem« römischem Stein ist auch ein Estrich-Bruch­stück aus dem Römer­kel­ler von Inter­es­se (Abbil­dung 2).

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Es zeigt zweier­lei in aller Deutlich­keit: Zum einen sind Brand­spu­ren bis in eine Tiefe von über 1 cm im Fußbo­den nachweis­bar; zum andern ist eben diese schwar­ze Brand­schicht mit einer harten weißli­chen Kalkschicht überstri­chen, der Beweis dafür, daß zumin­dest eine Teilflä­che des Fußbo­dens nach einem Brand weiter­be­nützt wurde.

Die Funde der Römer­kel­ler-Grabung von 1971 werden ab Mitte nächs­ten Jahres im Heimat­mu­se­um zu besich­ti­gen sein.
Quelle: Schrif­ten­rei­he der Fronti­nus-Gesell­schaft, Heft 10/1987, Prof. Dr. Lamprecht, und eigenes Material.

Dietrich Bantel

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