Im Novem­ber 1892 nahm Laißle eine Änderung im Rechts­sta­tus seiner Firma vor. Die »Hugo Laißle Präzi­zi­ons­zie­he­rei und Spezi­al­fa­bri­ka­ti­on von Trans­mis­sio­nen« wurde vom Amtsge­richt als erloschen erklärt. An ihre Stelle trat eine »offene Handels­ge­sell­schaft zum gemein­schaft­li­chen Betrieb einer Maschi­nen­fa­bri­ka­ti­on. Gesell­schaf­ter, deren jeder für sich zeich­nungs­be­rech­tigt ist, sind: 1) Hugo Laißle, Fabri­kant in Oberko­chen, 2) Julius Kaufmann, Kaufmann in Notting­ham in England«.

Weltaus­stel­lung in Chica­go
Im Jahre 1893 fand in Chica­go eine Weltaus­stel­lung statt. Aus Ostwürt­tem­berg waren dort vertre­ten: Kassen­schrank­fa­brik Oster­tag aus Aalen, Verband­stoff­a­brik Hartmann aus Heiden­heim, Finger­hut­fa­brik Sörgel und Sollmay­er aus Schw. Gmünd, Firma Steiff aus Giengen und Hugo Laißle, Maschi­nen­fa­brik in Oberko­chen und Reutlin­gen. Und somit konnte Oberko­chen damals schon eine Weltfir­ma sein eigen nennen.

Politi­sche Betäti­gung
Hugo Laißle war nicht nur Geschäfts­mann, er engagier­te sich auch politisch, stand aber weder auf Seiten der in Oberko­chen sehr starken Zentrums­par­tei, noch hielt er es mit der in Aalen einfluß­rei­chen Sozial­de­mo­kra­tie. Sein Herz schlug für die »Freisin­ni­ge Volks­par­tei«, bei der er im Jahre 1893 das Amt des Schrift­füh­rers übernahm.

Im Vorfeld des Wahlkamp­fes zur Landtags­wahl des Jahres 1894 ist von einer harten Diskus­si­on berich­tet, die Laißle mit dem sozial­de­mo­kra­ti­schen Kandi­da­ten Agster hatte. Er hörte sich zunächst die Argumen­ta­ti­on Angst­ers an »und bedau­er­te, daß dieser nicht der Volks­pa­rat­ei angehö­re, denn in manchen Punkten habe er ihm aus dem Herzen gespro­chen. Jedoch habe er der Volks­par­tei Unrecht getan, denn sie bemühe sich, für das Wohl des Volkes zu arbei­ten … Er könne den Zukunfts­träu­men Angst­ers nicht folgen, denn dieser verspre­che den Leuten Sorglo­sig­keit, und das sei nicht gut«. Dagegen protes­tier­te Agster heftig, was Laißle seiner­seits nicht gelten ließ und nochmals mit Vehemenz die Positi­on seiner Partei vertrat, was aller­dings insge­samt nicht viel bewirk­te: Seine Partei lande­te mit 10 % Stimmen­an­teil im Oberamt Aalen auf der letzten Position.

Das Ende
Der »Offenen Handels­ge­sell­schaft« Laißle-Kaufmann war keine lange Dauer beschie­den. Bereits nach einem Jahr stieg der »Englän­der« aus und die Gesell­schaft galt »als durch Überein­kunft erloschen«. Hugo Laißle, »Fabri­kant in Oberko­chen, Inhaber einer Maschi­nen­fa­brik«, führte ab 21. Novem­ber 1893 die Firma als »Hugo Laißle & Co., Haupt­nie­der­las­sung Oberko­chen« allein weiter, was aber die Talfahrt des Unter­neh­mens nicht aufhal­ten konnte.

Im Dezem­ber des Jahres 1894 gab Laißle seine Oberko­che­ner Wohnung auf, melde­te sich als Oberko­che­ner Bürger ab und zog nach Cannstatt in die Heimat seiner Frau. Gerichts­voll­zie­her Knödler aus Aalen beraum­te auf den 8. Dezem­ber 1894 »im Auftrag des Herrn Hugo Laißle eine Fahrnis­ver­stei­ge­rung aus freier Hand und gegen Barzah­lung an«. Zum Verkauf standen u. a. »Chaisen und Schlit­ten mit Geschir­ren, Pritschen- und Leiter­wa­gen, je 30 Ztr. Heu und Stroh, ein Bücher­schrank, zwei Betten, Tische, Stühle und viele Truhen, Säcke und eine neue Mosterei«.

Das endgül­ti­ge Aus kam am 28. Febru­ar 1895: »Der bishe­ri­ge Geschäfts­in­ha­ber Hugo Laißle, Ingenieur, übergibt die Fortfüh­rung der seithe­ri­gen Firma Gottlieb Günther, Ingenieur in Oberko­chen, Inhaber einer Präzi­si­ons­zie­he­rei«. Weiter wird verein­bart, »das Nachfol­ge­ver­hält­nis im Namen der neuen Firma durch einen Zusatz« zu bezeichnen.

Einem Kometen gleich
Hugo Laißle war nur fünf Jahre lang in Oberko­chen tätig gewesen. Einem Kometen gleich erschien er am jungen Oberko­che­ner Indus­trie­him­mel, setzte einiges in Bewegung, erstrahl­te durch Teilnah­me an der Weltaus­stel­lung in globa­lem Glanz, verschwand aber beina­he sang- und klang­los bis — um im Bild zu bleiben — auf den noch lange Zeit sicht­ba­ren Kometen­schweif, denn Hugo Laißle war in Oberko­chen noch 35 Jahre im Firmen­na­men des Nachfol­gers präsent. Dieser laute­te: »Gottlieb Günther, vormals Hugo Laißle u. Cie.«. Erst mit Erlöschen der Firma im Jahre 1930 und der Neugrün­dung der Nachfol­ger­fir­ma »Günther und Schramm« verschwand der Name Hugo Laißle aus Oberko­chen. Näheres hierzu findet sich in den HVO-Berich­ten Nr. 23 und Nr. 33.

Oberkochen

Zum Bild:
Das Foto zeigt die Ehren­ta­fel der Fa. »Gottlieb Günther, vormals Hugo Laißle & Co., Oberko­chen«, die zum Geden­ken an die im ersten Weltkrieg gefal­le­nen Betriebs­an­ge­hö­ri­gen Ludwig Buck, Heinrich Seitz, Jakob Sapper und Karl Sapper errich­tet wurde.

Jakob und Karl Sapper sind Söhne von Wilhelm und Magda­le­ne Sapper geb. Holz. Jakob starb im Septem­ber 1918 im Lazarett in Le Havre, Karl fiel in Frank­reich im Jahre 1918 (zwei weite­re Söhne Konrad und Wilhelm kehrten ebenfalls nicht aus dem Krieg heim). Auf dem Bild zum HVO-Bericht 159 (13.3.92) sind Konrad, Jakob und Wilhelm Sapper als Schüler zu sehen.

Heinrich Seitz war als Soldat in Frank­reich gewesen. Er hatte in den Vogesen, in Flandern, an der Senne und bei Ypern gekämpft und war todkrank nach Hause entlas­sen worden, wo er am 21. März 1918 starb. Er war verhei­ra­tet und hinter­ließ eine Frau und fünf Kinder. Über Ludwig Buck sind in den Oberko­che­ner Kirchen­bü­chern keine Daten zu finden. Mag sein, daß er von auswärts war.

Volkmar Schrenk

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