In den drei am selben Tag durch Schult­heiß Wingert veröf­fent­lich­ten Ausschrei­bun­gen werden Oberko­che­ner »Dauer­bren­ner« angespro­chen: Schul­häu­ser, man hatte wegen der beson­de­ren Situa­ti­on Oberko­chens ja zwei zu unter­hal­ten, und der Wasserleitungsbau.

a) Zur Herstel­lung einer Brunnen­lei­tung aus gußei­ser­nen Röhren werden ausge­schrie­ben:
Grab-Arbeit 232 M. 50 / Rohre legen 496 M. 10
Maurer-Arbeit 68 M. 80 / Guß-Eisen 194 M.

Leider ist nicht berich­tet, wo die Leitung gelegt werden sollte. Sicher­lich nicht im Jäger­gäß­le, denn noch im Jahre 1892 beschloß der Gemein­de­rat, dort »eine Brunnen­lei­tung vorerst nicht erstel­len zu lassen«. Statt dessen sollte eine Stutt­gar­ter Firma mit der Unter­su­chung beauf­tragt werden, ob dort »nicht ein artesi­scher Brunnen erstellt werden könne«.

b) Am evange­li­schen Schul­haus, es stand damals an der Ecke der heuti­gen Aalener Straße und Bürger­meis­ter-Bosch-Straße und ist nicht mehr vorhan­den, waren Renovie­run­gen notwendig:

Maurer­ar­beit 21 M. 56 / Gipser­ar­beit 340 M. 95
Anstrich­ar­beit 81 M. 87 / Flasch­ner­ar­beit 12 M. 00

c) Auch das katho­li­sche Schul­haus, heute das sog. alte Schwes­tern­haus neben der Kirche, war sanie­rungs­be­dürf­tig: Zimmer­ar­beit 189 M. 55
Schlos­ser­ar­beit 51 M. 40 / Flasch­ner­ar­beit 109 M. 41

Für sämtli­che Ausschrei­bun­gen waren schrift­li­che Angebo­te einzureichen.

Mühlen­ar­ti­kel zu verkau­fen (31. Juli 1877)
Weil Müller Kaspar Schee­rer seine Mühle um- und teilwei­se neuge­baut hatte, schrieb er entbehr­lich gewor­de­nes Inven­tar zum Verkauf aus:

Gerbcy­lin­der samt Getrie­be, Sandstein­läu­fer mit 1 m Durch­mes­ser, Gerbbo­den und Gerbläu­fer, 2 Kammrä­der mit je 90 Zähnen, alles noch verwend­bar und in gutem Zustand.

Gantsa­che (24. Septem­ber 1877)
Nahezu in jeder Zeitungs­aus­ga­be finden sich Angaben aus dem Oberamts­be­zirk über Zwangs­voll­stre­ckun­gen, wobei stets der Name des Betrof­fe­nen genau angege­ben war. Man sprach von »Gantsa­che«, die »im öffent­li­chen Aufstreich«, d.h. durch Verstei­ge­rung an den Meist­bie­ten­den, verkauft wurde. Der Käufer mußte ein »obrig­keit­li­ches Vermö­gens­zeug­nis vorwei­sen«, bei größe­ren Objek­ten waren auch Raten­zah­lun­gen durch sog. »Zieler« möglich (Darle­hen mit Zins- und Rückzah­lungs­ter­min auf Marti­ni eines jeden Jahres).

Im Septem­ber 1877 hatte das Schick­sal auch bei einem Oberko­che­ner Handwer­ker zugeschla­gen. Das Aalener Gerichts­no­ta­ri­at bot zum Verkauf im öffent­li­chen Aufstreich an:

zweisto­cki­ges Wohnhaus und Hofraum 860 M.
Wasch­haus 100 M.
Garten beim Haus 70 M.
(Wohnungs­recht der Schwie­ger­el­tern bestand wei terhin)
39 a Acker im Thier­stein an der Lochsteig 350 M.
14 a Acker beim Schla­cken­weg 350 M.
15 a Wiese im Birkach 380 M.

Geschwo­re­nen-Liste (20. Novem­ber 1877)
Der Direk­tor des Kreis­ge­richts­hofs Ellwan­gen gab am 20. Novem­ber 1877 die Haupt­ge­schwo­re­nen-Liste für das Jahr 1878 bekannt. Unter den 37 Geschwo­re­nen aus dem Oberamts­be­zirk Aalen waren auch zwei Oberko­che­ner:
Xaver Geißin­ger, Bäcker in Oberko­chen und
Joseph Seitz, Krämer in Oberkochen.

Arzt (20. Novem­ber 1877)
Nicht in Oberko­chen hatte sich ein Arzt nieder­ge­las­sen, sondern in Königs­bronn empfahl sich auch den Oberko­che­nern Dr. Heinrich Schmid als »Arzt, Wundarzt und Geburts­hel­fer, sowie als Augen- und Ohren­arzt. Sprech­stun­den an Wochen­ta­gen von 2 — 3 Uhr, an Sonnta­gen 10 — 11 Uhr«.

Preise (26. Dezem­ber 1877)
Eine Übersicht über Lebens­mit­tel­prei­se, wie sie auf den Wochen­märk­ten in Aalen und Ellwan­gen am 22. Dezem­ber galten, sei noch angeschlos­sen:
1 Ztr. Kartof­feln 2 M 40 Pfg.
1 Gans 4 M. 30 Pfg.
1 Henne — 70 Pfg.
1/2 Kilo Butter — 85 Pfg.
4 Eier — 28 Pfg.
Fleisch (1÷2 Kilo): Ochsen­fleisch 68 Pfg.
Rind‑, Kalb‑, Schwei­ne­fleisch 64 Pfg.
Hammel­fleisch 60 Pfg.

Damit ist der Nachrich­ten­vor­rat des Jahres 1877, soweit er sich aus der Aalener Kocher­zei­tung ablesen läßt, erschöpft. Sicher­lich ergibt sich aus den Meldun­gen kein vollstän­di­ges Bild dessen, was die Oberko­che­ner in jedem Jahr beweg­te und umtrieb, denn vieles stand, wie heute auch, nicht in der Zeitung. Dorfnach­rich­ten verbrei­te­ten sich von Mund zu Mund, und schließ­lich gab es noch die Amtsper­son des »Büttels« der »ausschell­te«.

Auch Schult­hei­ßen­amts­pro­to­kol­le oder die Proto­kol­le der Kirchen­ge­mein­den könnten weite­re Aufschlüs­se vermit­teln. Dennoch entstand wohl ein buntes Mosaik dessen, was damals wichtig war, ein Bild vom Leben in Oberko­chen zur »guten alten Zeit«. Bleibt die Frage, ob sie es tatsäch­lich war?

Oberkochen

Zum Bild:
Im Jahre 1877 waren die auf dem Foto in festli­chem Schwarz Geklei­de­ten 27 Jahre alt und haben also alles, was damals in der Zeitung stand, miter­lebt, und einiges dazu! Bei ihrem Fünfzi­ger­fest im Jahre 1900 waren sie wieder beiein­an­der und ließen sich mit einigen ihrer Kinder, die in Weiß und mit Kränz­chen im Haar die Atmosphä­re auflo­cker­ten, vor dem alten Forst­haus im Jäger­gäß­le fotografieren.

Die Namen, mit Ausnah­me der beiden Frauen in der Bildmit­te, hat Kuno Gold überlie­fert (jew. v. li.):

Gruppe links: Anna Maria Hofmann, dahin­ter Anton Gold (Zieglers Tone), Johan­nes Mauser und Frau

Männer Mitte hinten: Joseph Grupp, Georg Stauden­ecker, Franz Anton Gold (Goldab­äu­erle), Johann Schmid (Bachbeck), Franz Truckenmüller

Gruppe rechts: hinten: Kaspar Kolb, Micha­el Frank vorne: There­sia Mauser geb. Wingert, Karl Hofmann (Uhrmä­cher­le), Vikto­ria Gold geb. Weber (Marks v. Hagenbucherhof)

Mädchen (weißge­klei­det): Vikto­ria Grupp, Monika Frank (später verh. Hassin­ger), Luzia Gold (später Schw. Theodo­lin­de), Thekla Bezler (später verh. Klaus), Magda­le­na Schmid (Bachbeck), Katha­ri­na Hofmann (später verh. Holz).

Volkmar Schrenk

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