Die folgen­den Notizen aus dem Jahre 1877 bezie­hen sich auf die Aalener Kocher-Zeitung, die als Amtsblatt für den Oberamts­be­zirk Aalen und Umgebung auch Nachrich­ten aus Oberko­chen veröf­fent­lich­te. Jeweils am Diens­tag, Donners­tag und Samstag (mit Unter­hal­tungs­blatt für den Sonntag) erschei­nend und norma­ler­wei­se vier Seiten umfas­send, koste­te das Halbjah­res­abon­ne­ment im Oberamts­be­zirk 3 Mark.

Für Oberko­chen hatten damals Wald- und Holzwirt­schaft große Bedeu­tung. Ein großer Teil der Zeitungs­mit­tei­lun­gen bezieht sich auf Holzver­käu­fe. Dafür ein Beispiel:

Holzver­kauf (15. Januar 1877)
Das Forst­amt Heiden­heim, Revier Oberko­chen, schreibt im Staats­wald Zeller­hau und Büchle einen Holzver­kauf aus. Angebo­ten werden u.a. »58 Laubholzd­erb­stan­gen, 428 Rm buchene Prügel, 20 Rm birkene Prügel, 1600 buchene Wellen … Zusam­men­kunft »bei den Kohlplat­ten im Langenteich«.

Sparstrümp­fe leeren! (15. Januar 1877)
Im Jahre 1803 war das württem­ber­gi­sche Oberamt Aalen mit sieben weite­ren Schult­hei­ßen­äm­tern (u.a. auch Oberko­chen) gebil­det worden. Die alten Münz- und Maßsys­te­me galten zunächst weiter. Doch spätes­tens im Jahre 1871 war das Ende für Schef­fel und Simri, für Rute, Schuh und Zoll, für Tagwerk und Morgen, für Lot und Quent gekom­men. Gulden, Taler, Heller und Kreuzer wurden durch Mark und Pfenni­ge ersetzt: »Nach dem 15. Febru­ar 1877 sind Zweita­ler- und Eindrit­tel­ta­ler­stü­cke nicht mehr gesetz­li­ches Zahlungs­mit­tel«, so stand in der Zeitung und die Bevöl­ke­rung wurde aufge­for­dert, die fragli­chen Münzen umzutauschen.

Ergeb­nis der Reichs­tags­wahl (20. Januar 1877)
Anfang des Jahres hatten Wahlen zum Berli­ner Reichs­tag statt­ge­fun­den. Haupt­kon­tra­hen­ten im Wahlkampf waren gewesen der Landtags­ab­ge­ord­ne­te Dr. Moritz Mohl (er wurde im Juni 1880 zum Ehren­bür­ger von Aalen ernannt) und sein Ellwan­ger Abgeord­ne­ten­kol­le­ge im Landtag Rektor Leonhard vom Zentrum. Das Wahler­geb­nis lautete:

Oberkochen

Obwohl Mohl in der Stadt Aalen glänzend abgeschnit­ten hatte und auch im Bezirk vorne lag, gewann Leonhard, der in Oberko­chen gut angekom­men war, den Reichstagssitz.

Steck­brie­fe (23. März 1877)
Steck­brie­fe des König­li­chen Amtsge­richts waren in der Zeitung nicht selten zu finden. Straf­ta­ten, Schul­den, unehe­li­che Kindschaf­ten ließen einzel­ne Perso­nen unter­tau­chen, so daß sie öffent­lich gesucht werden mußten. Im März 1877 traten sechs junge Männer nicht zum Militär an. Sie wurden steck­brief­lich wegen »Verlet­zung der Militär­pflicht« gesucht. Unter ihnen waren auch zwei Oberkochener.

Tongru­ben Verpach­tung (28. April 1877)
Förster Fröhner, der später bei seiner Verset­zung nach Göppin­gen zum Ehren­bür­ger von Oberko­chen ernannt wurde, schreibt als Leiter des König­li­chen Revier­amts Oberko­chen: »Tongru­ben-Verpach­tung.

Nachdem die am 3. d.M. erfolg­te Verpach­tung der Tongru­be im Zeller­hau höheren Orts nicht geneh­migt worden ist, so wird diesel­be am Montag, dem 30. d.M. vormit­tags um 9 Uhr im Gasthaus zum Hirsch dahier wieder­holt verpach­tet werden«.

Damit ist ein weite­rer wichti­ger Gewer­be­zweig Oberko­chens angespro­chen, die Hafne­rei. Die folgen­de Meldung spricht den dritten Bereich an, die Landwirt­schaft und Schafhaltung.

Hammel zugelau­fen (11. Mai 1877)
»Bei seiner Reise vom Ungeheu­er­hof bei Backnang auf die hiesi­ge Sommer­wei­de ist dem Gottlob Doderer, Waidschä­fer dahier, ein Hammel­jähr­ling spani­scher Rasse einge­stan­den«, so gibt Schult­heiß Wingert bekannt. Der recht­mä­ßi­ge Eigen­tü­mer wird aufge­for­dert, sich inner­halb von 14 Tagen zu melden, »andern­falls weite­re Verfü­gung getrof­fen wird«. Ob das Tier abgeholt wurde oder im Zuge »weite­rer Verfü­gung« in Oberko­che­ner Suppen­töp­fen und Braten­pfan­nen verschwand, ist nicht berichtet.

Oberkochen

Ergeb­nis der Volks­zäh­lung (5. Juni 1877)
Am 1. Dezem­ber 1875 hatte eine allge­me­nie Volks­zäh­lung statt­ge­fun­den. Sie sollte Erkennt­nis­se zum Bevöl­ke­rungs­wachs­tum vermit­teln. Aber die Zahlen waren auch »in Betreff der Belegungs­fä­hig­keit der einzel­nen Orte bei Einquar­tie­run­gen« zugrun­de zu legen.

Nach andert­halb Jahren hatten die könig­li­chen Statis­tik­be­am­ten das Ergeb­nis beisam­men. Die Gemein­de Oberko­chen (Ergeb­nis in Spalte 6) war in den Kernbe­reich (Spalte 5) und in die Außen­be­zir­ke Kreuz­müh­le (Sp. 1), 01- und Schleif­müh­le (Sp. 2), Schla­cken­wä­sche (Sp. 3) und Ziegel­hüt­te beim Ölwei­her (Sp. 4) einge­teilt. Die festge­stell­ten Zahlen lauteten:

Oberkochen

Zum Vergleich seien Einwoh­ner­zah­len einiger anderer Orte genannt:
Aalen: 5942; Unter­ko­chen: 1741; Essin­gen: 1776; Wasser­al­fin­gen: 3392; Unterrom­bach: 1481.

Feuer­ver­si­che­rungs­agen­tur (5. Juni 1877)
Dem Oberko­che­ner Gemein­de­pfle­ger Joseph Schübel wurde eine Agentur der »Aache­ner & Münche­ner Feuer­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft« übertra­gen. Dies wird »öffent­lich bekannt gemacht« und Herr Schübel erklärt sich »zur Ertei­lung von Auskunft und Annah­me von Anträ­gen gerne bereit«.

Kreuz­müh­le übernom­men (8. Juni 1877)
Müller Carl Elser »macht seinem verehr­li­chen Publi­kum von hier und der Umgebung die Anzei­ge, daß er das Anwesen des Müllers Grupp dahier käuflich erwor­ben hat«. Vom 1. Juni ab führe er das Geschäft auf eigene Rechnung und er werde bestrebt sein, die Kundschaft zufrie­den zu stellen. »Auch wird bemerkt, daß jeden Montag zur Schran­ne nach Aalen und jeden Samstag nach Heiden­heim« gefah­ren wird.

Der Anzei­ge ist die Bemer­kung zugefügt, »bei Obigem sei fortwäh­rend Gips (»Gyps) das Sri. zu 25 Pfg. zu haben«. Eigent­lich war das Simri (abgk. Sri) ein Getrei­de­maß. 8 Simri ergaben 1 Schef­fel, 4 Vierlin­ge machten einen Simri aus, der etwa 22 Liter faßte.

Volkmar Schrenk

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