Zufäl­lig fiel mir kürzlich beim Stöbern in einer Buchhand­lung ein Sonder­druck aus den Veröf­fent­li­chun­gen für Natur­schutz und Landschafts­pfle­ge Baden-Württem­berg über Hülben des Albuches und des Härts­fel­des in die Hände. Nun bin ich seit der Arbeit für den im Heimat­buch veröf­fent­lich­ten Artikel über die Indus­tria­li­sie­rung von Oberko­chen, den mein Mann und ich gemein­sam verfaßt haben, faszi­niert von allem, was mit dem Thema Wasser zusam­men­hängt. Denn damals wurde mir bewußt, von welch entschei­den­der Bedeu­tung, über jedes elemen­ta­re existen­ti­el­le Bedürf­nis hinaus, es für jede Art von mensch­li­chem Fortschritt war und ist. Hülben, diese kleinen Weiher und Tümpel der verkars­te­ten Albhoch­flä­che, zu denen auch die durch Kocher und Brenz zerschnit­te­ne Hochebe­ne des Albuches und des Härts­fel­des zählt, waren mir natür­lich seit langem vertraut. Schon unsere kleinen Kinder wußten genau, daß dort Teich- oder Bergmol­che, Laubfrö­sche oder Gelbbau­chun­ken zu finden waren. Sie holten sich im zeiti­gen Frühjahr eine Porti­on Laich und beobach­te­ten im Aquari­um oder im für diese Zwecke so prakti­schen Plastik­sand­kas­ten das Heran­wach­sen der Tiere, um sie dann später sorgsam wieder auszu­set­zen. Das Futter, Bachfloh­kreb­se, neben­bei erwähnt, Anzei­ger eines saube­ren Gewäs­sers, liefer­te der Guten­bach, »Mucken« die warme Hauswand des weißge­tünch­ten Scheerer’schen Stalles mit der davor­lie­gen­den »Miste«. Einschließ­lich der Großmutter standen sämtli­che Famili­en­mit­glie­der aufge­reiht davor und übten sich in den verschie­dens­ten Fangtech­ni­ken. Aber manch­mal trugen wir auch schwe­re­re »Beute« heim, wenn uns Frau Schee­rer, die sich wohl so ihre eigenen Gedan­ken über uns machte, mit süßen, kleinen runden Birnen beschenkte.

Oberkochen

Ich erinne­re mich auch noch an eine flammen­de Protest­ak­ti­on des »Molch­clubs Oberko­chen« beim damali­gen Königs­bron­ner Bürger­meis­ter Burr gegen das Ausbag­gern des Ochsen­ber­ger Teiches, der »Buable­shilb«, wie ich nunmehr weiß, und seine Versi­che­rung, daß er gerade dadurch den Lebens­raum dieser Spezi­es schüt­zen wolle. Die Buben und Mädchen durften vorher mit Eimern soviel Amphi­bi­en, wie sie zu trans­por­tie­ren vermoch­ten, in die nur wenige hundert Meter entfern­ten benach­bar­ten Hülben umquar­tie­ren. Damals wußte ich nicht, wie notwen­dig diese harten Eingrif­fe für die Erhal­tung dieser einzig­ar­ti­gen Landschafts­bio­to­pe sind, wußte auch wenig über die Entste­hung der zahlrei­chen kleinen flachen Teiche, ihre Bedeu­tung und Nutzung in frühe­rer Zeit. Inzwi­schen habe ich gelernt, daß Hülben künst­li­che, d. h. von Menschen­hand geform­te, relativ flache Wasser­stel­len sind, die meist recht­eckig, aber auch rund und oval angelegt wurden und durch Sicker- oder Regen­was­ser gespeist werden. Wo die Böden wasser­durch­läs­sig waren, wurden sie auch mit einem Letten­schlag (Lehm) verse­hen, eine Maßnah­me, die bei den wasser­stau­en­den Feuer­stein­lehm­de­cken, spezi­ell der Rotlehm­schich­ten des Albuches und Härts­fel­des, meistens überflüs­sig war.

Daneben gibt es aber auch Dolinen und ehema­li­ge Bohnerz­gru­ben, die durch künst­lich aufge­brach­ten oder natür­lich einsi­ckern­den Lehm zu wasser­sam­meln­den Tümpeln wurden, und deren Unter­schei­dung von Hülben mitun­ter nicht ganz einfach ist. Hülben dienten vorwie­gend als Viehträn­ken, aber auch als Lösch­was­ser­re­ser­voi­re, zum Waschen, zur Haltung von Wasser­ge­flü­gel und sicher bei großer Wasser­knapp­heit wohl auch dem Menschen zum »Genuß«. Ihre mitun­ter versteck­te Waldla­ge, die uns heute verwun­dert, läßt sich durch die in frühe­rer Zeit betrie­be­ne Waldwei­de­wirt­schaft, aber auch durch die damals gerin­ge­re Bewal­dung erklä­ren, wenn sie nicht Anzei­ger von abgegan­ge­nen Weilern oder ehema­li­gen Köhle­rei­en sind. Einige der so verträumt im Wald liegen­den Hülben lernten wir auch durch unseren Freund, den frühe­ren Forst­di­rek­tor Karl Schurr, kennen. Seine Freude und stille Genug­tu­ung über die gelun­ge­ne Wieder­her­stel­lung der Hülbe im »Riesen­hau« ist mir noch in guter Erinne­rung. Ihm wird in der eingangs erwähn­ten Broschü­re, neben anderen Forst­be­am­ten und Bürger­meis­tern, mehrfach Dank für sein Bemühen um die Erhal­tung dieser albspe­zi­fi­schen »Natur­denk­ma­le« ausgesprochen.

Nun zu kultur­his­to­ri­schen Denkma­len gewor­den, müssen diese einst für Mensch und Tier so lebens­wich­ti­gen Wasser­stel­len heute vor dem Unter­gang geschützt werden. Nicht überall scheint es offene Ohren für die Belan­ge des Natur­schut­zes zu geben, und so prägten die Verfas­ser auch den Begriff des »Hülben­ster­bens«. Sie werden nicht mehr gebraucht, ihrem ursprüng­li­chen Zweck dienen sie meist nicht mehr, der Bau der Wasser­lei­tung und die Einfüh­rung der Stall­füt­te­rung haben sie weitge­hend überflüs­sig gemacht. Davon abgese­hen dürften Hülben in freier Feldflur der moder­nen maschi­nen­be­trie­be­nen Landwirt­schaft eher hinder­lich sein. Wie kostbar Wasser den Menschen der Albhoch­flä­chen einst gewesen sein muß, illus­triert ein Hinweis des Luftbild­fo­to­gra­fen Albrecht Brugger, eines unermüd­li­chen Strei­ters für den Erhalt einer intak­ten Umwelt, auf eine Stelle in einem alten Buch, wo es heißt, daß ein Hochzeits­ge­schenk der Verwandt­schaft aus dem Tal früher aus einer Wagen­la­dung Wasser bestehen konnte.

Wissen­schaft­li­che Unter­su­chun­gen belegen, daß etliche Hülben, »Hülmen« oder »Wetten« sind andere gebiets­spe­zi­fi­sche Ausdrü­cke, schon uralt sein müssen, wohl schon Jahrtau­sen­de, ja seit der Besied­lung der Albhoch­flä­chen überhaupt bestehen. Diese muß schon zu einer Zeit erfolgt sein, als die Hochflä­chen noch weitge­hend verkars­tet, d. h. waldfrei waren, denn nur unter dieser Voraus­set­zung war eine Kulti­vie­rung des Bodens mit den damali­gen primi­ti­ven Werkzeu­gen, die den Boden nur aufrit­zen konnten, überhaupt denkbar.

Wenn man dies weiß, bekom­men Hülben auch eine eminen­te Bedeu­tung für die Siedlungs­ge­schich­te unseres Raumes. Mögen viele auch zwischen­zeit­lich verlan­det gewesen sein, die späte­ren Siedler, ob Kelten oder Aleman­nen, haben sie, vermut­lich durch den feuch­tig­keits­an­zei­gen­den Pflan­zen­be­wuchs, wieder­ent­deckt, und weitergenutzt.

Rund 190 Hülben auf dem Albuch und etwa 180 auf dem Härts­feld haben die Verfas­ser unter­sucht im Hinblick auf Fauna und Flora, haben sie vermes­sen und kartiert, ihren Zustand analy­siert und Pflege­hin­wei­se gegeben. Mindes­tens 420 sind durch Überbau­ung oder Verlan­dung schon verlo­ren­ge­gan­gen. Mit ihrer Unter­su­chung, die keinen natur- und geschichts­lie­ben­den Menschen unberührt lassen kann, haben sie einen wichti­gen Beitrag zum Erhalt dieser ökolo­gi­schen Nischen geleis­tet. Forst­amt­mann Schnei­der vom Oberko­che­ner Forst­amt hat mir mit großer Zuvor­kom­men­heit und Umsicht dabei gehol­fen, die vom Forst­amt betreu­ten Hülben heraus­zu­fin­den, keine leich­te Aufga­be. Wenn ich richtig gezählt habe, sind es auf der Härts­feld­sei­te 21, wobei die Hülben im »Riesen­hau« auf Oberko­che­ner Gemar­kung liegen. Die größte liegt in der Abtei­lung 1 des Stadt­wal­des. Sie wird als unregel­mä­ßig oval, Länge 24 m, Breite 14 m beschrie­ben. Weiter heißt es: »Im Fichten­wald, aber an der Hülbe ein halbkreis­för­mi­ger Schwarz­erlen­saum (mit Trauben­ho­lun­der), im Süden zwei doppel­stäm­mi­ge, jünge­re Buchen. Im Nordos­ten eine schöne, einzel­ste­hen­de Hainbu­che. Teilwei­se ist ein alter, niede­rer »verwa­sche­ner« Wall zu sehen.« Sie wurde im Frühjahr 1981 auf Anregung der Bezirks­stel­le für Natur­schutz und Landschafts­pfle­ge Stutt­gart vom Forst­amt Oberko­chen ausge­bag­gert. In den folgen­den Jahren stell­ten sich Wasser­stern, Fluten­der Schwa­den und Wasser­knö­te­rich ein, im Verlan­dungs­gür­tel auch Frosch­löf­fel, Flatter­bin­se, Schwim­men­des Laich­kraut u. Flatter­stern. Auf dem Aushub wurde weiches Honig­gras regis­triert. Dies alles klingt schon zauber­haft, finde ich. Die Hülbe ist auch als Natur­denk­mal geschützt. Es gibt noch zwei weite­re, etwa 200 m entfernt liegen­de Hülben in westli­cher Richtung in der Abt. 8 des Staats­wal­des. Die eine wurde vom Forst­amt 1981 neu angelegt.

Auf dem Albuch werden die »Bilzhül­ben«, alle drei auf Oberko­che­ner Gemar­kung, zwei in den Abt. 2 und 3 des Stadt­wal­des, eine im Staats­wald Abt. 9 liegend, vom Forst­amt Oberko­chen gepflegt. Seit der Ausgra­bung der Mauer­res­te des Bilzhau­ses durch den Heimat­ver­ein unter Leitung ihres tatkräf­ti­gen Entde­ckers, des Heimat­ver­eins­vor­sit­zen­den Gymn.-Prof. Dietrich Bantel, sind sie ein noch größe­rer Anzie­hungs­punkt für alle Wande­rer in diesem großen Waldge­biet gleichen Namens gewor­den. Die Hülben folgen in fast regel­mä­ßi­gen Abstän­den von etwa 200 m einer von NW nach SO gestreck­ten Linie, beglei­tet von trocke­nen Erdfäl­len. Unser Foto zeigt die Obere Hülbe in den »Bilzmäh­dern«. Über sie lesen wir unter anderem folgen­des: »Im Nadel­wald gelegen, markan­ter Kranz von Eschen um die Hülbe, 15 x 9 m, beim Wegebau offen­sicht­lich etwas verklei­nert. Fluten­der Schwa­den, spärlich Sumpf­bin­se, im Norden dringt Winkel­seg­ge ein.« Die mittle­re Hülbe in Abt. 3 wird als nur zeitwei­lig flach wasser­füh­rend, rundlich, 7 m im Durch­mes­ser, viel einge­wor­fe­nes Reisig enthal­tend, stark aufge­such­te Wildschweinsuh­le, aufge­führt. Die untere Hülbe, im Staats­wald, konnte ich wegen eines Unwet­ters nicht suchen. Sie wird als Wildschweinsuh­le bezeich­net und soll auf einem kleinen Plateau im Fichten­jung­wald in der »Jörglis­mand« liegen. Sie wird als oval, 7 x 4 m, mit einer gerin­gen Wasser­füh­rung im Frühjahr, ansons­ten trocken, beschrieben.

Nahezu alle Hülben, auch die anderer Forst­be­zir­ke, wurden in den Jahren 1983 bis 1985 mit Mitteln saniert, die von der Autobahn­ver­wal­tung als Ausgleichs­zah­lung für den Bau der A 7 bereit­ge­stellt werden mußten. Parado­xer­wei­se verdan­ken sie ihre Existenz somit einer landschafts­über­grei­fen­den natur­zer­stö­ren­den Baumaßnahme.

Ein bißchen verwun­dert über die gerin­ge Zahl von Hülben auf Oberko­che­ner Gemar­kung, bemüh­te ich mich noch beim Forst­amt Oberko­chen und dem für den Realwald zustän­di­gen Forst­in­spek­tor Vogel um weite­re Auskünf­te. Letzte­rer bedeu­te­te mir, daß die Hangla­gen der Realwal­dun­gen alte Hülben­an­la­gen unwahr­schein­lich machten, doch er wußte von einer Neuan­la­ge in der »Schlacht«, Distrikt VIII Abt. 1 des Realwal­des, zu berich­ten, die seiner Meinung nach von einer beim Wegebau angeschnit­te­nen Quelle gespeist wird, das ganze Jahr, obwohl im Sommer und Herbst stark zurück­ge­hend, wasser­ge­füllt ist und etwa 10 x 8 m mißt. Er nannte eine weite­re, vermut­lich alte Hülbe auf dem »Kahlen­bühl«, Distrikt I Abt. 5 des Realwal­des, mit einer Wasser­flä­che von höchs­tens 25 qm. Die »Kahlen­buhl­hül­be« wird auch in einer 1986 verfaß­ten, im Forst­amt verwahr­ten Referen­dar­ar­beit als Neuan­la­ge des Jahres 1984 bezeich­net, hier noch mit einer Wasser­flä­che von 50 qm und einer Tiefe von 30 cm. Flora: Frühlings­was­ser­stern, am Rand Seggen und Binsen. Fauna: Bergmolch, Quappen der Erdkrö­te, Wasser­läu­fer. Der frühe­re Jagdpäch­ter, Herr Torsten Fisser, nannte für eine von ihm vorge­nom­me­ne Sanie­rung dieser Hülbe das Jahr 1982. Er glaubt, daß es sich um eine alte, verlan­de­te Hülbe gehan­delt hat, die er in jenem Jahr in ihren alten Zustand zurückversetzte.

In der Arbeit des Forst­re­fe­ren­dars Fischer fand ich noch eine weite­re Hülbe im Distrikt IV Abt. 13 (Josen­hal­de neben dem Gaintal­sträß­le) als verlan­de­te Köhlerei­hül­be auf Oberko­che­ner Gemar­kung einge­tra­gen, die nur nach starken Nieder­schlä­gen noch Wasser enthal­ten soll.

Auf der Albuch­sei­te ist in der zu Fischers Arbeit gehören­den Karte eine vierte Bilzhül­be, Abt. 3, Bilzmäh­der, einge­tra­gen, aber nicht beschrie­ben. Sie liegt unmit­tel­bar hinter dem Bilzhaus. Bei meinem Besuch dort konnte ich feststel­len, daß sie viel einge­wor­fe­nes Reisig enthält, und daß sich ihre Wasser­flä­che auf wenige Quadrat­me­ter beschränkt. Zur Sommers­zeit ist sie ausge­trock­net. Ob Hülbe oder Erdfall, es wäre sicher eine lohnen­de Aufga­be für den Heimat­ver­ein, das Wasser­loch wieder in seinen ursprüng­li­chen Zustand zu verset­zen. Inter­es­san­ter­wei­se werden in der genann­ten Arbeit die obere und die untere Bilzhül­be als ehema­li­ge Siedlungs­hül­ben bezeich­net. Vielver­spre­chend mutet auch eine an dieser Stelle einge­füg­te handschrift­li­che Notiz über eine im Jahre 1986 ausge­räum­te, als Sausuh­le bezeich­ne­te Hülbe beim »Sixen­feld­le« an. Ob es wohl auf der ehema­li­gen Schaf­wei­de »Heide« Hülben gab, oder beim frühe­ren Holzhau im Buchwang?

Mir hat mein zufäl­li­ger Fund in der Buchhand­lung letzt­lich reichen Gewinn gebracht. Hätten Sie gewußt, was Hülben sind, wieviel aus Not gebore­ner Erfin­dungs­geist sich hinter ihren Anlagen verbirgt? Vielleicht ist auch Ihnen dabei bewußt gewor­den, wie überle­bens­wich­tig Wasser war und bleibt, und daß wir Menschen, die wir heute gedan­ken­los aus größe­ren Quellen schöp­fen, von diesem Element abhän­gig sind und bleiben?

Quellen­nach­wei­se:
Hans Mattern und Harald Buchmann: Hülben der Nordost­alb, Albuch und Härts­feld. Sonder­druck aus Veröf­fentl. f. Natur­schutz und Landschafts­pfle­ge in Baden-Württem­berg, B.55/56 und 62; 1983/1987.
Hartmut Fischer: Die Hülben im Forst­be­zirk Oberko­chen, 1986

Marika Kämme­rer

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte