An den Oberko­che­ner Schulen gab es zu allen Zeiten Lehrer­per­sön­lich­kei­ten, die Genera­tio­nen von Schülern und Schüle­rin­nen prägten. Um in jünge­rer Zeit zu begin­nen: Georg Hagmann, Gottlieb Braun und Leo Klotz­bü­cher, zuvor Karl Günter, Alfons Mager und Ignaz Umbrecht, an die sich ehema­li­ge Schüle­rin­nen und Schüler heute noch erinnern. Weiter zurück­lie­gend sind Schul­meis­ter wie Konrad Balluff oder Ferdi­nand Gutmann aus Berich­ten und Erzäh­lun­gen noch im Gedächt­nis. Nachfol­gend wird von einem Lehrer berich­tet, der bisher wenig Beach­tung gefun­den, jedoch die Oberko­che­ner evange­li­sche Schule von 1825 bis 1842 geprägt hat: Chris­toph Jakob Adam (* 1801 in Loffen­au, † 1864 in Hirsau.

Vorgän­ger Jakob Heinrich Bitz
Um die Situa­ti­on in der Chr. J. Adam Lehrer in Oberko­chen wurde, würdi­gen zu können, müssen wir uns ein wenig mit seinem Vorgän­ger, Jakob Heinrich Bitz, beschäf­ti­gen. Dazu lesen wir in der »Geschich­te der Volks­schu­le Oberko­chen« aus dem Jahre 1961 (verfaßt von Dorothea Feihl) folgen­des: »… Schon 1819 gibt es Klagen über Schul­meis­ter Bitz … Erstens hat er eine Krank­heit, infol­ge der er schlecht sieht und hört . . Zweitens lebt er nicht gut mit seiner Frau und gibt so in der Öffent­lich­keit ein böses Beispiel, aber er will sich nicht pensio­nie­ren lassen …« Zum Schule­hal­ten war Bitz aber auch nicht fähig, er sammel­te Wurzeln und Kräuter, wurde teilwei­se auch als Amtsdie­ner und Taglöh­ner einge­setzt. Dieser ungute Zustand dauer­te bis zu seinem Tode am 5. August 1836. Der »Bote von Aalen« enthält am 8. März 1837 eine Anzei­ge des König­li­chen Oberamts­ge­richts, wonach Bitz »mit Hinter­las­sung eines gerin­gen Vermö­gens starb, auf das die Witwe Ansprü­che zu machen hat«.

Schwie­ri­ger Anfang
Obwohl die evange­li­sche Schul­pfle­ge die Bezah­lung der Schul­meis­ter­pen­si­on für Bitz samt einem Provi­so­r­ge­halt für einen Vertre­ter nicht aufbrin­gen konnte, war die Situa­ti­on 1825 unhalt­bar gewor­den und der junge, noch unver­hei­ra­te­te Lehrer Adam wurde als »Provi­sor«, d. h. als unstän­di­ger Vertre­ter in Oberko­chen einge­stellt. Dabei hatte »die König­li­che Regie­rung des Jaxdkrei­ses der hiesi­gen Gemein­de die Verbind­lich­keit aufer­legt, für einen angemes­se­nen Ruhege­halt des dienst­un­taug­lich gewor­de­nen Schul­meis­ters Bitz Sorge zu tragen«. Und dies ging damals recht einfach vonstat­ten: Dem Nachfol­ger wurde ein Teil seines Verdiens­tes »abgezwackt«, er mußte eine »Pensio­nie­rungs­last« überneh­men. Im Falle Bitz/Adam bedeu­te­te dies, Bitz sollte jährlich wenigs­tens 70 Gulden bekom­men, »damit Adam wenigs­tens ein freier Gehalt von 120 Gulden ungeschmä­lert verblieb«.

Da die Entloh­nung damals nur zum Teil in Geld erfolg­te, war die Teilung nicht einfach zu bewerk­stel­li­gen. Obwohl es eine Liste der verschie­de­nen Gehalts­an­tei­le gab, standen manche Posten nur auf dem Papier (Güter­genuß, Hauszins) und vieles wurde in Natura­li­en abgegol­ten (Holz, Reisig, Dinkel, Roggen). Somit war eine saube­re Teilung und Zurech­nung nicht einfach.

Vom Provi­sor zum Schul­meis­ter
Endlich im Septem­ber 1826 hatte das König­li­che Consis­to­ri­um grünes Licht zur Neube­set­zung der Oberko­che­ner Schul­meis­ter­stel­le gegeben und die Stelle wurde öffent­lich ausge­schrie­ben. Es gingen drei Bewer­bun­gen ein, über die das Wahlgre­mi­um zu entschei­den hatte. Diesem gehör­ten außer Pfarrer Stett­ner und Schult­heiß Schee­rer »sämtli­che evange­li­schen Mitglie­der des Gemein­de­rats sowie die beiden Deputier­ten Joachim Grupp und Johan­nes Schäfer« an.

Alle drei Bewer­ber wurden vor der Wahl einge­hend vorge­stellt. Über Adam wurde gesagt, er besit­ze gute Kennt­nis­se in den Regeln der deutschen Sprache und in Geschich­te, lese mit gutem Ausdruck, schrei­be ortho­gra­phisch richtig und schön, mache einen guten Aufsatz, rechne mit Schnel­lig­keit, catechi­sie­re gut und zeich­ne sich im Singen und Orgel­spiel aus.

Da die beiden anderen Kandi­da­ten nicht rundum so gut beschrie­ben waren — der eine »besitzt mittel­mä­ßi­ge Kennt­nis­se, ist aber auf der Orgel gut«, der andere »liest zwar mit Ausdruck, aber nicht immer richtig und ist in der Musik nicht gut« — erhielt Adam bei der Wahl sechs­mal den ersten, einmal den zweiten Platz und war somit neuge­wähl­ter Schul­meis­ter der evange­li­schen Schule.

Amtsein­set­zung
Am 10. Oktober 1826 ging es im engen evange­li­schen Schul­haus — es lag am Ende des Dorfes in Richtung Aalen (Ecke Aalener und heuti­ger Bgm.-Bosch-Straße) noch enger her als sonst: Zur Amtsein­set­zung des neuen Schul­meis­ters hatte der Kirchen­kon­vent alle Schüler um sich gesam­melt. Die Feier begann mit dem gemein­sam gesun­ge­nen Lied »Noch liegt des Lebens länge­re Bahn«, worauf Pfarrer Stett­ner den neuen, den Schul­kin­dern längst vertrau­ten Schul­leh­rer vorstell­te. Nach der Rede des Pfarrers reich­te jedes Kind dem »Neuen« die Hand und »gelob­te Gehor­sam«. Der Choral »Nun danket alle Gott« schloß die Feier ab. Die Kinder hatten anschlie­ßend schul­frei, während sich die Honora­tio­ren zum Festschmaus in den »Hirsch« begaben.

Schul­all­tag
Der Schul­meis­ter jener Zeit mußte alle Fächer unter­rich­ten: Lesen, Buchsta­bie­ren, Recht­schrei­ben, Schön­schrei­ben, Memorie­ren, Rechnen, Religi­on und Singen. Lesen und Schrei­ben wurde mit Hilfe der Fibel geübt. Allge­mein wurden die Kinder in zwei Abtei­lun­gen unter­rich­tet. Die Stunde dazwi­schen — meist von 9 bis 10 Uhr — diente dem Schul­meis­ter zur »Recrea­ti­on«, aber auch als Arrest­zeit für die älteren Schüler. Beim Rechnen waren die Kinder in vier Abtei­lun­gen getrennt. Die Jüngs­ten mußten vor- und rückwärts bis hundert zählen und mit zwei multi­pli­zie­ren lernen. In der nächs­ten Stufe wurde Subtra­hie­ren geübt. Die dritte Abtei­lung beschäf­tig­te sich mit dem Multi­pli­zie­ren und die obers­te Gruppe wagte sich an die Additi­on einfa­cher Brüche. In Religi­on spiel­te das Memorie­ren eine große Rolle, 150 Sprüche gehör­ten zum Lernpen­sum. Aber auch bibli­sche Geschich­te war gefragt bis hin zum Leben des Apostels Paulus und seinen Schriften.

Nur Sport gab es nicht in der Schule. »Sogenann­te Turnübun­gen« sollten 1945 einge­führt werden (also zu einer Zeit, da Adam nicht mehr in Oberko­chen war). Die Ortsschul­be­hör­de entschied damals, »den Nutzen einer solchen Einrich­tung zwar nicht in Abrede zu stellen«, dennoch aber keinen Turnun­ter­richt einzu­füh­ren, da 1. »kein Turnleh­rer vorhan­den war« und 2. die Kinder in ihrer Freizeit auf den Feldern mithel­fen müßten, »wobei sie genügend körper­li­che Bewegung hätten«. (Turnen erscheint erst 1894 im Lehrplan der Oberko­che­ner Schulen).

Schul­vi­si­ta­ti­on
Halbjähr­lich wurde die Schule durch den Pfarrer visitiert und darüber dem Kirchen­con­vent berich­tet. Bei den Frühjahrs­vi­si­ta­tio­nen wurden den Kindern meist ordent­li­che Leistun­gen und Fortschrit­te beschei­nigt, während im Herbst oft bemän­gelt wird, die Kinder hätten »der manchen Unter­bre­chun­gen des Sommers wegen Rückschrit­te beim Diktat und im Hersa­gen des Memorier­ten gemacht«.

Nach den Prüfun­gen bekamen die Kinder einen Wecken als »Brotge­schenk« und die Besten — ihre Namen sind jeweils im Proto­koll verzeich­net — erhiel­ten je drei Kreuzer als Beloh­nung und Ansporn. Das bei jeder Visita­ti­on ablau­fen­de Ritual endete jeweils mit »der Verle­sung der Schul­ge­set­ze und der Ermah­nung zu fleißi­gem Schulbesuch«.

Nur einmal — im Jahre 1831 — unter­blieb die finan­zi­el­le Anerken­nung an die Besten. In diesem Jahr waren Schul­stu­be und Lehrer­woh­nung nach langen Verhand­lun­gen etwas erwei­tert worden, und »kürzlich war bei der feier­li­chen Einwei­hung des vergrö­ßer­ten Schul­zim­mers den Kindern Schreib­hef­te mit farbi­gem Umschlag ausge­teilt worden«, so daß die Schul­kas­se für die Anerken­nun­gen kein Geld mehr hergab.

Verset­zung
Schul­meis­ter Adam »ging am 25. Juli 1842 nach Hirsau Oberamt Calw ab«. Warum er Oberko­chen verließ, wird nicht erwähnt. Wahrschein­lich wollte der damals einund­vier­zig­jäh­ri­ge Lehrer nach 17 Jahren Dienst­zeit in Oberko­chen noch eine andere Stelle kennen­ler­nen. Mit ihm zog seine Frau Sabina Regina, Tochter des Heiden­hei­mer Zieglers Johann Micha­el Mailän­der, (- sie war 1827 Mitglied des Hebam­men­wahl­gre­mi­ums -) und fünf von insge­samt neun noch leben­den Kindern in das Nagoldtal.

Da der Amtswech­sel während des Jahres geschah, mußte die Gehalts­ab­rech­nung des schei­den­den Schul­meis­ters mit der Vergü­tung des Nachfol­gers — es war Lehrer Becher aus Herbrech­tin­gen — abgestimmt werden. Dies war offen­bar nicht einfach, denn im Proto­koll sind darüber vier Beratun­gen auf sechs Seiten verzeich­net. Zwar war die finan­zi­el­le Abfin­dung rasch geregelt: »Das Schul­geld beträgt von 62 Kindern á 18 Kreuzer 49 Gulden, davon erhält Schul­leh­rer Adam für 24 Tag 3 Gulden 16 Kreuzer …« Entspre­chend verteilt wurden auch die von der Gemein­de und der Heili­gen­pfle­ge (Kirche) zu bezah­len­den Beträge.

Schwie­ri­ger gestal­te­te sich die Teilung der Natura­li­en und Erträ­ge der Besol­dungs­gü­ter. Zunächst mußte sogar das könig­li­che Oberamt über einen Antrag von Adam entschei­den, der einen Anteil am »heuer auszu­ge­ben­den Gemein­de­holz« rekla­mier­te mit der Begrün­dung, »es seien ihm in seinen ersten Dienst­jah­ren zwei Klafter Holz abgezo­gen worden mit der Begrün­dung, er müsse sie zuvor verdie­nen«. Das salomo­nisch anmuten­de Urteil dazu laute­te: »Schul­leh­rer Adam werden zwei Klafter Holz aus der diesjäh­ri­gen Holzbe­sol­dung heraus­ge­ge­ben, wogegen Schul­meis­ter Becher ebenfalls berech­tigt ist, diese zwei Klafter bei der nächs­ten Erledi­gung der Schul­meis­ter­stel­le vom Holzan­teil seines Nachfol­gers herauszufordern«.

Entspre­chend genau wurden andere Natural­ein­nah­men geteilt. Da der neue Lehrer erst im Herbst aufzie­hen konnte, also »zu einer Zeit, da er nichts mehr einheim­sen kann«, wurde Adam der Ertrag aus Äckern und Küchen­gar­ten überlas­sen. Das Heu der Wiesen ging an Adam, das Öhmd aber an den Nachfol­ger. Die »Holzab­ga­be von vier Klaftern Schicht­holz samt Wellen« wurde aber vollstän­dig Lehrer Becher zugespro­chen, »weil diesel­ben zur Heizung der Schul­zim­mer im kommen­den Winter bestimmt sind.

Über eine offizi­el­le Verab­schie­dung von Schul­meis­ter Adam aus Oberko­chen ist im Kirchen­con­vents­pro­to­koll nichts vermerkt. Das Famili­en­re­gis­ter sagt: »Schul­leh­rer Adam wurde im Juli 1842 nach Hirsau Oberamt Calw versetzt. Er ist in Hirsau 1864 gestorben«.

Oberkochen

Zum Foto:
Da aus der Zeit von Lehrer Adam keine Fotos existie­ren, möge zur Illus­tra­ti­on die Aufnah­me der Kinder der evange­li­schen Schule aus dem Jahre 1914 dienen. Der Lehrer ist Karl Günter, dessen Nachfol­ger 1934 Gottlob Braun wurde. Die Aufnah­me stammt aus der Sammlung Kuno Gold, der auch die Namen der Kinder zusam­men­ge­tra­gen hat.

Im Eingang stehend: Eugen Sapper, Karl Günter (Lehrer­sohn), Emil Unfried, Lehrer Günter, Otto Bäuerle

Vorne sitzend: Albert Theil­a­cker, Kaspar Kolb, Karl Widmann (Storcha­beck), Rudolf Speth, Heinrich Grupp, Liesel Holz, Emma Holz, Richard Kopp

Vorde­re Reihe stehend: Marie Wannen­wetsch, Anna Widmann, Sophie Holz, Lotte Mailän­der, Karoli­ne Schuh­ma­cher, Frida Bäuerle, Lena Sapper, Karl Reber, Matthi­as Kolb, Adolf Kolb, Eugen Kopp

Mittle­re Reihe stehend: Georg Jooß, Wilhelm Beißwan­ger, Jakob Jooß, Marie Wannen­wetsch, Marie Speth, Sophie Sapper, Rosa Kopp, Marie Bäuerle, Klara Grupp, Emmy Trick, Frida Grupp, Chris­ti­an Grupp, Fritz Reber

Volkmar Schrenk

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