Angeregt durch die Bericht­erstat­tun­gen des Heimat­ver­eins stöber­te Herr Anton Gutheiss in alten Fotos und Erinne­run­gen, — und wurde fündig.

Als kleiner Junge mußte er, 1927 geboren, immer wieder mit der Mutter zum Holzle­sen in den Wald über der heuti­gen Weingar­ten­ka­pel­le. Im »Wägele« wurde das Leseholz dann heimge­fah­ren. Einmal, er war um die 10 Jahre alt, also ungefähr im Jahre 1937, zeigte ihm seine Mutter eine riesi­ge Stein­plat­te, die schräg (ca. 36 Grad Neigung) im hängi­gen Gelän­de lag, und zwar im Waldab­teil Weingar­ten unter­halb des Fußwegs, der vom Waldeck wegführt, eine kurze Strecke vor den Resten der einsti­gen Hans-Maier-Schischanze.

»Guck, Bua«, sagte die Mutter, »den Fels hoißt mr »d’Sch­toirut­sche«.

Dann erzähl­te sie, wie sie und andere etwa gleich­alt­ri­ge Katzen­bä­cher auf diesem steilen glatten Felsstück, auf kleinen Stein­plat­ten hockend, in halsbre­che­ri­scher Fahrt herun­ter­ge­rutscht seien. Das war kurz nach der Jahrhun­dert­wen­de. Jeder habe seinen eigenen Rutsch­stein gehabt, den man immer wieder hochge­tra­gen habe, um von neuem herun­ter­zu­rut­schen, — 175 Meter in der Falli­nie, — eine preis­wer­te und abenteu­er­li­che Beschäf­ti­gung, die im Zeital­ter der Compu­ter­spiel­be­schäf­ti­gung starke Beach­tung verdient.

Herr Gutheis erinner­te sich sogar daran, daß seine Mutter ihm damals das Schtoirut­sche­rut­schen vorge­führt hat. Das sprach sich seiner­zeit schnell herum, und die Katzen­bä­cher sind in den Dreißi­ger­jah­ren erneut, wie einstens die Altvor­de­ren, hinauf zur Schtoirut­sche, und sind gerutscht, was das Zeug hielt.

Jetzt, bald 100 Jahre nach der Ersterfin­dung der Schtoirut­sche und nach der Schtoirut­schen­re­nais­sance den Dreißi­ger­jah­ren, erinner­te sich Herr Gutheiss an sie und fragte herum, ohne großen Erfolg. Also machte er sich auf, um sie im Wald zu suchen, — und fand sie. Aber die Schtoirut­sche war so gut wie verschwun­den, — einge­wach­sen, — nur noch der »Start« schau­te heraus, die Bahn und das Ziel lagen unter einer bis zu 30 cm dicken Erdschicht. Mit hochwohl­löb­li­cher Geneh­mi­gung der Realge­nos­sen­schaft (»komm Done, grab«) fing er am 12.4.91 an zu buddeln, u. inner­halb von 2 Tagen war die alte »Schtoirut­sche« von oben bis unten freige­legt. Manch einem, der die Stelle, die man vom Weg aus einse­hen kann, passier­te, dämmer­te es, welche Bewandt­nis es mit dieser Felsplat­te habe.

Die riesi­ge Jurakalk­stein­plat­te liegt völlig einsam im Wald, — weit und breit gibt es oberfläch­lich keine so großen Steine, und schon gar nicht von dieser Beschaf­fen­heit und Form, die durch einen fast wie mit dem Lineal gezoge­nen geraden Abschluß von annähernd 2 Metern Länge und bis jetzt 70 cm Tiefe, der noch näher unter­sucht werden wird, auffällt.

Wir vom Heimat­ver­ein freuen uns, wenn uns solche Geschich­ten aus alter Zeit berich­tet werden und bedan­ken uns bei Herrn Gutheiss nicht nur für die Geschich­te, sondern auch für seinen aktiven Einsatz für den Verein. Dank auch für die zeitwei­li­ge Zur-Verfü­gung-Stellung einer Reihe von alten Fotos.

Dietrich Bantel

Oberkochen
Oberkochen

Nachtrag 1 zu Bericht 145 v. 30.8.91
»D’Sch­toirut­sche«
Einige Altober­ko­che­ner bestehen hartnä­ckig darauf, daß »d’Sch­toirut­sche« keines­falls nur von »deane Katzabä­cher« genutzt wurde, sondern daß diesel­be vielmehr auch von Rutschern aus anderen Teilor­ten des alten Oberko­chen betatscht wurde. Dies halten wir für notwen­dig, daß es hier kund und zu wissen gegeben wird. Aus den tiefe­ren Hinter­grün­den dieser heiklen Angele­gen­heit wollen wir uns als »Reinge­schmeck­te« salamo­nisch heraushalten.

Dietrich Bantel
20.09.1991

Nachtrag 2 zu Bericht 145 v. 30.8.91
»D’Sch­toirut­sche«
In unserem Bericht 145 in BuG vom 30.8.1991 berich­te­ten wir über die »Schtoirut­sche«.

Diese riesi­ge Felsplat­te in der Nähe der Weingar­ten­ka­pel­le, die steil im Hang liegt, und zu Zeiten des Dorfs von den Kindern benutzt wurde, um auf ihr entwe­der auf Stein­plat­ten sitzend (etwa so, wie man heute auf Plastik­gu­cken die Skiab­fahrt herun­ter­rutscht) oder ganz einfach auf den genagel­ten Stiefeln stehend herab­rutsch­te, war in den vergan­ge­nen 11 Jahren wieder teilwei­se einge­wach­sen, einge­schwemmt oder mit Bruch­holz zugedeckt.

Mitte Juli teilte uns unser Mitglied Anton Gutheiß mit, dass er diesel­be zusam­men mit unserem Mitglied Anton Weber wieder freige­legt, ja sogar »benütz­bar« gemacht hat.

Außer­dem wurde mit hochwohl­löb­li­cher Gestatt­nis der Realge­nos­sen­schaft oben am Wegle oberhalb des »Spitz­tals« eine Hinweis­ta­fel sowie ein Stäffe­le zu der Felsplat­te angelegt, um heimat­kund­lich inter­es­sier­ten Bürgern und rutschlus­ti­gen Kindern das Auffin­den der »Schtoir­ta­sche« besser zu ermöglichen.

Dietrich Bantel
30.08.2002

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