Anläß­lich der Renovie­rung der Katho­li­schen Kirche St. Peter und Paul (1979 — 1981) wurden auf dem Dachstock von Kirche und auch Pfarr­haus eine Reihe von sakra­len Skulp­tu­ren wieder­ent­deckt, die dem kompro­miß­lo­sen »Bilder­sturm« der ernüch­ter­ten Nachkriegs­zeit und vor allem dem intole­ran­ten Geschmacks­dik­tat der Fünfzi­ger­jah­re zum Opfer gefal­len waren.

Ein wahres Glanz­stück, gut um die 300 Jahre alt, ist eine 1,30 m große barocke Chris­to­pho­rus­fi­gur, von einem unbekann­ten wohl süddeut­schen Bildhau­er aus Linden­holz geschnitzt. Chris­to­pho­rus ist mit für die Zeit typisch stark beweg­tem fast flattern­dem Gewand­um­hang mit einem Fuß im Wasser darge­stellt. Die Ausfüh­rung der Gewand­fal­ten erinnert stellen­wei­se an spätmit­tel­al­ter­li­che Arbei­ten. Ein rein-barockes dralles Chris­tus-Kind sitzt locker putten­gleich wie spiele­risch auf der rechten Schul­ter des Heili­gen. Es weist mit der rechten Hand zum Himmel, mit dem linken Arm stützt es sich in das locken­rei­che Haupt des Chris­to­pho­rus, das zwar an Riemen­schnei­der erinnert, im Detail jedoch etwas weniger realis­ti­sche Expres­si­vi­tät aufweist als etwa Riemen­schnei­ders spätgo­ti­scher Bartho­lo­mä­us von Creglin­gen oder der Petrus vom Winds­hei­mer Altar.

Oberkochen

Die Figur befand sich, als sie 1980 aufge­fun­den wurde, in desola­tem Zustand, — Nagekä­fer, (»Holzwurm«), und Fäulnis im Sockel­be­reich, Umhang und Rücksei­te hatten ihr stark zugesetzt; hinzu kamen eine Reihe von mecha­ni­schen Schäden. In dem Oberko­che­ner Herrn Armin Schew­ski fand die katho­li­sche Pfarr­ge­mein­de einen hervor­ra­gen­den Restau­ra­tor. Ihm verdan­ken wir wertvol­le Infor­ma­tio­nen und das Foto zu diesem Bericht.

Die äußerst heiklen Restau­rie­rungs­ar­bei­ten zogen sich fast über ein Jahr hin.

Um die Skulp­tur käfer- und fäulnis­res­tis­tent zu machen, mußten teilwei­se schon halb abgelös­te dicke Farbschich­ten, die aus bis zu 5 Überma­lun­gen bestan­den, entfernt werden. Dabei stell­te sich heraus, daß die Figur, wie schon die Werke von Riemen­schnei­der 200 Jahre zuvor, ursprüng­lich länge­re Zeit unbemalt (»ungefaßt«) war. — Die Entschei­dung, das wertvol­le Kunst­werk ohne Fassung zu belas­sen, darf als glück­lich und richtig bezeich­net werden.

Die Quali­tät des Oberko­che­ner Chris­to­pho­rus sowie die vieler weite­rer Oberko­che­ner Sakral­kunst aus 5 Jahrhun­der­ten beweist, daß unsere Stadt mehr Tradi­ti­on aufweist, als ihr vielfach zugestan­den wird, — auch wenn Oberko­chen in den 50 Jahren nach dem 30-jähri­gen Krieg, der Zeit, als der Chris­to­pho­rus entstand, als Folge des Kriegs nur etwas zwischen 100 und 200 Einwoh­ner zählte.

Der Chris­to­pho­rus steht seit Mitte 1981 gesichert auf einer Konso­le an der rechten Vorhal­len­wand der St. Peter und Paul Kirche. Sein griechi­scher Name bedeu­tet auf deutsch »Chris­tus-Träger« und erinnert an die Legen­de, nach welcher Chris­tus sich als kleines Kind von dem gläubi­gen riesi­gen Fährmann übers Wasser tragen ließ und dabei immer schwe­rer wurde. Der Riese brach fast zusam­men unter der Last, aber er erreich­te das andere Ufer; er hatte erkannt, welche schwe­re Last er trug.

So erinnert diese herrli­che Oberko­che­ner Chris­to­pho­rus-Skulp­tur daran, daß die Menschen gut daran tun, nicht jede schwe­re Last gleich wegzuwerfen.

Dietrich Bantel

Der Heili­ge Chris­to­pho­rus — Namens­tag am 24. Juli 1997

Oberkochen

In der Eingangs­hal­le unserer Kirche befin­det sich diese Chris­to­pho­rus-Figur; eine Schnitz­ar­beit mit großer Ausdrucks­kraft aus dem Anfang des 18. Jahrhun­derts. Auch im Hof der Dreißen­tal­schu­le gibt es einen aus Stein gehaue­nen Chris­to­pho­rus, der Chris­tus auf den Schul­tern trägt.

Viele Autofah­rer haben am Armatu­ren­brett eine Plaket­te mit dem hl. Chris­to­pho­rus oder einen Anhän­ger mit seinem Bild am Schlüsselbund.

Wir vereh­ren den hl. Chris­to­pho­rus beson­ders als Schutz­pa­tron der Reisen­den. Wenn viele von uns in den nächs­ten Wochen unter­wegs sind mit dem Auto, dem Fahrrad, manche auch mit dem Flugzeug, möge er uns beschüt­zen und begleiten.

BuG v. 18.07.1997

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