Auf den Aufruf in BuG vom 22.2.1991 (Bericht 130) teilte mir Herr Hans Minder mit, daß er bei Unterlehrer Arno eingeschult worden sei, und daß er ein Klassenbild besitze, auf welchem Lehrer Arno abgebildet ist. Herr Minder, gebürtiger Jahrgang 1915, verfügt über ein beneidenswert gutes Gedächtnis und benannte von den insgesamt 62 Schülern (25 Buben, 37 Mädchen) der Klassen 1 und 2 (Jahrgänge 1913 — 1916) auf Anhieb 57 mit Vor‑, Nach- und Hausnamen. Von vielen Mädchen wußte er sogar, was für eine »Verheiratete« sie ist oder war, und von den Buben, welchen Beruf sie ergriffen haben oder hatten. Nur noch 12 der 62 leben in Oberkochen, — alle anderen sind verstorben oder weggezogen. Wir werden alle Namen im Anschluß an diesen Bericht abdrucken.
Unterlehrer Bernhard Arno war offenbar nicht allzulange in Oberkochen. Daß er im Kirchenchor mitgesungen habe, sei nichts Besonderes gewesen damals, — im Gegenteil: das sei üblich und selbstverständlich gewesen. (Also hatte sich Arnos Mutter nur vergewissert, ob ihr Sohn auch seinen außerdienstlichen Pflichten nachkommt). Auch die Turnstunde für Buben habe Arno gegeben, samstags. Herr Minder schilderte den ca. 24 bis 25-jährigen Unterlehrer als »gut gerichtet«. Er habe gerne einen hellgrünen Anzug getragen, und vielfach eine »Stiefelhose mit Wickelgamaschen. Eine Oberkochenerin erinnerte sich an die stets geschniegelten Bügelfalten in seiner Hose. Gewohnt hat Lehrer Arno in der Bahnhofstraße beim Scheumann, und zwar als Junggeselle.
Auf die Frage, ob Lehrer Arno streng war, antwortete Herr Minder: »Je nach dem«. Jedenfalls erinnerte er sich daran, daß er einmal eine »gfangt« hat, weil er im Rechnen 64 statt 46 geschrieben habe. Das war im Vormittagsunterricht kurz vor dem Mittagessen, und so hat der Vater zuhause noch die Spuren im Gesicht gesehen und gefragt, weshalb. Daraufhin, so Herr Minder wörtlich, »isch’r nom, mein Vaadr, zom Herr Lehrer, ond hot’n gschempft«. Hochmodern. — Andere zeitgemäße Erziehungsmittel waren »Hosenspanner«. Der Übeltäter mußte sich über die Bank bücken. Dann zog der Lehrer die Hosen stramm, daß die Streiche auf das Hinterteil nicht unnötig durch Falten in den Hosen gedämpft wurden. Auch »Datzen« gab es. Bei einer Tatze mußte man dem Lehrer die geöffnete Innenhand ganz flach hinhalten, und der zog mit dem Meerrohr einen oder mehrere Pfitzer drüber. Das tat arg weh. Besonders gefährlich wurde es, wenn man die Hand zurückzog, sodaß das Meerrohr ins Leere pfiff. Da gab’s dann die doppelte Ration, und der Lehrer hielt die Hand fest, daß man sie nicht mehr wegziehen konnte.
Ein netter Streich aus der 3. oder 4. Klasse, fiel Herrn Minder beim Namen Hans Schmied (Nr. 62, Bachbeckahans) ein. Als nämlich die im Haus oben wohnende Oma, die Bachbeckapauleana, einmal nicht zuhause war, sind die beiden Hänse hinauf auf den Dachboden und haben dort herumgekruschtelt und Entdeckerles gespielt. Unter anderem stießen sie auf einen alten leeren Lederkoffer, aus dessen Deckellaschentasche sie einen 20-Mark-Schein »sicherstellten«. Mit diesem sind sie nom zom Kolonial-Kopp, um zu fragen, ob er echt sei, was dieser bejahte. »Da hatten wir 8 flotte Tage, — aber wir mußten klug vorgehen. Aufgefallen ist nix, und herausgekommen ist auch nix. Die Oma hatte die 20 Mark im Koffer sicher schon längst vergessen gehabt.«
Am Schluß unseres Gesprächs fragte ich Herrn Minder, wer die weibliche Person sei, die links von Lehrer Arno hinter dem Gartenzaun hervorschaut. Das sei die Adelheid, die Tochter der »Klarabede« (Klara-Bötin), geb. Fischer. Sie sei später Hebamme in Ebnat gewesen. Ihre Mutter sei in Oberkochen eine sehr bekannte, hilfsbereite und unentbehrliche Person gewesen. »Bötin« habe man sie geheißen, weil sie den Oberkochenern immer kleine Aufträge und Botendienste in Aalen erledigte; unter anderem brachte sie oft Medikamente für Kranke mit aus Aalen. Die Adelheit habe da gewohnt, und eben mitkriegen wollen, wie das große Gruppenbild entstand. Das Foto entstand übrigens gegenüber der Dreißentalschule. Links und senkrecht zum Bild nach hinten muß man sich das alte Forsthaus vorstellen. An der Stelle der Bäume im Hintergrund des Fotos steht heute das Feuerwehrmagazin.
Nur 11 der 62 Schüler leben noch in Oberkochen; alle anderen sind verstorben oder weggezogen.
Herr Minder machte noch viele zusätzliche Angaben zu den Personen, die hier zu weit führen würden. Für Hinweise oder Richtigstellungen sind wir weiterhin dankbar.

Das 1921 entstandene Klassenfoto kann übrigens bei Foto-Stelzenmüller erworben werden.
Hintere Reihe von links:
1. Lisbeth Fischer (Wäschelisel), 2. Hilda Schlipf, 3. Monika Wingert (Drayer), 4. Johanna Wingert (Drayer), 5. Bertha Gold (Severin), 6. unbekannt, 7. Rosa Hug, 8. Zita Hug (Hugamichel), 9. unbekannt, 10. Lina Minder, 11. Hans Minder, 12. Heiner Mager (Lehrerssohn)
2. Reihe von hinten, von links:
13. Joseph Seitz, 14. Rochus Trittler (Eisenbahnermax), 15. Anton Gold (Nudelpeter), 16. Friedrich Betzler, 17. Ottmar Schmied, 18. Anton Fischer (Woidle), 19. Karl Winter (Scheerbauer), 20. Ottmar Gold (Marxadone), 21. Paul Hug (Hugaroat), 22. Karl Elmer, 23. Viktor Oppold, 24. Jakob Gold, 25. Karl Deininger
3. Reihe von hinten, von links:
26. Alois Fritz, 27. Karoline Trittler (Schwarz-Trittler), 28. Maria Gold (Fluerskarl), 29. unbekannt, 30. Rosa Gold (Schmiedjörgle), 31. unbekannt, 32. Eugen Weber (Hommelbauer), 33. Erich Weber (Hommelbauer), 34. Barbara Barth, 35. Anton Barth, 36. Anna Winter, 37. Paula Winter, 38. Agnes Fischer, 39. Anna Gold (Marxmarx), 40. Agnes Trittler, 41. Maria Elmer, 42. Albert Hub, 43. Joseph Holz (Scheitle)
vorderste Reihe, von links:
44. Otto Schaupp, 45. Julius Metzger, 46. Johanna Vogel, 47. Rosa Grupp, 48. Clara Gold (Café), 49. Notburga Ebert, 50. Clothilde Gold (Ziegler), 51. Albertine Schaupp, 52. Elsa Schaupp, 53. Anna Lenze, 54. Zita Betzler (Grazer), 55. Tochter v. Förster Schweizer, 56. Tochter v. Förster Schweizer, 57. Bertha Spranz, 58. Maria Hägele, 59. unbekannt, 60. Zita Grupp, 61. Anton Schoch, 62. Hans Schmied (Bachbeckahans);
A. Unterlehrer Bernhard Arno
B. Adelheid Fischer (Tochter der »Klarabede«)
Nachtrag zu Bericht 131 — Unterlehrer Arno (2)
Im Bericht »Unterlehrer Arno (2)« vom 8.3.91 kam ein im ursprünglichen Manuskript gestrichener Satz zum Abdruck. Richtig ist, daß von den 62 Schülern noch 11 in Oberkochen leben.
Dietrich Bantel + Hans Minder