Der Oberko­che­ner Chris­ti­an Hornber­ger (1831−1881) erzählt:

Ein afrika­ni­sches Orakel zur Verhin­de­rung von Kriegen

»O b e r k o c h e n, … Hier ist geboren als Pfarrers­sohn: Chris­ti­an Hornber­ger, Missio­nar in Westafri­ka, 27. Oktober 1831«, so lesen wir in der Beschrei­bung »Das König­reich Württem­berg« von 1906 in Band 3 unter »Jaxtkreis« (bgl. HVO-Bericht Nr. 5/1988).

Chris­ti­an Hornber­ger, der in der Zwischen­zeit in Verges­sen­heit geraten war, wurde im letzten Jahr wieder neu entdeckt und sein Wirken als Missio­nar, Forscher und Fotograf aufgezeigt.

Seine missio­na­ri­sche Tätig­keit — Hornber­ger war zuletzt General­prä­ses der Norddeut­schen Missi­on in Westafri­ka — ergänz­te er als weltof­fe­ner Schwa­be durch Forschungs­rei­sen, die ihn weit über das Land der Eweer führten, worüber er in geogra­phi­schen Zeitschrif­ten berich­te­te. Auch in der Festschrift zum fünfund­zwan­zig­jäh­ri­gen Regie­rungs­ju­bi­lä­um von König Karl von Württem­berg wird er als Forscher genannt. Schließ­lich fotogra­fier­te er als einer der ersten in Afrika, teilwei­se stell­te er sogar Doppel­auf­nah­men her, die räumli­ches Sehen gestatten.

Der Vater Hornber­gers war von 1827 — 1834 Pfarrer in Oberko­chen. Er dokumen­tier­te seine Gelehr­sam­keit in der Liste der Oberko­che­ner Pfarrer mit der Bezeich­nung »Bavaro­fon­ta­nus«. Wer nun meint, dieser 36. Oberko­che­ner evange­li­sche Pfarrer sein ein »Bayern-Fan« gewesen, der irrt. Bavaro­fon­ta­nus ist die latini­sier­te Fassung des Geburts­or­tes: sie sagt, Vater Hornber­ger ist in Baier­s­bronn im Schwarz­wald geboren.

Wenn wir das Geburts­haus von Chris­ti­an Hornber­ger in Oberko­chen suchen, werden wir rasch fündig, denn wir besit­zen die von Pfarrer Dürr 1851 gefer­tig­te Zeich­nung, die die Kirche mit darüber­lie­gen­der Pfarr­woh­nung zeigt (siehe Heimat­buch Oberko­chen S. 65). Die Wohnung beschreibt Pfarrer Hornber­ger so: »Sie liegt an der frequen­ten Straße von »Aalen nach Heiden­heim … Bis unter den Giebel aus Stein gebaut, hat sie eine freie, gesun­de Lage und ist unmit­tel­bar auf dem 2. Stock der Kirche einge­rich­tet … Sie ist ziemlich gut erhal­ten und hat 3 heizba­re Zimmer, im Ganzen ist jedoch der Raum sehr beschränkt … Die Kirche hat einen kleinen hölzer­nen Turm mit drei kleinen Glocken, die übrigens nie, außer zu den Gottes­diens­ten geläu­tet werden«, was nicht verwun­der­lich ist, denn bekannt­lich gingen die zu den Glocken im Dachrei­ter führen­den Seile durch das Schlaf­zim­mer der Pfarr­leu­te. Auch »der Keller, welcher außer dem Haus in der Scheu­er befind­lich ist, ist klein und nur zum Teil mit Erde umgeben, und daher zum Gebrauch ganz schlecht. In der Scheu­er ist auch ein Viehstall einge­rich­tet, … Schwei­ne- und Geflü­gel­hal­tung nebst einem Holzschup­pen. Im kleinen Küchen­gar­ten hinter dem Haus befin­det sich eine Wasch­kü­che mit einem unbrauch­bar gewor­de­nen Backofen …, ein eigener Brunnen wird nicht so schwer vermißt, weil ganz in der Nähe der Kocher vorbeifließt.«

Soweit ein kleiner heimat­ge­schicht­li­cher Hinter­grund zur Geschich­te, die Chris­ti­an Hornber­ger 1873 berich­te­te. Sie ist Teil von »Losen Blättern aus einer alten Chronik«, deren handschrift­li­ches Origi­nal mit 32 Seiten im Staats­ar­chiv Bremen liegt. Sie schil­dert mensch­li­ches Handeln und tiefe politi­sche Weisheit, — Gaben, die auch heutzu­ta­ge noch gefragt sind. Hornber­ger läßt aber damit auch erken­nen, wie er damals schon Kultur und Geschich­te der einge­bo­re­nen Bevöl­ke­rung würdig­te und großes Verständ­nis für sie besaß. Er schrieb: »Oft hört man darüber klagen, daß unsere Neger keine Geschich­te haben; sie haben eine ebenso­gut wie wir Europä­er, nur fehlt ihnen die schrift­li­che Fixierung.…

Sie überlie­fern ihre Geschich­te nur mündlich, … so daß wirkli­che Geschich­te oft das Gewand einer Mythe erhält«. So befrag­te Hornber­ger die Leute an der Sklaven­küs­te und im Landes­in­ne­ren nach Überlie­fe­run­gen und bekam u.a. folgen­de Geschich­te zu hören, die er aufzeichnete:

»Krieg erzeugt Krieg. Seit die Europä­er den A n l o e r n den Sklaven­han­del gebracht und sie mit Feuer­waf­fen ausge­rüs­tet hatten, scheint kein Friede mehr im Lande gewesen zu sein. … So rüste­ten sich auch die D a h o m e r zu einem Feldzug gegen die A n l o e r und es kam östlich von Keta (heute in Ghana) zu einer Schlacht, bei der die D a h o m e r vernich­tend geschla­gen wurden. Der Feldherr der A n l o e r ließ darauf hin gefan­ge­ne Feinde grausam martern und foltern. Einen der Gefan­ge­nen sandte er, die abgehack­ten Daumen an einer Schnur um den Hals baumelnd, in die Heimat zurück, um dem feind­li­chen König und seinen Ältes­ten zu berich­ten. Diese seien sehr erschro­cken und der König habe eine aufge­schnit­te­ne Calabas­sen­frucht genom­men und auf die Erde gewor­fen, daß sie in viele Stücke zerbrach und gesagt: Wenn ich gestor­ben sein werde, so soll der, der nach mir auf den Thron kommt, nie einen Krieg mit den A n l o e r n anfan­gen. Wenn es sich aber etwa doch einmal ereig­net, daß man daran denkt, sich zum Krieg zu rüsten, so soll man zuvor diese zersprun­ge­nen Calabas­sen­stü­cke nehmen und sie wieder zusam­men­set­zen. Wird das Gefäß wieder ganz, so daß man Wasser damit schöp­fen und daraus trinken kann, ohne daß es leckt, dann ist der Anschlag gut und sie sollen hinzie­hen und die A n 1 o e r züchti­gen; wenn nicht, so sollten sie es bleiben lassen. — So kam’s, daß die D a h o m e r überhaupt nicht wieder Krieg mit den südwest­lich von ihnen wohnen­den Stämmen führten.« (Quartal­blatt der Nordd. Missi­on 1877, S. 453).

Volkmar Schrenk

Oberkochen

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