In den Blättern des Schwä­bi­schen Albver­eins, Heft 6 — 1989, erschien ein ausführ­li­cher Artikel zur Tradi­ti­on des »Nußzwicks« auf dem Volkmars­berg. Der Verfas­ser dieser Beschrei­bung war unser sehr verehr­ter Karl Schurr, Forst­di­rek­tor beim Staat­li­chen Forst­amt Oberko­chen und Vorsit­zen­der des Schwä­bi­schen Albver­eins in Oberko­chen. Ich hatte Herrn Schurr damals darauf­hin angespro­chen, ob er damit einver­stan­den sei, daß dieser Bericht in der Serie des Heimat­ver­eins im Amtsblatt veröf­fent­licht würde. Herr Schurr stimm­te zu, meinte aber, daß er, wenn der Artikel in Oberko­chen erschien, noch ein paar Dinge hinzu­fü­gen könne, was er auf Dezem­ber 1990 in Aussicht stell­te. Leider ist es durch den allzu­frü­hen Tod von Herrn Schurr, der auch im Ausschuß des Heimat­ver­eins mitge­ar­bei­tet hatte, nicht mehr dazu gekommen.

Der 1. Nußzwick wurde übrigens 1961 im Turmst­üb­le gespielt, — spontan von jetzt auf gleich. Der damali­ge Sieger war Alfred Herrlin­ger. Während der vergan­ge­nen 29 Jahre hat sich als fester Veran­stal­tungs­ter­min im Dezem­ber nicht etwa der Nikolaus heraus­ge­bil­det, sondern der erste Freitag im Dezem­ber, — zwecks dem »Vrhocka« hinter­her. Veran­stal­ter ist der Schwä­bi­sche Albver­ein Oberkochen.

Der ebenfalls abgedruck­te »Zwicker­marsch« wurde bereits 1967 von Horst Eichen­topf, genannt »Eiche«, spezi­ell für den Nußzwick komponiert.

Oberkochen

Der Text zum »Zwicker­marsch« ist stark verklei­nert und schlecht zu lesen, — deshalb drucken wir ihn nochmals getrennt von der Melodie ab.

1)
Am Nußzwick­tag nach alter Sitte
auf dem Volkmars­berg auf unsrer Hütte
bleibt ein echter Älbler nicht zu Haus,
ist auch Schnee­ge­stö­ber oder Sturmgebraus.

Refrain
Zwick, zwick, zwick,
liebe Würfel bringt uns Glück! Unsre Schätz­le drunt im Tal
zwicken wir ein ander mal, -
und darum zwick, zwick, zwick mit Herz und Seel
Wir Oberko­che­ner Älbler, wir sind halt fidel.
Haut auf die Nuß!

2)
Gemüt­lich sitzt man in der Runde,
zünft’­ge Lieder schalln aus unsrem Munde,
Auf Herr Wirt, schenk noch ein Viertel ein,
unser bester Zwick soll Oberzwi­cker sein.

Refrain

3)
In mancher Nuß ist oft nur Luft drin
weil die Älbler so gewit­ze Leut sinn.
Achte stets auf deinen Nussen­sack;
denn sonst treibt man mit dir Nusszwickschabernack.

Refrain

4)
Geht es dann talwärts mit Later­ne,
funkeln Schnee­kris­tal­le, leuch­ten Sterne,
Nußzwi­ck­aben­de vergißt man nie,
und drum summen wir ganz leis die Melodie:

Refrain

Gespielt wird auch heute noch unter Ausschluß der Frauen, die in fröhli­cher Opposi­ti­on begon­nen haben, »ihren« Zwick im Tale abzuhal­ten. Das Spiel hat inzwi­schen in Oberko­chen weite Verbrei­tung gefunden.

Nachfol­gend nun der Bericht in Gedan­ken an Karl Schurr (gest. 29.5.1990), auf den Tag genau zum diesjäh­ri­gen Nußzwick­ter­min auf dem Berg.

Dietrich Bantel

aus: Blätter des Schwä­bi­schen Albver­eins Heft 6 — 1989

Karl Schurr
Vom Nußzwick auf dem Volkmarsberg

Nußzwick heißt das Würfel­spiel um »Nussen« für g’standene Manns­bil­der das vor Zeiten auf der Heiden­hei­mer Alb den Bauern und Schäfern, den Webern und Köhlern die langen Winter­näch­te verkürz­te. Unser unver­ges­se­ner Wander­freund Alfred Maier hat es seiner­zeit nach Oberko­chen mitgebracht.

Der Oberko­che­ner Schwäb. Albver­ein — dem Brauch­tum ebenso verbun­den wie der herben Ostal­b­land­schaft — setzt nun schon seit mehr als 25 Jahren die Tradi­ti­on dieses »Spiels der Väter« fort.

Droben auf dem höchs­ten Berg der Ostalb, dem Volkmars­berg, wo der fahlgraue Aussichts­turm und die schmu­cke Schutz­hüt­te des Vereins inmit­ten des Natur­schutz­ge­biets die Bergeskup­pe zieren, findet dieses geheim­nis­um­wo­be­ne Spiel alljähr­lich um die Zeit des Nikolaus­abends statt.

Es gibt keine Werbung, keine Einla­dung, keine öffent­li­che Bekannt­ga­be — ein echter Zwicker weiß eben wann Nußzwi­ck­abend ist. Er steigt dann zu Fuß mit einem Sack voller Walnüs­se hinauf auf »den Berg«. Von allen Seiten treten die grauen Gestal­ten aus der dunklen Nacht ins Licht der Hütte.

Hier geht es lebhaft zu, wer wird wohl alles kommen? Die Runde ist bald gezählt — 25 — 30 Männer — nur diese haben heute Zutritt zur Hütte — sind versam­melt — unter ihnen auf alle Fälle die Gewin­ner des Vorjah­res — der legen­dä­re »Oberzwi­cker«, ebenso wie der Träger des »Volkmars­berg-Cup«, der »Miniz­wick« und der Gewin­ner des »Alfred-Maier-Gedächt­nis­prei­ses«. Er war vor einem 1/4 Jahrhun­dert der Initia­tor des Spiels.

Oberzwi­cker zu sein zeich­net einen Mann das ganze Jahr über aus — dafür darf er auch die Ehren­ket­te, selbst­ver­ständ­lich aus Nüssen kunst­voll gefer­tigt — mit Stolz tragen und sie im nächs­ten Jahr feier­lich an den nächs­ten Oberzwi­cker weitergeben.

Der Cup-Sieger ist Gewin­ner des Wander­stocks, auf dem seit 25 Jahren die Namen aller Gewin­ner eingra­viert sind. Auf allen Wande­run­gen des Jahres muß der Cup-Sieger seinen Stock mittra­gen — und natür­lich streng bewachen.

Nun — das Spiel braucht einen Spiel­füh­rer — heute ist es der um den Volkmars­berg hochver­dien­te Horst Eichen­topf — einen der für die Organi­sa­ti­on sorgt — es ist unser bewähr­ter Klaus Korn — einen Musikus, der den »Zerrwanst«, die Ziehor­gel zu spielen versteht und natür­lich fleißi­ge Hütten­wir­te, die die Spielen­den mit reich­lich Getränk und Speisen versorgt. Schließ­lich und endlich brauchts’s einen Schrift­füh­rer, der die Ereig­nis­se im »Zwicker­buch« für die Nachwelt festhält — Gerhard Grünler hat damit eine bleiben­de Dokumen­ta­ti­on geschaf­fen. Natür­lich gibt es auch ein eigens für diesen Abend kompo­nier­tes Lied — der »Zwicker­marsch«. Und die Spielregel?

Jeder zählt sich zwanzig Nüsse aus seinem Vorrats­sack. Mit dem Leder­be­cher werden zwei Würfel gewor­fen, der Unter­schied in der Augen­zahl zum Nachbarn ist in Nüssen aufzu­wie­gen. Die Würfel kreisen von Mann zu Mann. So ergibt sich eine Verschie­bung de Nussen­zahl — mal hin — mal her. Wer nach 20 Minuten die meisten Nüsse hat ist Oberzwicker.

Ein anderes Spiel ist der »Mini-Zwick«. Wer am schnells­ten seinen Nüsse­vor­rat verspielt hat ist Sieger. Schließ­lich gibt es noch das beson­ders reizvol­le »Sieben-Friß-Spiel«.

Außer dem Würfel­be­cher kreist eine Schüs­sel mit köstli­chem Fleisch­sa­lat. Wer die Zahl 7 gewür­felt hat darf sich solan­ge daraus bedie­nen bis der nächs­te eine 7 hat.

Natür­lich fehlen bei solchem ernst­haf­ten Tun die locke­ren Sprüche nicht, der Humor und der Schalk sitzt in jedem Spieler. So manche Nuß entpuppt sich beim Offnen als eine »taube«. Der echte Inhalt fehlt, dafür findet sich ein Zettel mit einem Juxspruch oder sonst einen Schaber­nack darin. So zieht sich der Abend hin, bis alle Spiele durch­ge­spielt sind, wird es in der Regel recht laut. Der schwe­re buntbe­mal­te Nußkna­cker macht die Runde, denn man möchte ja auch mal eine der guten Walnüs­se essen. Am besten schme­cken noch immer die kleinen aber ungeschwe­fel­ten von einhei­mi­schen Bäumen.

Schließ­lich wird der letzte Sieger ermit­telt. Im »Gruppen­zwick« stellen vier kleine Gruppen ihren Sieger fest, diese kämpfen dann um die Meister­schaft. Ein harter Kampf, denn ein schöner Preis winkt dem Sieger.

Natür­lich läßt sich der Verein den Abend auch etwas kosten, neben wertvol­len Preisen gibt es Essen und Trinken zum Vorzugspreis.

Fröhlich klingt zum Abschluß der Spiel­run­de das Zwicker­lied, beglei­tet von der Ziehor­gel, aus oft schon recht rauh gewor­de­nen Männer­häl­sen, bis man schließ­lich zu später Stunde gemein­sam durch eine kalte Winter­nacht den Abstieg ins Tal antritt.

Karl Schurr

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