Am Abend des 31. Mai 1912 war das Luftschiff »Z3« in Fried­richs­ha­fen zu einem nächt­li­chen Fernflug nach Hamburg gestar­tet. Da die Reise­rou­te über Ulm — Würzburg — Hanno­ver geplant war, bestand die Möglich­keit, den Zeppe­lin auch über der Ostalb zu Gesicht zu bekom­men. Nach der Katastro­phe von Echter­din­gen am 5.8.1908 — damals war »LZ 4« in Flammen aufge­gan­gen — hatte das deutsche Volk eine Natio­nal­spen­de aufge­bracht, mit deren Hilfe Graf Zeppe­lin sein Werk fortset­zen konnte. Dies machte den »Zeppe­lin« zum Symbol techni­schen Fortschritts, natio­na­ler Empfin­dun­gen und militä­ri­scher Stärke zugleich: Beim Anblick eines Zeppe­lins schlu­gen die Herzen höher und Begeis­te­rung schäum­te über.

So auch in Aalen, wo der Zeppe­lin­be­such durch ein Extra­blatt der Kocher­zei­tung angekün­digt worden war. Obwohl »der Luftkreu­zer« erst nach langer Warte­zeit gegen 1/2 2 Uhr nachts über Aalen auftauch­te, wurde er mit Hurra­ru­fen, Glocken­ge­läut und benga­li­schem Feuer überschwäng­lich empfan­gen. Offen­sicht­lich waren auch einige Exempla­re des Extra­blat­tes nach Unter­ko­chen gelangt, denn dort »schreck­ten mächti­ge Hurra­ru­fe vom Heulen­berg herab viele Schla­fen­de auf«, so konnte der nächt­li­che Zeppe­lin­be­such auch dort mit gebüh­ren­der Begeis­te­rung beobach­tet werden.

Was aber war in Oberko­chen los? Eine Zeitungs­mel­dung vom 3. Juni 1912 gibt Auskunft:

»Oberko­chen, 1. Juni. Heute Mittag 2 Uhr beweg­te sich in gerin­ger Höhe ein bemann­ter Ballon, von Südwest kommend, über unsern Ort. Er bot uns einigen Ersatz dafür, daß wir in der vergan­ge­nen Nacht den »Zeppe­lin« verschla­fen haben.« (Der Ballon — »Sirius« war sein Name — lande­te oberhalb der Spatzen­müh­le bei Neubronn, gerade noch recht­zei­tig vor Ausbruch eines hefti­gen Gewitters.)

Das also war’s, was die Oberko­che­ner noch lange wurmte. Mag sein, daß sie bei der nächs­ten Gelegen­heit wachsa­mer waren: Am 1. August dessel­ben Jahres überquer­te das Luftschiff »Hansa« ebenfalls bei Nacht die Ostalb. Ob es dabei von Oberko­chen aus beobach­tet wurde, vermel­det der Chronist leider nicht.

Auch bei der dritten Chance für einen Zeppe­lin­be­such im Jahre 1912 hatte Oberko­chen wieder­um das Nachse­hen: Während nach Norden zu, also schon ab Unter­ko­chen schöns­tes Herbst­wet­ter war, lagen die südli­chen Gefil­de am 13. Oktober 1912 unter einer Nebel­de­cke, so daß das Marine­luft­schiff »L 1« nach dem Start in Fried­richs­ha­fen »sofort in das dichte Nebel­meer tauch­te, das über dem Boden­see lag«, und die Verstän­di­gung mit ihm nur noch »durch einen ausge­zeich­net funktio­nie­ren­den draht­lo­sen Telegra­fen­ap­pa­rat« möglich war. In Ulm, Lange­nau, Rammin­gen, Heiden­heim, Königs­bronn starr­ten die Leute vergeb­lich nach oben, sie sahen nichts, hörten aber deutlich das Brummen der Luftschiffmotoren.

Oberkochen
Über dem Brenz­topf angekom­men hatte Graf Zeppe­lin, unter dessen persön­li­cher Leitung die Fahrt stand, nun offen­sicht­lich östlich von Königs­bronn über dem Härts­feld eine nebel­ar­me Zone entdeckt, denn er schlug mit dem Schiff einen Haken nach Osten, und gegen 11 Uhr bot sich in Ebnat »Jung und Alt die unerwar­te­te Gelegen­heit, das riesi­ge majes­tä­ti­sche Luftschiff in stolzer Fahrt bewun­dern« zu können. Auch in Unter­ko­chen und Aalen, wo der Zeppe­lin kurz nach den sonntäg­li­chen Gottes­diens­ten aufkreuz­te, war der Jubel groß, denn »der von strah­len­der Herbst­son­ne beleuch­te­te Koloß bot einen überwäl­ti­gen­den Anblick«.

Soweit eine Zusam­men­fas­sung von Berich­ten aus der Kocher­zei­tung, — Oberko­chen aber war wieder einmal mehr übergan­gen worden. Wann dort zum ersten Mal ein Zeppe­lin tatsäch­lich zu sehen war, ist im Augen­blick noch nicht bekannt. Weiß jemand etwas darüber?

Volkmar Schrenk

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte