Im Jahre 1911 wurde Oberko­chen durch eine Serie von Brand­fäl­len aufge­schreckt. Obwohl keine erkenn­ba­ren Zusam­men­hän­ge bestan­den, redete man sehr bald von Brand­stif­tung, zumal die Brand­ur­sa­che meist nicht aufge­klärt werden konnte. Berich­te der Aalener »Kocher­zei­tung« vermit­teln uns einen Eindruck aus jenen aufre­gen­den Zeiten:

Am 20. März brach »abends 3/4 8 Uhr im Dachstuhl der Leitz’schen Bohrer­fa­brik Feuer aus, das durch das rasche Eingrei­fen der hiesi­gen Feuer­wehr auf seinen Herd beschränkt werden konnte.« Zwar waren Fabri­ka­ti­on und Betrieb dadurch wenig gestört, aber »der Schaden beträchtlich«.

Kurz nach 1 Uhr ertön­ten am 29. August die Sturm­glo­cken abermals: »Das Hahn’sche Anwesen am nördli­chen Ausgang des Fleckens und der daran angebau­te Eiskel­ler der Hirsch­braue­rei brann­ten lichter­loh«. Zwar erschien die Feuer­wehr bald nach dem Alarm am Brand­platz, sie konnte aber wenig ausrich­ten, denn »in jenem Ortsteil ist nicht genügend Wasser vorhan­den, so daß es teilwei­se in Eimern zur Sprit­ze getra­gen werden mußte«. (Kein Wunder, daß 1912 Protest aufkam, als der Gemein­de­rat den Anschluß an die Landes­was­ser­ver­sor­gung — zunächst — ablehnte.)

Glück­li­cher­wei­se konnte der damals »etwas leiden­de Besit­zer noch recht­zei­tig durch Nachbarn vom Mittags­schlaf geweckt werden, während seine schon seit mehre­ren Jahren kranke Frau aus dem Haus getra­gen werden mußte. Mit Ausnah­me des Viehs konnte nichts geret­tet werden: Alles Mobili­ar, darun­ter die Aussteu­er einer Tochter, verbrann­te vollstän­dig. Beim Eiskel­ler brann­te der gesam­te Dachstuhl nieder, die äußeren Mauern stürz­ten ein oder mußten nieder­ge­ris­sen werden. Nur im Inneren blieben einige massi­ve Mauern stehen.

Einige Zeit waren auch Nachbar­ge­bäu­de in Gefahr; insbe­son­de­re drohten die Flammen auf das Haus des Bohrer­ma­chers Wannen­wetsch überzu­grei­fen. »Da der anfangs wehen­de Wind bald nachließ, blieb größe­res Unglück abgewen­det. Gegen fünf Uhr war der Brand in der Haupt­sa­che gelöscht. Über die Entste­hungs­ur­sa­che ist nichts bekannt«. Soweit der Zeitungs­be­richt, dem aber noch ein eindring­li­cher Appell an alle Hausbe­sit­zer hinzu­ge­fügt war, Haus und Hof ausrei­chend zu versi­chern, denn das abgebrann­te Anwesen war weit unter­ver­si­chert gewesen!

Zum Brand des Eiskel­lers sagte Herr Karl Wannen­wetsch, Senior­chef der Firma KWO, das Brand­ob­jekt sei nicht der heute noch vor dem Gebäu­de Aalener Straße 44 durch sein Eingangs­tor erkenn­ba­re Eiskel­ler gewesen. Früher habe noch ein zweiter Keller existiert, der mit dem erste­ren durch einen unter­ir­di­schen Gang verbun­den war. Dieser Gang lag aber nur gering­fü­gig unter der Erde, so daß bei der Zufahrt zum Haus Wannen­wetsch stets auf die gerin­ge Tragfäig­keit der Überde­ckung zu achten war. Dies galt auch für die Anlie­fe­rung des Eises, das mit meist ochsen­be­spann­ten Fuhrwer­ken antrans­por­tiert auf zwei Rutschen in den Kellern einge­la­gert wurde. Der über dem zweiten Eiskel­ler vorhan­de­ne Schup­pen war an das 1911 abgebrann­te Hahn’sche Anwesen angebaut.

Am 27. Septem­ber brann­te es wieder: Nur »wenige Häuser vom letzten Brand­platz entfernt stand das dem Priva­tier Gunzen­hau­ser aus Heiden­heim gehören­de Anwesen in Flammen«. Das Feuer war von der vollen Scheu­er ausge­gan­gen und hatte auch Nachbar­ge­bäu­de bedroht. Der Giebel eines angren­zen­den Hauses hatte schon Feuer gefan­gen, und bei stärke­rem Wind wäre die Lage bedroh­lich gewor­den. Jedoch konnte die Feuer­wehr die Ausbrei­tung des Feuers verhin­dern. Das von zwei Famili­en bewohn­te Haus wurde aber ein Raub der Flammen, obwohl »einige Feuer­wehr­leu­te gerade­zu halsbre­che­ri­sche Anstren­gun­gen machten«. Im Gegen­satz zum vorher geschil­der­ten Fall waren aber beide Famili­en versi­chert. Der Bericht schließt mit der Feststel­lung: »Über die Entste­hungs­ur­sa­che ist nichts bekannt. Da sich in letzter Zeit in Oberko­chen die Brand­fäl­le unheim­lich mehren, wird wohl nicht ohne Grund Brand­stif­tung vermutet«.

Damit sind die Brand­be­rich­te aus dem Jahre 1911 abgeschlos­sen. Merkwür­di­ger­wei­se sind weder von 1910 noch von 1912 Zeitungs­no­ti­zen über Schaden­feu­er vorhan­den, was die Theorie vom unbekann­ten Brand­stif­ter unterstützt.

Schließ­lich bemerk­ten am 26. Novem­ber abends Nachbarn im Laden von Hermann Speth einen Feuer­schein. »Der bereits schla­fen­de Besit­zer wurde rasch geweckt, so konnte größe­res Unglück verhin­dert werden. Eine Viertel­stun­de später wäre dies nicht mehr gelun­gen, denn im Laden lager­ten u.a. mehr als 100 Liter Petroleum.«

Damit sind die Brand­be­rich­te aus dem Jahre 1911 abgeschlos­sen. Merkwür­di­ger­wei­se sind weder von 1910 noch von 1912 Zeitungs­no­ti­zen über Schaden­feu­er vorhan­den, was die Theorie vom unbekann­ten Brand­stif­ter unterstützt.

Oberkochen
Das Bild zeigt die erste Haupt­übung der 1929 gegrün­de­ten freiwil­li­gen Feuer­wehr, während zuvor — also auch im Jahre 1911 — wie überall im Lande auch in Oberko­chen eine Pflicht­feu­er­wehr vorhan­den war. Zum Dienst waren Männer vom 17. bis 45. Lebens­jahr durch das Gesetz verpflich­tet. Somit hatte die Feuer­wehr Oberko­chens damals eine Stärke von ca. 180 Mann, während im Gründungs­sta­tut der freiwil­li­gen Feuer­wehr die Mitglie­der­zahl auf 45 festge­schrie­ben war. Damit ist auch gleich der Pferde­fuß der Pflicht­feu­er­wehr offen­sicht­lich: Bei den Übungen der Pflicht­feu­er­wehr fehlten oft bis zu zwei Dritteln der Leute und, was noch wesent­lich mehr die Schlag­kraft der Wehr beein­träch­tig­te, »dauer­te es immer eine gerau­me Zeit, bis die Leute beiein­an­der waren und bei Brand­fäl­len, wenn von der Sprit­ze aus der Feuer­herd nicht einge­se­hen werden konnte, waren schärfs­te Worte notwen­dig, um die Männer zum Pumpen zu bewegen, denn alles schar­te sich um das Feuer.

Ein Feststel­len der Erschie­ne­nen nach dem Brande war kaum möglich, denn es gab meistens dursti­ge Kehlen …« An der Sprit­ze der Wehr stand ein Komman­dant, 1911 war es wohl Wilhelm Bäuerle, der mit eiser­ner Energie die Leute zusam­men­hielt, wobei ihm seine »ausge­zeich­ne­te Tenor­stim­me« zustat­ten kam, mit der er seinen Befeh­len im Trubel der 180 Mann Gehör verschaff­te. Als einzi­ger hatte er einen Dienst­rock an und trug im Einsatz einen Helm mit weißem Haarbusch. Die fünf Zugfüh­rer waren durch einen schwarz­ro­ten Leibgurt gekenn­zeich­net. Die Züge hatten unter­schied­li­che Aufga­ben: Dem ersten Zug gehör­ten die sog. Steiger an, Leute, die mit der Leiter umgehen konnten und mit Feuer­ha­ken ausge­rüs­tet waren. Im zweiten Zug waren die Schlauch­le­ger, der dritte und vierte Zug mußte die beiden Sprit­zen bedie­nen, aber auch für das Lösch­was­ser sorgen, wenn notwen­dig durch eine Kette mit Stoff­kü­beln, wie z.B. beim Brand des Eiskel­lers. Der fünfte Zug, den die »Steck­bu­ben« bilde­ten, hatte Absperr- und Wachdiens­te zu verse­hen. (Auszug aus dem Artikel des Gründungs­kom­man­dan­ten der FFW Franz Grupp (Golden­bau­er) in BuG 1954, Seite 159, zum 25-jähri­gen Jubilä­um der freiwil­li­gen Feuer­wehr, die bekannt­lich im Oktober 1989 den 60. Geburts­tag feierte).

Volkmar Schrenk

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