Der Heimat­ver­ein hat schon mehrfach über die geheim­nis­vol­le und geschichts­träch­ti­ge »Bilz« berich­tet (Berich­te 79, 80, 81, 82, 83, 84, 86, 90). Doch die Herkunft des Flurna­mens »Bilz« liegt im Dunkeln. In unserem Heimat­buch (Seite 253) berich­tet Herr FDir. Karl Schurr zum Namen »Bilz«:

»Bilz bedeu­tet ein feuch­tes (?) abgele­ge­nes Waldge­biet — der Name hat mit Pilzen nichts zu tun. Ein großes Waldge­biet trägt diesen alten Namen. Es gehört dem Staat und teilwei­se auch der Stadt«.

In alten Karten, die auf die Zeiten zurück­ge­hen, da ein Teil Oberko­chens zu Ellwan­gen, der andere zu Königs­bronn gehör­te, findet man die Bezeich­nun­gen »Ellwan­ger Bilz« und »Kloster­bilz«, womit die Königs­bron­ner Bilz gemeint ist. Diese Bezeich­nun­gen sind auch noch nach dem Reichs­de­pu­ta­ti­ons­haupt­schluß von 1803, als unter Napole­on die Teilung Oberko­chens aufge­ho­ben wurde, in die Urkar­te von 1830 handschrift­lich nachgetragen.

Allein im Großbe­reich »Bilz«, die in einem Seiten­tal des Tiefen­tals liegt, tauchen 8 verschie­de­ne Unter­ab­tei­lun­gen auf, die alle mit dem Namen »Bilz« zu tun haben:

Bilzhüt­te,
Bilzteich,
Bilzmäh­der
Hasen­bilz,
Kohlhau­bilz, Heidel­beer­bilz, Bilzhaus, Bilzhülbe.

Zwischen 1702 und 1733 taucht der Name in den verschie­dens­ten Schreib­wei­sen im katho­li­schen Gebur­ten­re­gis­ter auf:
»Bülz«, »bilz«, »Biltz«, »Bilz«.

1752 wird im evange­li­schen Gebur­ten­re­gis­ter »Pilß« geschrieben.

Oberkochen

Es darf davon ausge­gan­gen werden, daß die in die Regis­ter eintra­gen­den Pfarrer den Namen so geschrie­ben haben, wie sie ihn verstan­den, denn sie waren von auswärts und kannten den Namen nicht. Dassel­be trifft auf die frühen Karto­gra­fen zu, die sich mit Beginn des 19. Jahrhun­derts auf die Recht­schrei­bung »Bilz« geeinigt haben.

Fest steht, daß es bislang keine verläss­li­che Quelle gibt, der wir entneh­men könnten, wie das Wort nun wirklich geschrie­ben wurde, und vor allem, auf welchen Ursprung es zurückgeht.

Ganz ausge­schlos­sen kann übrigens auch der Zusam­men­hang mit »Pilz« nicht werden, da das Wort Pilz mittel­hoch­deutsch als »bültz« und »bülz« geschrie­ben wurde. Eben letzte­re Schreib­wei­se kommt auch in den Kirchen­bü­chern vor. Die Schrei­bung »bilz« gibt es ab ca. 1500, dagegen findet sich »bülz« noch bis ins 18. Jahrhundert.

Wir müssen also durch­aus allen 4 Formen, »Bilz«, »Bils«, »Pils« und »Pilz« nachge­hen.
Das Wort kommt außer in Flurna­men und geogra­phi­schen Begrif­fen in Ortsna­men vor:
Bilsdorf, Bilsen, Bilzen (Belgi­en), Bilzin­gen, Pilsach, Pilsting, Pilsum.

Meine Überle­gung ging nun dahin, zu überprü­fen, ob nicht mögli­cher­wei­se andere Träger des Namens schon Forschun­gen betrie­ben haben, die uns zugute kommen. Man muß ja nicht die Arbeit, die andere geleis­tet haben, nochein­mal tun.

Nahelie­gend war es deshalb, in einigen »Bilz«- oder »Bils«-Orten nachzu­fra­gen. Bürger­meis­ter, Amtsschrei­ber und Buchau­to­ren gaben bereit­wil­lig Auskunft.

7178 Michelbach/Bilz
Auch dort wurde früher »Bülz« geschrie­ben. Entge­gen einer verbrei­te­ten Meinung ist die dorti­ge Bilz kein Fluß, sondern ein den Limpur­ger Bergen vorge­la­ger­ter Höhen­zug. Dort wird, aller­dings ohne Quell­an­ga­be, eine ominö­se, wissen­schaft­lich nicht existie­ren­de kelti­sche Göttin »Belisa­na« als Namens­ge­be­rin bemüht. Ein weite­rer Hinweis wird gegeben auf das Württem­ber­gi­sche Flurna­men­büch­lein von W. Keinath, wo vermerkt ist, daß »Bülze« (schwä­bisch »bilz«) damit zu tun haben kann, daß Wasser »uzarbulzt«, — »uzarbül­zen« für empor­quel­len oder aufstei­gen, (althoch­deutsch). Das Wort »Bulz« oder »Bilz« wird da auch für den Begriff »Gelän­de« verwen­det, (Bulzwald), das mögli­cher­wei­se über einem Quell­ge­biet aufsteigt. Als möglich wird in Michelbach/Bilz auch angese­hen, daß der Name »Bilz« daher rührt, daß der freiste­hen­de Höhen­zug »Bilz« aus der in Nebel gehüll­ten Ebene »uzarbulzt«, — herausragt.

Diesen Bezug können wir in Oberko­chen keines­falls ausschei­den, solan­ge nicht klar bekannt ist, wie sich das mit dem »Bilzteich« verhält. Abgese­hen davon steigt auch unsere Bilz aus dem Hinte­ren Tiefen­tal, wie das Seiten­tal des Tiefen­tals genannt wird, in die Höhe.

3429 Bilshau­sen
Die Gemein­de Bilshau­sen bringt ihren Namen laut Sage mit einem Götzen (keltisch?) namens »Biel« in Verbin­dung: Biels-höhe, Biels-hausen. Eine andere Versi­on ist dort, daß der Siedlungs­na­me sich von einem Perso­nen­na­men »Bilo« ablei­tet: Die Siedlung des »Bilo« (germa­ni­scher Name).

5517 Bilzin­gen
Die Gemein­de Bilzin­gen führt ihren Ortsna­men auf den fränki­schen Perso­nen­na­men »Bolzo« zurück, der, plus der fränki­schen Einsil­be »inc« = Siedlung, den Namen Bolcin­ga ergeben hat. Bilzin­gen hieß noch vor 1000 Jahren Bolcin­ga, dann Bulcin­g­in und Bulcin­g­en, — ab 1675 Bulzingen.

Inter­es­sant für uns ist, daß hier eine Lautver­schie­bung Richtung »u« erfolgt ist, die den Namen dann, sicher­lich über »ü«, in Bilzin­gen verändert.

2081 Bilsen
Die Gemein­de Bilsen stellt unter anderm Überle­gun­gen dahin­ge­hend an, ob das Wort mögli­cher­wei­se von dem gotischen Wort »bilisa«, mittel­deutsch »bilse« oder »Biller« herrührt. Dies sind ältere Bezeich­nun­gen für ein gifti­ges Kraut, und zwar das schwar­ze »Bilsen­kraut«. Der Große Duden führt unter »Bilsen­kraut« an:

Oberkochen

»Eine Pflan­ze aus der Familie der Nacht­schat­ten­ge­wäch­se. Arznei­pflan­ze. Beruhi­gungs­mit­tel, bewirkt in starken Dosen Rausch­zu­stän­de. ‘Hexen­sal­be’«.

Die Pflan­ze, die ein wenig der Tollkir­sche ähnelt, ist, wie unser Mitglied, Herr StD Horst Riegel, nachwies, in der Botanik äußerst umfang­reich beschrie­ben. Sie ist bereits im Alter­tum bekannt. Vor allem im Mittel­al­ter wurde mit ihr viel Unfug und Quack­sal­be­rei betrie­ben. Es gibt weit über 20 verschie­de­ne Bezeich­nun­gen für das schwar­ze Bilsen­kraut, das Zigeu­ner­kraut, das Zauber­kraut. Das Kraut soll auch zur Steige­rung der Wirkung des Biers in Braue­rei­en verwen­det worden sein. Die Stadt »Pilsen« wird damit in Verbin­dung gebracht.

Das Bilsen­kraut wächst an verun­krau­te­ten Straßen- und Wegrän­dern, Äckern und Viehwei­den, Schutt­hal­den und auf Ödland.

Immer­hin läßt sich nicht ausschlie­ßen, daß unsere Bilz schon lange Zeit genutzt und besie­delt war, bevor man die Tiroler Einwan­de­rer dort nach dem 30-jähri­gen Krieg angesie­delt hat, und, daß zu dieser Zeit da draußen Ödland bestand, wohin man die Fremd­lin­ge abschob.

Außer­dem weisen die Bilse­ner Forschun­gen darauf hin, daß der germa­ni­sche Stamm »bil« soviel wie Teilung / Spaltung bedeu­tet, und mit dem Begriff Grenze in Verbin­dung gebracht werden kann. Die Silbe »sele« (zusam­men: bil-sele) bedeu­tet Wohnung, Haus, — sodaß das Wort »bilse­le« Grenz­haus, Grenz­woh­nung oder »besie­del­tes Grenz­ge­biet« bedeu­ten kann.

4 unserer 8 »Bilzen« stoßen direkt an die Gemarkungsgrenze.

Obwohl es in der Bilz keine ständi­ge Quelle gibt, und keinen Wasser­lauf, wäre dem Begriff »Bilzteich« nachzu­ge­hen. Gab es in der Bilz tatsäch­lich einen Teich, bis wann und ggflls. seit wann gab es ihn, falls es ihn gegeben hat, — war er künst­lich oder natür­lich, wie, wovon wurde er gespeist?

Immer­hin wird der Begriff »Bilz« ja auch mit Wasser in Zusam­men­hang gebracht. Außer »Bilzteich« gibt es im Hinte­ren Tiefen­tal noch die Bezeich­nung »Wasser­teich«.

Wir haben derzeit also noch die Wahl, ob wir den Begriff »Bilz« in Zusam­men­hang bringen wollen

1. mit kelti­schen oder germa­ni­schen Göttern.
2.mit kelti­schen oder germa­ni­schen, (fränki­schen) Perso­nen­na­men.
3.mit »bülz, bilz« = Pilz
4.mit dem Begriff »uzarbul­zen« in Verbin­dung mit Wasser
5.mit dem Begriff »uzarbul­zen« im übertra­ge­nen Sinn, nämlich, daß ein Gelän­de aus der Ebene »uzarbulzt«, heraus­kommt.
6.mit den germa­ni­schen Stamm­sil­ben »bil« — »sele« = Grenz­sied­lung
7.mit dem »Bilsen­kraut«, das außer Düllkrut und Biller­krut, Swiene­krut, Teufels­aug, Teufels­kraut noch weite­re 10 Namen führt, — und ausge­rech­net auf der Schwä­bi­schen Alb »bilsen« heißt.

Die Dinge liegen also nicht so einfach. Aber soviel steht fest, — solan­ge wir nicht klar sagen können, woher der Name kommt, trägt dieser zu der sagen­um­wo­be­nen Aura der »Bilz« mit bei. Es ist doch wunder­schön, daß wir keines­falls ausschlie­ßen können, daß vor einigen hundert Jahren Oberko­che­ner Kräuter­frau­en, vielleicht sogar Hexen-verdäch­ti­ge Perso­nen, da draußen das Bilsen­kraut gesam­melt und grausi­ge Dinge damit getrie­ben haben.…

* * *

Am 17.6.90. rief mich Chris­toph Schurr an und sprach mich auf obigen Artikel hin an. Beson­de­re Beach­tung schenkt er den Ausfüh­run­gen, die mit »Grenz­sied­lung« zu tun haben.

C.S. erwähnt, daß es sich bei Seite 253 im Heimat­buch von »Bilzteich« die Rede ist, um eine Verball­hor­nung des alten im Schwä­bi­schen gebräuch­li­chen Wortes »Bilz-Deich« (mit D) handelt. »Deich« ist ein altes schwä­bi­sches Wort für »breites Tal, breite Talaue, flaches Tal«. Hierbei bezieht er sich auf das Lexikon »Fischer«, z.B. Ess-Deich, Sau-Deich, Langes Deich.

Mehr Aufmerk­sam­keit sei der Abtei­lung »Wasser-Deich« zuzumes­sen. Hier könnten durch­aus periodi­sche Quellen vermu­tet werden. Beobachten.

Dietrich Bantel

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