Auf unseren Bericht vom »alten Kanal beim Linden­brun­nen« und die von uns gestell­ten Fragen im Bericht 108 in BuG vom 27.4.90 erhiel­ten wir von Herrn Ivo Gold, Ravens­burg, 2 inter­es­san­te Zuschrif­ten, die wir heute veröf­fent­li­chen wollen. Um die Situa­ti­on zu verdeut­li­chen, bringen wir dazu das Repro einer Origi­nal-Ansichts­kar­te aus dem Besitz von Frau E. Nagel, (Hirsch). Das Foto, das nach der Größe der Linden um den Linden­brun­nen aus den frühen 30er-Jahren stammt (der Linden­brun­nen wurde 1922 errich­tet), links die »Nagel-Scheu­er«, rechts den »Ochsen«. Den Linden­platz »ziert« ein riesi­ger Gitter­mast, auf den Herr Gold in seiner Beschrei­bung eingeht. Links unten neben dem Gitter­mas­ten sieht man im Katzen­bach 2 der insge­samt 3 Einfahr­ten der Zehnt­scheu­er. (Heute Tankstel­le Balle und Fahrschu­le Abele).

Oberkochen

In seinem ersten Bericht geht Herr Gold auf die alte, vor dem »Ochsen« befind­li­che Ortswaa­ge ein. Der Bedie­nungs­kas­ten für die Ortswaa­ge an der südli­chen Giebel­sei­te des »Ochsen« ist auf dem Foto vor der Holzbei­ge, ungefähr einen Meter vor dem Sockel des Backstein­ge­bäu­des, zu erken­nen (Mitte Kreis).

Doch nun zum Bericht von Herrn Ivo Gold, für den wir uns herzlich bedanken:

Vor dem Gasthof »Ochsen«, südl. Giebel­sei­te, befand sich früher die Ortswaa­ge. Diese habe ich in Abwesen­heit meiner Eltern oftmals bedient, weil deren Wartung zum Amtsbe­reich meines Vaters (Amts- und Polizei­die­ner) gehör­te. Darauf wurden Wagen­la­dun­gen aller Art und auch Vieh gewogen. Der Waage­teil, der zum Ablesen des Gewichts, zum Tarie­rern der Ladeflä­che u. des Leerguts diente, war in einem senkrech­ten Blech­be­häl­ter von etwa 2 x 2 m instal­liert. Die Ladeflä­che maß etwa 3 x 5 m u. befand sich über einer entspre­chend großen, etwa 1,5 m tiefen ausbe­to­nier­ten Grube. Diese Grube war, weil sie rings­um frei beweg­lich sein mußte, Schmutz und Regen ausge­setzt, und mußte deshalb einen Abfluß haben. Wie dieser Abfluß aussah, weiß ich nicht, aber ich halte es für möglich, daß er irgend­wie mit dem alten Kanal zusammenhing.

Eine weite­re Überle­gung: Zum »Ochsen« gehör­te früher mal eine Braue­rei, die sich hinter dem landwirt­schaft­li­chen Gebäu­de (später Bauern­hof Kirch­dör­fer) befand. Ich habe selbst erlebt, wie sie abbrann­te. Daß die Braue­rei einen Abwas­ser­ka­nal haben mußte, liegt auf der Hand. Und, daß er bergab in Richtung Zollbach verlief, ebenfalls. Der Zollbach aber ist das Ende vom Katzen­bach, der sich zwischen den Häusern Oppold (Schmied Oppolds Paul) und dem von der »alten Schul­tes­se« (Witwe Schult­heiß Betzler) durch in den Kocher­ka­nal ergießt.

Dazu eine kleine Episo­de: Uns Schul­bu­ben war der Zollbach häufi­ger Spiel­platz. Der Stauden­eckers Karl (meist unser Rädels­füh­rer) ließ es sich nicht nehmen, einmal vom Brück­le, — der Zollbach war vor Bäuer­les Anwesen zum Straßen­rand offen und mit Bohlen überdeckt, — zum Oppolds Paul hinüber zu schlup­fen. Als er drüben wieder rauskam, sagte er: dau ischd no a Looch donta, dau ischd grad a Ratz neigs­aut (dort unten ist noch ein Loch, wo gerade eine Ratte hinein­ge­rannt ist). Ich konnte mir dieses Loch als Ende des besag­ten alten Kanals vorstel­len. Zu dem Foto »Krieger­denk­mal« schreibt Herr Ivo Gold folgendes:

Der auf dem Foto erkenn­ba­re Kasten vor dem »Ochsen« gehört zur Ortswaa­ge. Auf dem Bild »Krieger­denk­mal« scheint es, als befän­de sich der Kasten hinter dem Holzstoß. Er steht aber davor, betrach­tet man das Bild von der Evang. Kirche (heute Stadt­bi­blio­thek) aus. Hinter dem Kasten, zum »Ochsen« hin, war nicht genügend Platz für einen Holzstoß; ein solcher durfte dort auch gar nicht sein.

Bei dem Gitter­mas­ten (der auf dem Linden­platz steht) handelt es sich um einen Strom­mas­ten. Es war bereits der zweite, der sich dort befand. Der erste hatte keinen Kranz in der Spitze. Daß es sich um den zweiten Masten handelt, kann ich durch ein Erleb­nis aufzei­gen: Ich kam einst vom Kinder­gar­ten — es muß also um 1910 oder 1911 gewesen sein — der damals im Schwes­tern­haus neben der Kath. Kirche unter­ge­bracht war. Da kam aus der Kirch­gas­se (Aalener Straße) der Golden­bau­er mit der Dresch­ma­schi­ne und seinem Pferde­ge­spann davor. Weil die Dresch­ma­schi­ne auf der holpri­gen Straße, leicht bergab, einen hölli­schen Lärm durch Geschep­per und Gerat­ter machte, scheu­ten die Pferde und galop­pier­ten von der Kirche Richtung Linden­brun­nen herab. Der Bauer wollte offen­bar zum Katzen­bach, die Pferde dagen heimwärts und so lande­te die Dresch­ma­schi­ne genau auf dem Gitter­mas­ten, der funken­sprü­hend umknick­te und auf die Dresch­ma­schi­ne schlug. Was weiter passier­te, weiß ich nicht, weil man uns Kinder vom Unfall­ort fern hielt. Später, als der neue Mast gesetzt werden sollte, wurde für den Sockel eine Grube ausge­ho­ben, die sich mit Regen­was­ser füllte. Und als wir wieder mal von der Kinder­schu­le nach Hause trotte­ten, erreg­te dieses Wasser­loch unser beson­ders Inter­es­se. Der Gruppa Done (Anton Grupp im Wiesen­weg) kam dem Rand etwas zu nahe, so daß dieser unter der Last des Done abbrö­ckel­te und einstürz­te, und der Done in der schmut­zi­gen Brühe versank. Der Hirsch­wirt (Georg Nagel), der das Gesche­hen von seinem Stall aus (Krieger­denk­mal­bild links) beobach­te­te, rannte herbei und holte den Done aus dem Wasserloch …

Soweit der anschau­li­che Bericht von Herrn Ivo Gold. Der Heimat­ver­ein freut sich immer ganz beson­ders, und mit ihm viele BuG-Leser, wenn wir solche spontan geschrie­be­nen Kommen­ta­re und Berich­te von Alt-Oberko­che­nern erhal­ten, die eine Zeit illus­trie­ren, die irgend­wann­ein­mal nicht mehr rekon­stru­ier­bar ist. Sicher schlum­mert noch so manches Foto vom alten Oberko­chen in Alben, Schach­teln oder Schub­la­den, zu dem sich so manche Begeben­heit erzäh­len ließe. Herr Ivo Gold erwähnt die »Ochsen«-Brauerei. Wer kann sich erinnern?

Dietrich Bantel

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