Ein Gesetz, im Regie­rungs­blatt für das König­reich Württem­berg aus dem Jahre 1862 abgedruckt, regel­te den Bau der Eisen­bahn­li­nie von Aalen nach Heiden­heim, nachdem der Bau dieser Linie bereits ein Jahr zuvor zwischen dem König­reich Württem­berg und Bayern disku­tiert worden war.

Im Mai 1863 wurden die Bauar­bei­ten am Oberko­che­ner Bahnhof ausge­schrie­ben. Paral­lel dazu erfolg­te der Grund­er­werb für die Bahnli­ni­en­tras­se durch die König­lich Württem­ber­gi­sche Eisenbahngesellschaft.

Der Zugang zum Bahnhof sollte laut einem Plan vom 5.8.1863 ursprüng­lich in der Verlän­ge­rung der Dreißen­tal­stra­ße geschaf­fen werden durch das später so bezeich­ne­te »Molke­gäss­le«. Dieser »Zubrin­ger« zum Bahnhof hätte ohne Abbruch eines Gebäu­des erfol­gen können, wäre aber etwas eng in der Einfä­de­lung ausge­fal­len, und zwar zwischen den noch heute in verän­der­ter Form bestehen­den Gebäu­den Wingert (Dreier) und Sezier (Grazer) (damals Langgas­se 114 bzw. 115a, heute Heiden­hei­mer Straße 17 und 21).

Bereits 8 Tage später jedoch, am 13.8.1863, wurde ein verkehrs­güns­ti­ge­rer Plan aufge­stellt. Dieser sah vor, daß zwischen den Gebäu­den Langgas­se 108 (Oppolds Paul, Hufschmied) und 110 (Gold, Schmid­jörg­le, heute Kreis­spar­kas­se) das Gebäu­de 109, das der Witwe Staud gehör­te, erwor­ben und abgebro­chen werden sollte. Ein Gemein­de­rats­pro­to­koll vom 5.9.1863 berich­tet darüber. Dieser Plan 2 wurde 1864 ausge­führt. Wir haben den Plan 2 in den Plan 1 übertragen.

Oberkochen

Das Gebäu­de des Paul Oppold, Hufschmied steht noch heute, — es handelt sich um das kleine, einge­zwäng­te Gebäu­de Ecke Bahnhof- und Heiden­hei­mer Straße. Das Gebäu­de Gold wurde beim Neubau der Kreis­spar­kas­se abgebro­chen, — das Anwesen Gold, Schmid­jörg­le, besteht jedoch als Aussied­ler­hof bei der Kocher­quel­le weiter.

Die Witwe des Krämers Staud erbau­te 1864/65 in richti­ger Einschät­zung der Sachla­ge von dem Erlös ihres zum Abbruch verkauf­ten Gebäu­des Langgas­se 109 die Bahnhofs­re­stau­ra­ti­on, — »d’Schell«, die wir in unserem Bericht 105 vom 9.3.1990 und in unserem Bericht 5 vom 12.2.1988 abgebil­det haben.

Allein zum Stich­wort »Oberko­chen« liegen auf der Bundes­bahn­di­rek­ti­on in Stutt­gart Akten­sta­pel in 30 cm Stärke. 114 Einzel­vor­gän­ge allein gibt es zu den Jahren 1862 bis 1868, und weite­re 91 Akten­vor­gän­ge ab 1868 bis 1928.

Beson­de­re Sorgfalt wurde auf die Erstel­lung der Grund­er­werbs­lis­te verwen­det, die endgül­tig im Jahre 1865 aufge­stellt wurde. In dieser Liste sind sämtli­che Grund­be­sit­zer aufge­führt mit Namen, Vorna­men, Beruf, Angabe der benötig­ten Grund­stücks­grö­ße und der dafür bereit­ge­stell­ten Entschä­di­gungs­sum­me, die, in den Grund­er­werb der König­lich Württem­ber­gi­schen Eisen­bahn­ge­sell­schaft für den Bau der Eisen­bahn­tras­se einbe­zo­gen waren. Insge­samt mußten 141 Grund­stü­cke oder Grund­stücks­tei­le erwor­ben werden. Einige Grund­be­sit­zer tauchen mehrfach auf. Unter den Grund­stücks­be­sit­zern befin­den sich auch Schult­heiß Micha­el Wingert und die Nachfah­ren des mutmaß­li­chen Bilzhan­nes (Wieden­hö­fer). Von beson­de­rem Inter­es­se sind vor allem die Berufsbezeichnungen. *)

*) Inter­es­sen­ten können die Liste über Tel. 7377 gerne anfor­dern. (Abholung am Espen­rain 3, Gebühr DM 1,-)

Wie wir von dem Mitver­fas­ser unseres Stadt­bu­ches »Oberko­chen, — Geschich­te, Landschaft Alltag«, Herrn Engel­bert Mager aus Pfedel­bach — Oberohrn, dem Sohn des in Oberko­chen wohl. bekann­ten Lehrers und Heimat­for­schers Alfons Mager, erfah­ren, verstarb am 19.2.1990 in Neuen­stein im Alter von 91 Jahren Herr Hermann Schmidt, der als Jungschä­fer während der Sommer­mo­na­te die Schaf­her­de seines Vaters in Oberko­chen betreu­te. Herr Hermann Schmidt hatte sich zum Chef eines Spedi­ti­ons­un­ter­neh­mens emporgearbeitet.

Oberkochen

Unser Foto (ca. 1910) zeigt den »Durch­bruch Bahnhof­stra­ße«. Zwischen dem Gebäu­de links (Paul Oppold, Hufschmied) und dem Gebäu­de rechts (Gold/Schmidjörgle) wurde in der damali­gen Langgas­se, heute Heiden­hei­mer Straße, das Gebäu­de der Witwe Staud abgebrochen.

Die beiden dicken Pfosten vor dem Gebäu­de des Hufschmied Oppold dienten als »Pferde­fest­le­ge­vor­rich­tung« beim Beschla­gen. Über den Hufschmied Oppold werden wir in abseh­ba­rer Zeit berichten.

Dietrich Bantel

Berich­ti­gung zu unserem Bericht 106
in BuG v. 30.3.90 S. 271 (Foto)

Herr Ivo Gold, Ravens­burg, übersand­te uns folgen­de Berich­ti­gung betr. der dicken Pfosten vor dem Haus »Paul Oppold, Schmied«:

»Pferde­fest­le­ge­vor­rich­tung« ist für mich in Verbin­dung mit dem Foto ein irrefüh­ren­der Begriff. Es handelt sich ganz einfach um den »Ochsen­stand«. Ich bin im alten Rathaus, also gegen­über vom Oppolds Paul, aufge­wach­sen und habe nie ein Pferd im Ochsen­stand gesehen. Er wurde ausschließ­lich beim Beschla­gen von Kühen — in Oberko­chen allge­mein Zugtie­re — und Ochsen benutzt. Weil die Schmie­de vom Oppolds Paul ein Einmann­be­trieb und der Schmied oft auf Nachbar­hil­fe angewie­sen war, ergab es sich, daß ich viele Male Handlan­ger im Ochsen­stand war. Deshalb halte ich mich auch für kompe­tent zur Berich­ti­gung der Fotobeschreibung.

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