Bericht 1
Frage zu Bild 1:
Aus welchem Jahr stammt dieses erste Foto einer Oberkochener Gesamtansicht?

Lösung zu Bild 1:
Das Foto stammt nach unseren Informationen aus dem Jahr 1869
Oberkochen 1876 — älteste Aufnahme
Im Vordergrund des Fotos erkennen wir die Schleiferei des Schwertschleifers Friedrich Leitz, Vater des Firmengründers Albert Leitz, der, aus Esslingen stammend, dieses Anwesen am Ölweiher außerhalb Oberkochen im Jahre 1845 erworben hatte. Schon 1498 (!) hatte dort eine Schleifmühle gestanden, der 1725 eine Ölmühle hinzugefügt worden war (noch später eine Gipsmühle). Die Ölmühle hatte dem Quelltopf später seinen Namen gegeben, — Ölweiher, wie er bis auf den heutigen Tag heißt.
Der kleine Weiher, der sich auf dem Werksgelände der Firma Gebr. Leitz befindet, schräg gegenüber vom Optischen Museum, ist so gut versteckt, daß ihn so hin und wieder selbst Oberkochener Bürger nicht kennen. Es handelt sich bei dieser verträumten Karstquelle, einem fast völlig zugesinterten »Blautopf en miniature«, um eine dritte fast unbekannte Kocherquelle, die im Volksmund wegen der einstigen Verschmutzung durch die Mühlen, hauptsächlich natürlich die Schleifmühle, als der eigentliche »Schwarze Kocher« gilt, wogegen der heutige und allseits bekannte Schwarze Kocher, die größere Hauptquelle »Roter Kocher« genannt wird, aufgrund einer rötlichen Färbung, die vom Eisenoxyd von Hochofenabfällen herrührte. Der Hochofen war 1551 beim Kocherursprung aufgerichtet worden. Spuren eines Kanals sind bis auf den heutigen Tag wahrzunehmen, — auch können noch Schlaggenreste (einstige Schlaggenwäsche) gefunden werden.
(Interessanterweise war der Unterkochener Kocher auch nicht von alters her der »Weiße Kocher« benannt. In einem gegen Ende des 16. Jahrhunderts veröffentlichten Kartenwerk des »löblichen Fürstenthums Wirtemberg« von Georg Gadner und Johannes Öttinger z.B. ist der Unterkochener Kocherquellfluß als »Blaw Kochen flu« (flu = fluvius = Fluß) bezeichnet).
Für uns heute jedenfalls bleibt bemerkenswert, daß beide Oberkochener Kocherquellen ab dem späten 15. bzw. der Mitte des 16. Jahrhunderts »industriell« genutzt wurden. Man beachte allerdings auch die riesengroße Gänseherde links der Gebäude.
15 Jahre nachdem unser Bild entstand, 1884, übersiedelte Albert Leitz in die väterliche Werkstatt am Ölweiher.
Vom rechten Bildrand kommt der Kocher ins Bild. Etwas versteckt hinter Bäumen mündet der Abfluß des Ölweihers in den Kocher, unmittelbar nach Verlassen des Schleifmühlenbereichs. Das Sträßchen parallel zum Kocher entspricht der heutigen Wacholdersteige/Leitzstraße. Rechts der Einmündung des Sträßchens in die Hauptstraße steht, nahe dem rechten Bildrand, das mächtige Gebäude der im 20. Jahrhundert abgebrochenen »Oberen Mühle«, über die an anderer Stelle berichtet werden wird. Noch etwas weiter rechts wähnt man das alte Bahnwärterhäuschen. Die Linie Aalen/Heidenheim war erst 5 Jahre vor unserer Aufnahme, 1864, eröffnet worden. Etwa halbwegs zwischen der Verbindungslinie Kreuzmühle (zwischen dem 5. und 6. Baum am Sträßchen Richtung Aalen) und dem markanten dunklen Waldrandeck der Rodhalde ist, unterhalb eines dunklen Flecks im Foto, das zweite Bahnwärterhäuschen zu erkennen, das vor ca. 20 Jahren im Rahmen einer Feuerwehrübung »warm« abgebrochen wurde. Der blendendweiße neue Bahnhof, heute durch Eternitplatten grausig entstellt, und der Güterschuppen, der heute noch ähnlich aussieht, sind gut zu erkennen.
Etwa auf der Verbindungslinie von Bahnhof zur Kreuzmühle, 1 cm leicht links oberhalb des Bahnhofgebäudes, ist, hinter einem großen Baum teilweise verdeckt, die Wiesenkapelle zu sehen, die 1950, bedingt durch die Errichtung des Sägwerks der Firma Bäuerle, abgebrochen wurde. Herr Otto Bäuerle sen. stiftete an ihrer Stelle die heutige Kapelle »im Weingarten«, auch Maria-Schutz-Kapelle genannt. Sie wurde am 31. Juli 1950 geweiht.
Als weitere markante Gebäude im Dorf sind vor allem die beiden Kirchen erkennbar. Unweit des linken Bildrandes die katholische St. Peter- und Paulskirche mit ihrem alten Schiff und dem noch kurzen Turm mit der achteckigen Turmhaube. Der Neubau entstand erst 1898/99. Die alte evangelische Kirche (heute Stadtbibliothek) steht etwas rechts der katholischen Kirche. Sie hat ihren heutigen Glockenturm ja erst nach dem 2. Weltkrieg 1951/52 erhalten.
Oberkochen hatte zum Zeitpunkt der Aufnahme wohl knapp 1000 Einwohner. (1830: 630, 1850: 810, 1888: 1132 Einwohner).
Für ergänzende oder ggflls. richtigstellende Bemerkungen von BuG-Lesern sind wir dankbar. Dankbar sind wir aber auch vor allem, wenn uns ältere Fotografien von Oberkochen und vom Oberkochener Alltag zeitweilig zur Verfügung gestellt werden könnten. Es ist die Absicht des Heimatvereins, auch nach der Veröffentlichung und Besprechung der 16 Quizfotos mit der Foto-Veröffentlichungs- und Besprechungs-Serie »Oberkochen, — Geschichte, Landschaft, Alltag«, fortzufahren. Auf diese Weise entsteht der von uns angestrebte Foto-Sammelband über die Jahre in wichtigen Teilen fast von alleine. Dankbar sind wir auch, wenn Bürger selbst zu ihren Fotos schreiben und mit ihren Erinnerungen und Kenntnissen Dokumente schaffen einer Zeit, die in Vergessenheit zu geraten droht, wenn sich niemand um sie kümmert. Wir kommen auch gerne zu Ihnen.
Dietrich Bantel
Frage zu Bild 2:
Aus welchem Jahr stammt das Foto?
