1860 wurde das Gebäu­de Aalener Straße 19 erstellt. Konflik­te brach­te die Namensfindung.

Oberkochen

Das Schil­ler­haus in Oberko­chen hat eine wechsel­vol­le Geschich­te. Fotos: ls

Eigent­lich jeder Oberko­che­ner weiß, dass sich im Schil­ler­haus das Heimat­mu­se­um befin­det. Aber immer wieder fragen Auswär­ti­ge, was das Schil­ler­haus mit dem großen Dichter und Philo­so­phen Fried­rich Schil­ler zu tun hat.

Unsere Recher­che hat ergeben, dass es in der Kocher­stadt wohl kaum ein anderes Gebäu­de gibt, das eine solch bunte Geschich­te hinter sich hat. Von 1860 bis 1938 diente das Gebäu­de als evange­li­sches Schul­haus und Lehrer­wohn­ge­bäu­de, von 1957 bis 1959 war es eine Außen­stel­le des Aalener Schub­art-Gymna­si­ums und dann hatte die Ortsbü­che­rei dort acht Jahr ihr Domizil. Von 1979 bis 1989 hatte das Jugend­haus seine Zelte aufge­schla­gen. Dann begann die Ära der Begeg­nungs­stät­te und des Heimat­mu­se­ums. Man sieht, nix von Schiller.

CDU drückt Schil­ler durch

Und doch, der Schil­ler kommt jetzt ins Spiel und die Sache nimmt kommu­nal­po­li­ti­schen Charak­ter an. In den 1980er Jahren wurde nämlich in Oberko­chen die „Schil­ler­stra­ße“ in „Heinz-Küppen­ben­der-Straße“ umgetauft, quasi eine posthu­me Würdi­gung der damals führen­den Carl-Zeiss-Persön­lich­keit Heinz Küppen­ben­der. Alt-Oberko­che­ner war dies ein Dorn im Auge. „Schil­ler weg und dafür ein Zeiss­ler“, diese Aussa­ge kursier­te an Stamm­ti­schen und im Gemeinderat.

Oberkochen

Diese Tafel ist am Schil­ler­haus angebracht.

Nachdem man sich auf die Mixtur Begeg­nungs­stät­te und Heimat­mu­se­um im Gemein­de­rat geeinigt hatte, ging es um die Namens­fra­ge für das umgewid­me­te Gebäude.

Die CDU stell­te 1993 im Gemein­de­rat den Antrag, zwecks „Wieder­be­schaf­fung“ des Namens Schil­ler das Gebäu­de „Schil­ler­haus“ zu benennen.

Die SPD plädier­te dafür, das Gebäu­de weiter­hin als „Haus der Begeg­nung“ zu firmie­ren – ein Arbeits­ti­tel, der sich zwischen 1989 und 1993 eigent­lich einge­bür­gert hatte. Die Freien im Gemein­de­rat waren geteil­ter Meinung. Von den Gegnern der Bezeich­nung „Schil­ler­haus“ wurde ins Feld geführt, dass Schil­ler und Oberko­chen nun schon gar nicht mitein­an­der zu tun hätten, der Name also in den luftlee­ren Raum gesetzt sei.

Die Befür­wor­ter der CDU-Frakti­on sagten dagegen, dass es nicht darauf ankäme, ob Schil­ler nun Oberko­chen gewesen sei oder nicht, sondern darauf, dass man dem schwä­bi­schen Dichter die Referenz erwei­sen müsse, nachdem der Name „Schil­ler“ durch die Straßen­um­be­nen­nung verschwun­den sei. Der damali­ge CDU-Stadt­rat Martin Gold, von Beruf Metzger, wetzte das Messer mit den Worten: „In der Bierwurst ist kein Bier und in der Königin-Paste­te keine Königin, folglich brauche in einem Schil­ler­haus auch nicht der Schil­ler drin gewesen sein.“

Nach langer und richtig defti­ger Diskus­si­on beschloss der Gemein­de­rat am 19. April 2001 mit acht Ja-Stimmen, sechs Nein-Stimmen und zwei Enthal­tun­gen in einer Kampf­ab­stim­mung, das Gebäu­de „Schil­ler­haus“ zu benen­nen. Die Schlag­zei­le der Schwä­bi­schen Post laute­te damals: „CDU drückt Schil­ler durch.“ Der Lokal­his­to­ri­ker Dietrich Bantel kommen­tier­te locker und trocken: „Schil­ler hängt mit Jena, Jena mit Carl Zeiss und Carl Zeiss mit Oberko­chen zusam­men. Also hängt auch Schil­ler mit Oberko­chen zusammen.“

Lothar Schell, Schwä­bi­sche Post

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